Narkosemord
Baseballspiel im Fernsehen zu; das entspannte ihn. Wenn die Red Sox dabeigewesen wären zu gewinnen, hätte ihn das nervös gemacht, weil er befürchtet hätte, sie würden noch alles verpatzen. Aber sie machten es ihm behaglich, indem sie weit im Rückstand blieben. Es war ziemlich offensichtlich, daß sie weiter verlieren würden.
Wenigstens hatte er gut gegessen. Das kalte Kalbskotelett und der Salat waren ihm gerade recht gekommen. Die vier Bier ebenfalls. Vor seinem Besuch im Hause Rhodes hatte er noch nie von Kronenbourg gehört. Es war aber nicht schlecht, auch wenn ihm ein Budweiser lieber gewesen wäre.
Der Doktor war nicht aufgekreuzt, und er hatte auch nicht angerufen. O’Sheas Wache hatte ihm zwar eine gute Mahlzeit eingebracht, aber ansonsten hatte er sich mit Carol begnügen müssen. Nachdem er einen Abend mit ihr verbracht hatte, verstand er, weshalb der gute Doktor lieber nicht nach Hause kam.
Er ließ sich auf der bequemen Couch vor dem Fernseher noch ein bißchen tiefer sacken. Seine Cowboystiefel hatte er ausgezogen, und seine bestrumpften Füße lagen auf einem der Küchenstühle. Er seufzte. Das hier war um einen verdammten Streifen besser, als in seinem Auto Wache zu halten. O’Shea riß die Augen auf und blinzelte dann. Er hatte gemerkt, daß er einen Moment lang eingedöst war.
Carol konnte nicht glauben, daß sie einen ihrer letzten Abende in Boston auf diese Weise verbringen sollte: Indem sie einen Gorilla bewirtete, der wissen wollte, wo Jeffrey war. Von ihr aus brauchte ihr Exgatte in spe nie wieder aufzutauchen. Na ja, einmal vielleicht doch noch, damit sie ihm sagen könnte, was sie über ihn dachte.
Sie beobachtete O’Shea aus dem Augenwinkel. Einen Moment lang hatte es ausgesehen, als schlafe er ein. Aber dann war er aufgestanden, um sich noch ein Bier zu holen. Bald darauf jedoch lag er wieder in der gleichen beinahe waagerechten Stellung auf dem Sofa, und seine Augen waren fast geschlossen.
Endlich, während eines Werbespots, fiel ihm der Kopf auf die Brust. Die Bierflasche in seiner Hand kippte um, und Bier gluckerte auf den Teppich. Sein Atem ging lauter. Er war eingeschlafen.
Carol blieb sitzen und behielt ihre Illustrierte in der Hand; sie wagte nicht mehr umzublättern, weil sie fürchtete, O’Shea zu wecken. Plötzlich kamen tosender Applaus und Gebrüll aus dem Fernseher. Carol zog den Kopf ein; sie war sicher, daß der Lärm ihn wecken würde. Aber er schnarchte nur noch lauter.
Langsam stemmte sie sich aus dem Sessel hoch und legte ihre Zeitschrift oben auf den Fernsehapparat.
Sie holte tief Luft, schlich auf Zehenspitzen an O’Shea vorbei, durch die Küche, die Treppe hinauf. In ihrem Schlafzimmer angekommen, verschloß sie die Tür und griff zum Telefon. Ohne zu zögern, wählte sie die Notrufnummer und sagte dem Officer, sie habe einen Einbrecher im Haus und brauche sofort die Polizei. Ruhig nannte sie ihre Adresse. Wenn Jeffrey seine Probleme auf seine Weise löste, würde sie ihre auf ihre Weise aus der Welt schaffen. Der Officer sagte, Hilfe sei bereits unterwegs.
Carol ging in ihr Badezimmer. Zur Sicherheit verschloß sie auch hier die Tür hinter sich. Dann setzte sie sich auf den Toilettendeckel und wartete. Nach nicht einmal zehn Minuten läutete es. Erst jetzt verließ Carol ihr Bad und lauschte an der Schlafzimmertür. Unten wurde geöffnet, und dann drang Gemurmel herauf.
Carol schloß ihre Tür auf und ging zur Treppe. Unten hörte sie Stimmen und dann, zu ihrer Überraschung, Gelächter.
Sie ging nach unten. Im Hausflur standen zwei uniformierte Polizisten. Sie lachten und klopften O’Shea auf den Rücken, als seien sie alle die besten Freunde.
»Entschuldigung!« rief Carol, als sie auf der untersten Stufe angekommen war.
Die drei blickten sie an.
»Carol, meine Liebe«, sagte O’Shea. »Hier liegt anscheinend ein Mißverständnis vor. Jemand hat die Polizei wegen eines Einbrechers angerufen.«
»Ich habe die Polizei angerufen«, erklärte Carol und deutete auf O’Shea. »Er ist der Einbrecher.«
»Ich?« fragte O’Shea mit übertriebener Überraschung und sah dann die beiden Polizisten an. »Na, das ist ja wirklich ein Ding. Ich habe im Wohnzimmer vor dem Fernsehapparat geschlafen. Tut das ein Einbrecher? Ja, Carol hat mir ein tolles Abendessen gemacht. Sie hat mich eingeladen…«
»Nie im Leben habe ich ihn eingeladen!« schrie Carol.
»Jungs, wenn ihr einen Blick in die Küche werft, seht ihr noch die schmutzigen Teller von
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