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Narkosemord

Titel: Narkosemord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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und zog die Tür einen Spaltbreit auf. Vorsichtig spähte sie in den Hausflur. Von Harding war nichts zu sehen. Er mußte also schon auf dem Weg nach oben sein. Sie rannte hinein und überflog hastig die Namen auf dem Klingelschild. Hardings Name stand ganz oben. Mit zitterndem Finger drückte sie auf den Klingelknopf.
    »Nein!« stieß Kelly aus. Tränen der Angst und der Enttäuschung schossen ihr in die Augen. Der Knopf steckte fest. Als sie genauer hinsah, bemerkte sie, daß die Klingel gar nicht angeschlossen war. Der Draht hing lose heraus. Der Knopf klemmte in eingedrückter Stellung fest. Wenn der Draht nicht herausgerissen gewesen wäre, hätte es in Hardings Wohnung ununterbrochen geklingelt. In ihrer ohnmächtigen Verzweiflung hieb Kelly mit der Faust auf das Klingelbrett. Sie mußte sich irgend etwas einfallen lassen. Sie überlegte fieberhaft, welche Möglichkeiten ihr blieben. Es waren nicht viele.
    Sie stürzte zurück durch die Haustür, rannte bis zur Mitte der Straße, formte die Hände zu einem Trichter vor dem Mund und schrie zum offenen Fenster hinauf: »Jeffrey!« Es kam keine Reaktion. Sie schrie seinen Namen ein zweites Mal, diesmal noch lauter. Dann ein drittes Mal.
    Wenn Jeffrey sie hörte, so gab er jedenfalls kein Zeichen. Kelly war verzweifelt. Was konnte sie jetzt noch tun? Sie stellte sich vor, wie Harding gerade die Treppe hinaufstieg. Wahrscheinlich war er in diesem Moment schon an seiner Tür. Sie rannte hinüber zu ihrem Wagen, sprang hinein und drückte auf die Hupe.
     
    Jeffrey richtete sich auf und streckte sich. Er hatte den größten Teil der unteren Schränke in der Küche durchsucht, aber nichts Ungewöhnliches gefunden, abgesehen von einer stattlichen Kolonie Küchenschaben. In der Ferne hörte er das nervende Dauertuten einer Autohupe. Er fragte sich, was da wohl los war. Was immer es war, jedenfalls hatte der Fahrer eine ganz schöne Ausdauer.
    Jeffrey hatte im stillen gehofft, irgend etwas zu finden, das Trent belastete, aber bis jetzt war die Aktion eindeutig ein Schlag ins Wasser gewesen. Das einzige, was er gefunden hatte, waren Hinweise auf eine ziemlich verkorkste und möglicherweise gewalttätige Persönlichkeit, die zudem offenbar ernste Probleme bezüglich ihrer sexuellen Identität hatte. Aber das machte sie noch lange nicht zu einem Serienkiller, der an Betäubungsmittelampullen herummanipuliert hatte.
    Jeffrey begann, die Küchenschubladen zu öffnen. Auch sie enthielten nichts Ungewöhnliches, lediglich die üblichen Küchenwerkzeuge wie Messer, Dosenöffner, Kochlöffel und dergleichen. Er schob die Fächer wieder zu, ging zum Spülbecken und machte den Schrank darunter auf. Er fand einen Abfalleimer, eine Schachtel mit Schwammtüchern, einen Stapel alter Zeitungen und einen Propanbrenner.
    Jeffrey nahm den Brenner aus dem Schrank und inspizierte ihn genauer. Es war der Typ, wie er von Hobbybastlern benutzt wurde. Das Gerät war mit einem zusammenklappbaren Stativ ausgestattet. Jeffreys erster Gedanke war, ob Harding damit die Marcain-Ampullen aufgeschmolzen haben konnte. Er dachte an sein eigenes Experiment mit Kellys Gasherd. Ein solcher Brenner wie der von Harding wäre natürlich viel besser für solche Zwecke geeignet, da sich die Hitze damit viel präziser dirigieren ließ. Aber daß Harding so einen Brenner unter seinem Spülbecken aufbewahrte, bewies natürlich erst einmal gar nichts. Man konnte mit einem Gasbrenner schließlich noch eine Menge anderer Dinge machen, als an Marcain-Ampullen herumzumanipulieren.
    Jeffreys Herz stockte. Das Geräusch schwerer Schritte, die die Treppe heraufkamen, drang an sein Ohr. Hastig stellte er den Gasbrenner wieder in den Schrank und machte die Tür zu. Er wollte schnell ins Wohnzimmer, für den Fall, daß er einen überstürzten Rückzug antreten mußte. Er hatte zwar kein Klingeln gehört, aber es war besser, wenn er vorbereitet war, sollte tatsächlich der unwahrscheinliche Fall eingetreten sein, daß Harding ins Haus zurückgekommen war, ohne daß Kelly ihn gesehen hatte.
    Das Geräusch eines ins Schloß gleitenden Schlüssels ließ ihn erstarren. Das offene Fenster war mindestens sieben Meter entfernt, und dazwischen lag die Diele. Jeffrey wußte, daß er es bis dahin nicht mehr rechtzeitig schaffen würde. Alles, was er jetzt noch tun konnte, war, sich gegen die Küchenwand zu pressen und zu beten, daß er nicht gesehen wurde.
    Mit wild klopfendem Herzen hörte Jeffrey, wie die Tür zuschlug und jemand einen

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