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Narcopolis

Narcopolis

Titel: Narcopolis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeet Thayil
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Chooth-Land, wie zum Teufel soll man hier ohne Drogen leben? Sieh dir die Gujaratis an, Chooths, wissen wir alle, kem cho Choothiyas. Menschliche Rechenmaschinen, mit denen man kein Wort reden kann, ohne gleich Geld abzudrücken, echt vollendete Chooths. Und die Kashmiri? Komplette Chooths, gib denen die Hand und sie nehmen deinen Arsch. Liegt denen im Blut, die können gar nicht anders. Und was ist mit den Madrasis, all den Keraliten, Kannadigas und so weiter? Chooths, undu gundu Choothiyas, idli dosa Choothiyas, ist nicht persönlich gemeint, stimmt aber, du weißt das, und ich weiß das. Und die Punjabi? Muss ich die Punjabi überhaupt noch erwähnen? Oberchooths, die Punjus. Essen und trinken mit dir und nehmen dabei Maß für deinen Sarg. Bengalis? Die Bengalis sprengen alle Kategorien fürs Choothtum; erste Sahne Chooths, die tagtäglich ungeahnte Höhen der Choothheit erklimmen. Wie in allem anderen auch dichtauf von den Oriyas gefolgt, die eher in der Liga der Möchtegern-Chooths spielen. Keiner aber erreicht das von den Sindhis verfeinerte Level an Choothigkeit, denn das sind die raffiniertesten Chooths der Welt, Erfinder und Verbesserer des Lehrbuchs für Chooths, echte Chooth-Perfektionisten, die wahren Meister dieses Genres. Und was die Christen angeht, die Anglos und Goans, allesamt Chooths, wie du weißt, kein Zweifel, auch wenn sie tun, als wäre ihnen der Begriff nie über die Lippen gekommen oder in ihr Hirn gedrungen. Und die UP ites und AP ites, ausnahmslos Verbrecher, geborene Ganoven, denen man nicht mal einen Bleistift anvertrauen könnte. Dann wären da noch die Chooths im Wartezustand und die Mitläufer-Chooths, wie die Parsis und die Stammesangehörigen. Das mag sich nach einer ziemlich seltsamen Chooth-Combo anhören, ist es aber gar nicht, denn die sind alle gleich, zumindest in einer Hinsicht: Sie führen sich auf, als wären sie keine Chooths, doch das sind sie, tief drinnen sind sie alle totale Chooths. Die einzigen Nicht-Chooths in diesem Land sind die Maharashtrians. Zugegeben, in letzter Zeit wurden die Regeln lascher ausgelegt, aber bei den Maharashtrians sieht man wenigstens, was man bekommt: Inseln der Vernunft in einem Meer der Chooths. Nur versuch mal, in dieser einzigen Nicht-Chooths-Gegend dieses ganzen weiten Chooths-Landes zu leben, ohne ein 1 a-Drogenfreak zu werden, sagte Rumi und lehnte sich über die Treppe, um mit schnellen, frustrierten Schlägen an die Tür zu hämmern.
    •••
    Er klopfte noch an die Tür, als aufgemacht wurde und eine Hijra im Baumwollsari voller Matsch- und Wasserflecken uns hereinbat. Der Raum war klein, leer bis auf ein paar Pritschen, Öllampen und das Poster einer blonden jungen Frau mit breitkrempigem Hut; darunter die Worte
›Gather ye rosebuds while ye may‹
. In einer Ecke stopfte sich Rashid Pulver in eine Zigarette. Als er sie ansteckte, verbreitete der Joint den penetranten Geruch geistiger Umnachtung, und einen Moment lang konnte ich die Farbe riechen, ätzgrün wie Barium beim Feuerwerk.
    »Ich bekomme eine Beteiligung, sag den Leuten aber, sie sollen die Finger lassen von diesem Shit.«
    Er benutzte das englische Wort.
    »Afeem wirkt anders.«
    »Afeem?«
    »Das alte Wort für Opium. Man lehnt sich zurück, jemand macht dir eine Pfeife, du lässt dir Zeit und genießt.«
    »Bis die Welt sich ändert, und alles den Bach runtergeht«, sagte ich und deutete auf die Pfeife. »Ein schönes Stück.«
    »Mindestens fünfhundert Jahre alt, und die hält auch noch weitere fünfhundert, überlebt uns alle. Habe sie in der Shuklaji Street von einem alten Chinesen gekauft, der hierher nach Bombay geflohen war. Hat viel Geld dafür verlangt, so viel, wie man in einem Antiquitätenladen auf dem Colaba Causeway bezahlen würde, aber sieh dir die Schnitzereien und das Teakholz an. Vor gut zwanzig Jahren habe ich mir zwei für zehntausend Rupien geleistet, heute dürften sie ein paar Lakhs wert sein.«
    Er betrachtete die Pfeife, hielt aber einen brennenden Heroinjoint zwischen den Fingern. Und ich hatte kein Interesse an Opium: Ich wollte den Kick im Kopf.
    Rumi flüsterte: »Yaar, weißte was?«
    »Was denn?«
    »Hier sind alle Muslime, nur du nicht und ich nicht. Schon gemerkt?«
    Ich gab keine Antwort: Garad besaß die Angewohnheit, die Dinge neu zu ordnen, und Sozio-Theologie war auf der Liste gerade ganz nach unten gerutscht. Aber man hatte uns gehört. Ich wartete darauf, hineingehen zu können, als Rashid sagte: »Setz dich. Erzähl mir,

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