Narkosemord
anspringt.«
Jeffrey nickte. Sosehr es ihm auch gegen den Strich ging, es zuzugeben, aber unter Umständen ließ sich aus Kellys Idee wirklich was machen. »Ich habe etwas in der Schublade seines Nachttischs gefunden, das in dieser Hinsicht vielleicht ganz nützlich sein könnte«, sagte er.
»Und was?«
»Einen Packen Nacktfotos.«
»Von wem?«
»Von ihm selbst. Und außerdem waren da noch einige andere Sachen in seinem Apartment - Handschellen, Reizwäsche, indizierte S&M-Magazine - , aus denen ich schließen würde, daß Pfleger Harding Geschlechtsidentitätsprobleme und ein paar ernste sexuelle Macken hat. Ich hab’ ein paar von den Fotos mitgehen lassen, einfach so auf Verdacht. Vielleicht können wir sie als Druckmittel benutzen.«
»Wie das?«
»Ich bin nicht sicher«, sagte Jeffrey. »Aber ich könnte mir vorstellen, daß es ihm nicht gefallen würde, wenn allzu viele Leute sie zu Gesicht bekämen. Er ist wahrscheinlich ziemlich eitel.«
»Glaubst du, daß er schwul ist?« fragte Kelly.
»Ich halte es durchaus für denkbar«, antwortete Jeffrey. »Aber ich habe das Gefühl, daß er sich selbst nicht so ganz sicher ist, so, als ob er es ahnen und versuchen würde, dagegen anzukämpfen. Möglicherweise ist dies das Problem, das ihn dazu treibt, so schreckliche Dinge zu machen - immer vorausgesetzt, er ist tatsächlich der, den wir suchen.«
»Scheint ja wirklich ein reizender Bursche zu sein«, sagte Kelly.
Jeffrey griff in seine Taschen, holte die drei Fotos heraus und reichte sie Kelly. »Kannst sie dir ja mal anschauen«, meinte er.
Kelly nahm die Fotos. Sie warf einen kurzen Blick darauf und gab sie Jeffrey zurück. »Kotz!« sagte sie und verzog angewidert das Gesicht.
»Jetzt müßten wir nur noch wissen, ob eine Tonbandaufnahme vor Gericht als Beweis zulässig ist, falls wir Glück haben sollten und er sich verplappert. Vielleicht sollte ich Randolph mal anrufen.«
»Wer ist Randolph?« fragte Kelly. Sie prüfte nach, ob der Tee lange genug gezogen hatte, dann schenkte sie zwei Tassen voll.
»Mein Rechtsanwalt.«
Jeffrey ging in die Küche und rief Randolphs Büro an. Nachdem er sich mit Namen gemeldet hatte, wurde er gebeten, einen Moment zu warten. Kelly brachte ihm eine Tasse Tee und stellte sie auf den Küchentisch. Er nahm einen Schluck. Der Tee war sehr heiß.
Randolph kam an den Apparat. Er klang nicht gerade freundlich. »Wo stecken Sie, Jeffrey?« fragte er kurz angebunden.
»Ich bin immer noch in Boston.«
»Das Gericht weiß von Ihrem Fluchtversuch nach Südamerika«, sagte Randolph. »Sie sind im Begriff, Ihre Kaution zu verwirken. Ich kann Ihnen nur dringendst ans Herz legen, sich zu stellen.«
»Hören Sie, Randolph, ich habe im Moment andere Sorgen.«
»Sie scheinen den Ernst Ihrer Situation noch immer nicht zu begreifen«, sagte Randolph. »Sie werden steckbrieflich gesucht.«
»Jetzt halten Sie mal einen Moment die Luft an, Randolph, ja?« brüllte Jeffrey in den Hörer. »Und lassen Sie mich endlich zu Wort kommen! Der Ernst meiner Lage ist mir sehr wohl bewußt; das war er vom ersten Tage an. Wenn jemand sich in diesem Punkt geirrt hat, dann waren Sie das, nicht ich. Ihr Anwälte haltet das alles für so eine Art Spiel, etwas, das nun mal mit dazugehört. Schreiben Sie sich eins hinter die Ohren: Es ist immer noch mein Leben, das hier auf der Kippe steht. Und lassen Sie mich noch was sagen: Ich habe in all diesen letzten Tagen ganz bestimmt nicht an der Copacabana in der Sonne gelegen und es mir gutgehen lassen, wenn Sie das meinen sollten. Ich glaube, daß ich an etwas dran bin, das möglicherweise meine Verurteilung null und nichtig machen kann. Alles, was ich im Moment von Ihnen will, ist, Ihnen eine Rechtsfrage stellen und vielleicht mal endlich auch was wiederkriegen für all das viele Geld, das ich Ihnen hinterhergeworfen habe.«
Für einen Moment herrschte Stille. Jeffrey befürchtete schon, daß Randolph aufgelegt hatte.
»Sind Sie noch da, Randolph?«
»Wie lautet Ihre Frage?«
»Ist eine Tonbandaufnahme vor Gericht als Beweismittel zulässig?«
»Weiß die Person, daß sie aufgenommen wird?« fragte Randolph.
»Nein«, antwortete Jeffrey. »Sie weiß nichts davon.«
»Dann ist sie nicht zulässig«, sagte Randolph.
»Warum, zum Teufel, nicht?«
»Es hat mit dem Recht auf Privatsphäre zu tun«, erwiderte Randolph und begann, Jeffrey das entsprechende Gesetz zu erklären.
Angewidert knallte Jeffrey den Hörer auf die Gabel. »Fehlanzeige!«
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