Narkosemord
auf das Playgirl -Magazin im Zeitschriftenständer. Einen Moment lang war er versucht, es herauszunehmen und durchzublättern, einfach um mal zu sehen, was Mädchen an Männerkörpern mochten. Aber er tat es nicht. Er war in Garys Drugstore auf der Charles Street, und er wußte, daß der Besitzer hinter der Theke zu seiner Linken stand. Trent wollte nicht, daß der Mann auf falsche Gedanken kam und ihn womöglich für schwul hielt. Also nahm er statt des Playgirl ein Reisemagazin aus dem Ständer, das eine Titelgeschichte über Urlaubsmöglichkeiten in San Francisco hatte.
Er ging hinüber zur Theke, warf das Magazin darauf und legte noch einen Boston Globe dazu. Dann verlangte er zwei Päckchen Camel ohne, seine Stammarke. Trent fand, wenn er schon rauchte, dann sollte es auch was Richtiges sein, nicht dieses affige Light-Zeugs, das jetzt alle qualmten.
Er bezahlte seine Einkäufe und trat hinaus auf die Straße. Er überlegte, ob er hinunter zur Beacon Hill Travel Agency gehen und sich nach Angeboten für einen Kurzurlaub in San Francisco erkundigen sollte. Da er im Moment zwischen zwei Jobs war, hatte er Zeit, und er hatte genug Geld zum Verbraten. Aber heute war ihm eigentlich mehr nach einem faulen Tag. Das Reisebüro konnte bis morgen warten. Er wandte sich kurz entschlossen um und ging quer über die Straße in einen Getränkeladen, um sich ein paar Bier zu kaufen. Er würde nach Hause zurückgehen und sich aufs Ohr hauen. Auf diese Weise wäre er abends fit und könnte bis spät in die Nacht rumziehen. Vielleicht würde er ins Kino und danach ein bißchen durch die Gegend gehen und gucken, ob er vielleicht ein paar Schwule fand, denen er was auf die Schnauze hauen konnte.
Jeffrey stand am Fenster und ließ seinen Blick durch das Wohnzimmer schweifen. Er musterte das bunt zusammengewürfelte Mobiliar, die leeren Bierflaschen und das Harley-Davidson-Poster. Er hatte keine genaue Vorstellung davon, was er eigentlich suchte oder zu entdecken erwartete; es war eine reine Expedition ins Blaue. Und obwohl er, um Kelly zu beruhigen, so getan hatte, als sei es völlig ungefährlich, in Trents Wohnung einzudringen, war er doch bei weitem nervöser, als er sich selbst eingestanden hatte. Er fragte sich immer wieder, ob einer der Nachbarn die Polizei angerufen hatte. Er fürchtete, jeden Moment das Geheul von Sirenen nahen zu hören.
Das erste, was er tat, war, einen schnellen Rundgang durch die gesamte Wohnung zu machen. Ihm war eingefallen, daß es besser war, wenn er sich erst einmal vergewisserte, ob nicht noch jemand anders da war. Sobald er sich überzeugt hatte, daß er allein war, ging er zurück ins Wohnzimmer und begann, alles genauer zu untersuchen.
Auf dem Eßtisch sah er eine Anzahl von Söldnerheften und mehrere indizierte S&M-Magazine. Außerdem lag dort ein Paar Handschellen, deren Schlüssel im Schloß steckte. An der Wand, die das Wohnzimmer vom Schlafzimmer trennte, stand ein Bücherschrank. Die meisten der Bücher darin waren Chemie-, Physiologie- und Krankenpflege-Lehrwerke, aber es befanden sich dort auch ein paar Bände über den Holocaust. Neben der Couch war ein Terrarium mit einer großen Boa constrictor drin. Ein netter Zug, fand Jeffrey.
An einer Wand stand ein Schreibtisch. Im Gegensatz zum Rest der Wohnung wirkte er erstaunlich aufgeräumt. Eine Reihe zusätzlicher Nachschlagewerke ruhte wohlgeordnet zwischen zwei Messingbuchstützen, die die Form von Eulen hatten. Daneben war ein Anrufbeantworter.
Jeffrey ging zu dem Schreibtisch und zog die mittlere Schublade auf. Sie enthielt Stifte und Schreibpapier, einen Packen Notizzettel, ein Adreßbuch und ein Scheckbuch. Jeffrey blätterte das Adreßbuch durch. Aus einem plötzlichen Impuls heraus beschloß er, es mitzunehmen. Er steckte es in seine Tasche. Als nächstes warf er einen Blick ins Scheckbuch. Er war verblüfft, als er den Kontostand las. Harding hatte mehr als zehntausend Dollar Guthaben. Jeffrey klappte das Scheckbuch zu und legte es zurück.
Er beugte sich hinunter und zog die erste der unteren Schubladen auf. In dem Moment läutete das Telefon. Jeffrey erstarrte. Nachdem es zweimal geläutet hatte, sprang der Anrufbeantworter an. Jeffrey atmete tief durch und fuhr mit seiner Durchsuchung fort. Die Schublade enthielt einen Stapel Umschläge aus braunem Packpapier. Jeffrey las die Beschriftungen. Jeder Umschlag enthielt Materialien zu einem spezifischen Fachgebiet wie OP-Krankenpflege, Anästhesie für Krankenschwestern
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