Narkosemord
kriegen.«
»Ist mir ein Vergnügen«, erwiderte Marcia. Sie hatte sich bei der Bank of Boston einen Tag freigenommen, um Karen in die chirurgische Ambulanz zu begleiten und dann nach Hause zu bringen, sofern sich nicht herausstellte, daß Karen über Nacht bleiben müßte. Das allerdings hielt Karens Hausarzt für sehr unwahrscheinlich.
»Ich bin ein bißchen beunruhigt wegen morgen«, gestand Karen. Abgesehen von einem kurzen Aufenthalt in der Unfallambulanz, als sie mit zehn Jahren vom Fahrrad gefallen war, hatte sie noch nie ins Krankenhaus gemußt.
»Es ist ein Spaziergang«, versicherte Marcia ihr. »Vor meiner Blinddarmoperation hatte ich auch Angst, aber es war überhaupt nichts. Wirklich nicht.«
»Ich habe noch nie eine Anästhesie bekommen«, sagte Karen. »Wenn sie nun nicht funktioniert und ich alles spüre?«
»Hast du denn noch nie eine Spritze beim Zahnarzt gekriegt?«
Karen schüttelte den Kopf. »Nein. Er hat nie gebohrt.«
Trent Harding nahm die Gläser aus dem Küchenschrank und entfernte die falsche Rückwand. Er langte hinein, holte die .45er heraus und wog sie in der Hand. Er liebte die Pistole. Als er einen Ölstreifen auf dem Lauf sah, wischte er ihn mit einem Stück Küchenkrepp weg und polierte liebevoll das Metall.
Er griff noch einmal in das Versteck und nahm das Magazin mit den Patronen heraus. Er hielt die Pistole in der Linken und schob das Magazin unten in den Griff. Dann schlug er mit dem Handballen dagegen, daß es einrastete - eine Handlung, die ihm beinahe sinnliches Vergnügen bereitete.
Er wog die Waffe von neuem in der Hand; sie fühlte sich geladen anders an als vorher. Er hielt sie wie Crockett in Miami Vice und zielte auf das Harley-Davidson-Poster, das im Wohnzimmer an der Wand hing. Eine Sekunde lang überlegte er, ob er sich wohl leisten könnte, in seiner eigenen Wohnung einen Schuß abzugeben. Aber das Risiko lohnte sich nicht. Bei einer .45er war der Knall höllisch. Die Nachbarn sollten nicht die Cops rufen.
Er legte die Pistole auf den Tisch, kehrte noch einmal zu seinem Versteck zurück und nahm das kleine Fläschchen mit der gelben Flüssigkeit heraus. Er schüttelte sie und hielt sie ins Licht. Ums Verrecken konnte er sich nicht vorstellen, wie sie dieses Zeug aus der Haut von Fröschen machen sollten. Gekauft hatte er es von einem kolumbianischen Drogenhändler in Miami. Es war ein toller Stoff. Der Kerl hatte wirklich nicht übertrieben.
Mit einer kleinen Fünferspritze zog Trent ein winziges bißchen von der Flüssigkeit auf und verdünnte es mit sterilem Wasser. Wieviel er jetzt nehmen mußte, wußte er nicht; bei dem, was er plante, hatte er keinerlei Erfahrung.
Sorgfältig legte er das Fläschchen ins Versteck zurück, schob das Sperrholz an seinen Platz und stellte die Gläser wieder in den Schrank. Er steckte die Kappe auf die Nadel der Giftspritze und ließ sie in die Tasche gleiten. Dann schob er sich die Pistole hinten in den Gürtel, daß er den kalten Stahl im Kreuz spürte.
Trent nahm seine blaue Levi’s-Jacke aus dem Schrank und zog sie an. Dann betrachtete er sich im Badezimmerspiegel, um sicherzugehen, daß die Pistole nicht zu sehen war. Aber die Jacke war so geschnitten, daß nicht einmal eine Beule zu bemerken war.
Ungern gab er seinen Parkplatz am Beacon Hill auf; er wußte, er würde eine Ewigkeit brauchen, um einen neuen zu finden, aber was blieb ihm übrig? Mit dem Wagen war er in einem Viertel der Zeit, die er mit öffentlichen Verkehrsmitteln benötigen würde, im St. Joe’s. Das war auch so eine Sache an den Ärzten, die ihn störte. Sie durften tagsüber vor dem Krankenhaus parken. Das Pflegepersonal durfte es, von der Pflegedienstleitung abgesehen, nur in der Abend- und in der Nachtschicht.
Trent parkte auf dem öffentlichen Parkplatz, aber nicht allzuweit weg vom Angestelltenparkplatz. Er schloß seinen Wagen ab und spazierte ins Gebäude. Eine der freundlichen Damen an der Information fragte, ob sie ihm helfen könne, aber er verneinte. Er holte sich am Kiosk einen Globe und ließ sich damit in einer Ecke nieder. Es war noch früh, aber er wollte nichts riskieren. Er wollte da sein, wenn Gail Shaffer Feierabend hatte.
O’Shea rülpste. Das passierte ihm gelegentlich, wenn er Bier getrunken hatte. Er warf einen Blick zu Carol hinüber, und die schaute ihn angewidert an. Sie saß ihm gegenüber im Wohnzimmer und blätterte wütend in ihren Illustrierten.
O’Shea wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem
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