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Narkosemord

Titel: Narkosemord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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wälzte sie sich auf den Rücken. Sie stemmte sich auf dem Ellbogen hoch und starrte Dr. Doherty mit vor Entsetzen weit aufgerissenen Augen an. »Helfen Sie mir!« schrie sie verzweifelt. Dr. Doherty war verwirrt. Er hatte keine Erklärung, was da falsch lief. Sein erster Gedanke war, daß Karen schlicht in Panik geraten war. Er ließ die Spritze los. Mit beiden Händen packte er Karen bei den Schultern und versuchte sie auf die Trage zurückzudrücken. Am anderen Ende verstärkte die Schwester ihren Griff um Karens Knöchel.
    Dr. Doherty entschloß sich, Karen eine Dosis Diazepam intravenös zu injizieren, aber bevor er dazu kam, sah er zu seinem Schrecken, wie Karens Gesicht sich unter wellenförmigen Krampfentladungen zu verzerren begann. Gleichzeitig setzte heftiger Tränenfluß ein, und Speichel begann aus ihrem Mund zu laufen. Ihre Haut war naß von Schweiß. Ihr Atem ging röchelnd.
    Dr. Doherty zog mit fliegenden Fingern eine Spritze Atropin auf. Während er sie injizierte, bäumte sich Karens Rumpf ruckartig auf. Ihr Körper versteifte sich einen Moment, um unmittelbar danach von einer Serie von heftigen spastischen Krämpfen geschüttelt zu werden. Die Schwester ließ Karens Beine los und sprang an ihre Seite, um zu verhindern, daß sie von der Trage fiel. Dr. Silvan, der den Tumult gehört hatte, kam vom Waschbecken herbeigestürzt, um zu helfen.
    Dr. Doherty zog eine Spritze Succinylcholin auf und injizierte sie in den intravenösen Zugang. Dann spritzte er Karen Diazepam. Er drehte den Sauerstoff auf und hielt die Maske über Karens Gesicht. Das EKG begann Unregelmäßigkeiten im Erregungsleitungssystem anzuzeigen.
    In der Zwischenzeit war Hilfe eingetroffen. Karen wurde in den OP geschoben, wo man mehr Platz hatte. Das Succinylcholin brachte den Anfall zum Stoppen. Dr. Doherty intubierte Karen. Er prüfte ihren Blutdruck und stellte fest, daß er fiel. Ihr Puls war unregelmäßig.
    Dr. Doherty spritzte eine weitere Dosis Atropin. Er hatte noch nie einen solchen Speichel- und Tränenfluß gesehen. Er legte ihr einen Puls-Oximeter an. In dem Moment blieb Karens Herz stehen.
    Ein Code wurde ausgerufen, und einen Moment später kam weiteres medizinisches Personal in den OP 12 geeilt, um Hilfe anzubieten. Nachdem die Zahl der Ärzte und Schwestern auf mehr als zwanzig angewachsen war, wimmelten zu viele um Karens Trage herum, als daß irgendeiner von ihnen bemerkt hätte, wie draußen im Anästhesieraum eine Hand blitzartig nach der halbvollen Marcain-Ampulle langte, den Inhalt in ein Waschbecken kippte und die leere Ampulle verschwinden ließ.
    Kelly legte den Hörer in der Intensivstation auf. Der Anruf hatte ihr einen Schock versetzt. Sie war soeben informiert worden, daß sie einen Zugang aus der Notaufnahme bekommen würden. Aber das war es nicht, was sie so mitgenommen hatte. Was sie beunruhigte, war, daß die Patientin Gail Shaffer war, eine der OP-Schwestern. Eine Freundin.
    Kelly kannte Gail schon seit geraumer Zeit. Gail war mit einem der Anästhesie-Assistenzärzte im Valley Hospital, einem ehemaligen Studenten von Chris, befreundet gewesen. Gail war sogar einmal bei den Eversons zu Hause gewesen, und zwar anläßlich eines der alljährlichen Dinner, die Kelly für die Anästhesie-Assis veranstaltete. Als Kelly zum St. Joseph’s übergewechselt war, war Gail so nett gewesen, sie gleich mit ein paar von den Leuten dort bekannt zu machen.
    Kelly versuchte, sich nicht von ihren persönlichen Gefühlen beirren zu lassen. Es war im wahrsten Sinne lebensnotwendig, daß sie sich absolut professionell verhielt. Sie rief eine der anderen Schwestern aus und wies sie an, Bett drei für einen Neuzugang fertig zu machen.
    Ein Team von Leuten brachte Gail auf die Intensivstation und half, sie an einen Monitor und ein Atemgerät anzuschließen. Ihre eigene Atmung war nicht ausreichend, um ihre Blutgase in einem normalen Bereich zu halten. Während sie arbeiteten, wurde Kelly über den Stand der Dinge informiert.
    Eine endgültige Diagnose lag immer noch nicht vor, was die Behandlung natürlich enorm erschwerte. Das NMR war ohne Befund gewesen, abgesehen von der schweren Stirnhöhlenfraktur. Ein Tumor und/oder eine intrakranielle Blutung schieden somit als Ursache aus. Gail hatte das Bewußtsein nicht wiedererlangt, und ihre Lähmung hatte sich eher verschlimmert als gebessert. Die größte, unmittelbarste Bedrohung für ihren Zustand war ihre labile Herzsituation. Auch die hatte sich verschlimmert. In der

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