Narkosemord
fiel Jeffrey schlagartig wieder sein anderes Problem ein: O’Shea. Er überlegte kurz, ob er auf den Rücksitz klettern sollte, aber dafür war keine Zeit mehr. Statt dessen ließ er sich so weit es ging nach vorn rutschen, bis seine Knie ans Armaturenbrett stießen.
Kelly sah ihn aus dem Augenwinkel an. »Was machst du denn da?«
»Ich hätte fast O’Shea vergessen«, erklärte Jeffrey, während Kelly in ihre Einfahrt bog. Sie drückte auf den Knopf ihres Garagentoröffners, und nachdem sie in der Garage war, drückte sie erneut. Das Tor schloß sich hinter ihnen.
»Das würde mir gerade noch fehlen, daß O’Shea jetzt plötzlich aufkreuzt«, sagte Jeffrey, als sie aus dem Wagen stiegen. Er wußte nicht, wen er mehr fürchtete, Trent Harding oder Devlin O’Shea. Sie gingen zusammen ins Haus.
»Soll ich uns einen schönen heißen Kräutertee machen?« fragte Kelly. »Vielleicht beruhigt uns das ein bißchen.«
»Ich glaube, ich könnte jetzt besser zehn Milligramm Valium intravenös brauchen«, antwortete Jeffrey. »Aber ein Kräutertee mit einem Schuß Cognac wäre auch nicht schlecht. Das täte uns bestimmt ganz gut.«
Jeffrey zog die Schuhe aus und ließ sich auf die Couch fallen. Kelly setzte Wasser auf.
»Wir werden uns wohl eine andere Methode einfallen lassen müssen, um rauszukriegen, ob Trent Harding der Mörder ist oder nicht«, sagte Jeffrey. »Das Problem ist nur, ich habe nicht viel Zeit. Dieser O’Shea wird mich früher oder später finden. Wahrscheinlich eher früher, fürchte ich.«
»Es gibt da immer noch die Polizei«, erwiderte Kelly. Bevor Jeffrey den Mund aufmachen konnte, um zu protestieren, fügte sie hinzu: »Ich weiß, ich weiß. Wir können nicht zur Polizei und so weiter und so fort. Doch vergiß nicht, du bist zwar flüchtig, aber ich nicht. Vielleicht würden sie auf mich eher hören.«
Jeffrey erwiderte darauf nichts. Wenn sie es noch immer nicht kapiert hatte, dann würde es auch nichts nützen, wenn er es ihr jetzt noch mal erklärte. Solange sie keinen konkreten Beweis in der Hand hatten, war es absolut sinnlos, sich an die Behörden zu wenden. Er war Realist genug, um das einzusehen.
Er legte die Beine auf den Kaffeetisch und ließ sich auf die Couch zurücksinken. Er war noch immer ganz zittrig nach diesem Erlebnis mit Trent Harding. Das Horrorbild, wie der Mann mit dem Hammer hinter ihm herrannte, würde ihn wahrscheinlich für den Rest seines Lebens verfolgen.
Jeffrey versuchte nüchtern Bilanz aus seinen bisherigen Nachforschungen zu ziehen. Auch wenn er keinen Beweis dafür hatte, daß ein Kontaminans in dem Marcain gewesen war, sagte ihm sein Instinkt, daß es der Fall war. Es gab einfach keine andere plausible Erklärung für die Symptome, die alle diese Patienten gezeigt hatten. Er setzte keine große Hoffnung darauf, daß Dr. Seibert irgend etwas fand, aber seit seinem Gespräch mit dem Mann war er relativ sicher, daß irgendein Toxin, wahrscheinlich Batrachotoxin, im Spiel gewesen war. Und wenigstens war Dr. Seibert interessiert genug, um nach einem zu suchen.
Außerdem war Jeffrey ziemlich sicher, daß Trent Harding der Täter war. Daß er gleich in allen fünf betroffenen Krankenhäusern gearbeitet hatte, konnte kein Zufall mehr sein. Aber Jeffrey mußte ganz sicher sein. Wenn er auch den letzten Zweifel beseitigen wollte, dann mußte er einen Weg finden, sich die Personallisten von den beiden restlichen Kliniken zu beschaffen.
»Vielleicht solltest du ihn einfach mal anrufen!« rief Kelly aus der Küche.
»Anrufen? Wen?« fragte Jeffrey.
»Harding.«
»Na klar, sicher doch!« Jeffrey verdrehte die Augen. »Und was soll ich ihm bitte schön sagen? He, Trent! Bist du der Bursche, der das Gift in die Marcain-Ampullen getan hat?«
»Das ist jedenfalls auch nicht blöder, als in seine Wohnung einzusteigen«, erwiderte Kelly und nahm den Kessel vom Herd.
Jeffrey drehte sich um und schaute Kelly an, um zu sehen, ob sie ihn auf den Arm nahm. Sie zog die Augenbrauen hoch, als wolle sie ihn dazu herausfordern, ihrer letzten Behauptung zu widersprechen. Jeffrey wandte den Blick ab und starrte hinaus in den Garten. Er spielte im Geiste ein hypothetisches Telefongespräch mit Trent Harding durch. Möglicherweise war Kellys Vorschlag am Ende gar nicht mal so blöd.
»Natürlich kannst du ihn schlecht direkt fragen«, sagte Kelly und kam mit dem Tee um die Couch herum. »Aber vielleicht könntest du ein paar Andeutungen machen und dann sehen, ob er darauf
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