Narkosemord
umrundete, geriet er ins Stolpern. Er konnte sich gerade noch mit einer Reflexbewegung am Geländer festhalten und verhinderte so einen Sturz. Zum Glück fand er rasch das Gleichgewicht wieder und hastete weiter.
Er erreichte den Hausflur, riß die Haustür auf und rannte auf die Straße. Kelly stand neben dem Auto.
»Steig ein!« schrie Jeffrey im Laufen. Als er in den Wagen sprang, hatte Kelly schon den Motor angelassen. In dem Moment kam Harding aus der Tür geschossen, den Hammer wild über dem Kopf schwingend. Kelly trat das Gaspedal durch. Ein dumpfer Schlag krachte auf das Wagendach. Trent hatte ihnen den Hammer hinterhergeschleudert.
Jeffrey stemmte die Arme gegen das Armaturenbrett, als Kelly in halsbrecherischem Tempo auf die Kreuzung Cambridge Street zuraste. Die Reifen protestierten mit lautem Quietschen, als sie kurz vor der Kreuzung auf die Bremse stieg. Ohne anzuhalten, bog sie nach rechts in die Cambridge Street und zwängte sich mit einem gewagten Manöver in den Verkehr der belebten Durchgangsstraße. Die Fahrer der anderen Autos hupten wütend.
Keiner von beiden sagte ein Wort, bis sie vor einer roten Ampel an der New Chardon Street zum erstenmal anhalten mußten. Kelly wandte sich Jeffrey zu. Ihr Gesicht war zornesrot. »›Gar nichts wird schiefgehen. Vertrau mir‹«, äffte sie Jeffrey höhnisch nach. »Ich hab’ ja gesagt, es ist Wahnsinn, da reinzugehen!« fauchte sie.
»Du solltest doch klingeln!« brüllte Jeffrey zurück, immer noch ganz außer Atem.
»Das hab’ ich ja versucht!« raunzte Kelly. »Hast du vorher nachgeguckt, ob die Klingel funktioniert? Natürlich nicht. Das wär’ ja auch zuviel verlangt gewesen. Die Klingel war jedenfalls kaputt, und du hättest dir um ein Haar die Radieschen von unten anschauen können. Dieser Wahnsinnige hatte einen Hammer! Warum hab’ ich dich da bloß reingehen lassen?« schrie sie heulend und schlug sich mit der flachen Hand an die Stirn.
Die Ampel sprang auf Grün, und sie fuhren weiter. Jeffrey saß schweigend neben ihr. Was hätte er auch sagen sollen? Kelly hatte ja recht. Es wäre wahrscheinlich klüger gewesen, die Sache zu lassen. Aber die Gelegenheit war einfach zu verlockend gewesen.
Schweigend legten sie die nächsten Kilometer zurück. Dann fragte Kelly: »Hast du wenigstens irgendwas gefunden?«
Jeffrey schüttelte den Kopf. »Eigentlich nicht«, sagte er. »Das einzige, was ich gefunden hab’, war ein Propangasbrenner, aber das dürfte wohl kaum ein Beweis sein.«
»Keine Giftfläschchen auf dem Küchentisch?« fragte Kelly sarkastisch.
»Leider nicht«, antwortete Jeffrey, der jetzt langsam selbst ein bißchen wütend wurde. Er wußte, daß Kelly sauer war und daß sie Grund hatte, sich über seine amateurhafte Schnüffelaktion zu mokieren, aber jetzt übertrieb sie es allmählich ein wenig. Schließlich hatte er seinen Hals riskiert, nicht sie.
»Ich finde, es ist Zeit, daß wir die Polizei anrufen, Beweis oder nicht«, sagte Kelly. »Die Polizei sollte sich die Wohnung von diesem Irrsinnigen anschauen, nicht du.«
»Nein!« schrie Jeffrey, nun wirklich wütend. Er wollte diese Diskussion nicht schon wieder führen. Aber im selben Moment tat es ihm leid, daß er sie so angebrüllt hatte. Nach alldem, was sie für ihn getan und was sie seinetwegen in den letzten Tagen durchgemacht hatte, hatte sie das nicht verdient. Jeffrey seufzte. Er würde es ihr halt noch mal auseinanderlegen. »Die Polizei würde erst gar keinen Durchsuchungsbefehl kriegen - mit welcher Begründung denn auch?«
Sie fuhren schweigend nach Brookline zu Kellys Haus. Kurz bevor sie ankamen, sagte Jeffrey: »Tut mir leid, daß ich dich angebrüllt habe. Der Kerl hat mir wirklich einen fürchterlichen Schreck eingejagt. Wenn ich daran denke, was er mit mir gemacht hätte, wenn er mich erwischt hätte…«
»Meine Nerven liegen auch ein bißchen blank«, gestand Kelly. »Ich hatte fürchterliche Angst, als ich ihn plötzlich ins Haus gehen sah, erst recht, als ich dann feststellte, daß ich dich nicht warnen konnte. Ich fühlte mich so schrecklich hilflos. Und als ich sah, wie er versuchte, dich wieder vom Fenster wegzuzerren, bin ich vor Angst fast gestorben. Wie hast du es bloß geschafft, ihm zu entwischen?«
»Reines Glück«, sagte Jeffrey, und ihm wurde wieder bewußt, in welcher Gefahr er geschwebt hatte. Ihm schauderte, als er daran dachte, wie Trent mit dem Hammer in der Hand hinter ihm hergerannt war.
Als sie in Kellys Straße einbogen,
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