Narkosemord
Kleinkram: Glasreiniger, Kachelreiniger, Kunststoffreiniger, Papiertücher, Klopapier. Auch Seife war da, Wachs, Politur und sogar Schmieröl.
Jeffrey folgte David zum Aufzug im Westturm. Diese Wahl war ebenso ermutigend wie nervenaufreibend. Im Westturm waren die OPs und die Labors. So gern Jeffrey dort herumgeschnüffelt hätte, er hatte doch auch große Angst, jemandem zu begegnen.
»Wir beide beginnen im OP-Trakt«, sagte David und fachte Jeffreys Angst noch weiter an. »Hast du schon mal ’nen sterilen Anzug angezogen?«
»’n paarmal schon«, sagte Jeffrey geistesabwesend.
Nun befürchtete er, daß er den größten Teil seiner Verkleidung einbüßen würde, wenn er sterile OP-Kleidung anzöge. Er sehnte sich nach seiner schwarz umrandeten Brille. Allenfalls könnte er jetzt vielleicht ständig eine Atemschutzmaske tragen. Wahrscheinlich würde David dann aber Fragen stellen; eine Maske trug man eigentlich nur, wenn tatsächlich operiert wurde. Jeffrey beschloß, einfach zu behaupten, er sei erkältet.
Aber sie gingen nicht sofort in den OP-Trakt. David sagte, zunächst müßten sie sich den Aufenthaltsraum und die Umkleideräume der Chirurgie vornehmen.
»Du machst den Aufenthaltsraum, und ich fange in den Umkleideräumen an«, schlug er vor, als sie angekommen waren, und Jeffrey nickte. Er schaute hinein und zog sofort den Kopf zurück. Zwei Anästhesieschwestern saßen auf der Couch und tranken Kaffee. Jeffrey kannte sie beide.
»Stimmt was nicht?« wollte David wissen.
»Alles in Ordnung«, antwortete Jeffrey hastig.
»Es wird schon klappen«, sagte David. »Mach dir keine Sorgen! Zuerst Staub wischen. Vergiß die Ecken unter der Decke nicht. Dann die Tische, und zwar mit Reiniger. Anschließend den Boden wischen. Okay?«
Jeffrey nickte.
David schob seinen Wagen in einen Umkleideraum, und die Tür schloß sich hinter ihm.
Jeffrey schluckte. Er mußte jetzt anfangen. Er nahm den langstieligen Staubwedel vom Wagen und ging in den Aufenthaltsraum. Anfangs wandte er sein Gesicht stets ab, aber die beiden Frauen achteten überhaupt nicht auf ihn. Seine Putzkolonnenuniform war so gut wie eine Tarnkappe.
8
Mittwoch, 17. Mai 1989, 23 Uhr 23
Den Rucksack lässig über die Schulter geworfen, stieg Gail Shaffer zusammen mit Regina Puksar aus dem Aufzug. Sie gingen den Zentralflur zum Haupteingang hinunter. Die beider kannten sich jetzt schon seit fast fünf Jahren. Sie sprachen oft über ihre persönlichen Probleme miteinander, pflegten aber ansonsten über das Berufliche hinaus keinen besonderen persönlichen Kontakt. Gail hatte Regina gerade von dem Krach erzählt, den sie mit ihrem Freund, mit dem sie seit zwei Jahren zusammen war, gehabt hatte.
»Da bin ich ganz deiner Meinung«, sagte Regina Puksar. »Wenn mir Robert plötzlich erklären würde, er wolle sich mit anderen Frauen treffen, würde ich sagen, okay, tu, was du für richtig hältst, aber für mich wäre die Beziehung damit von dem Moment an gestorben. Eine Beziehung kann sich nicht zurückentwickeln. Entweder sie wächst, oder sie geht kaputt. Das ist jedenfalls meine Erfahrung.«
»Meine auch«, seufzte Gail.
Keine von beiden bemerkte, wie Trent seine Zeitung zusammenfaltete und aufstand. Als sie durch die Drehtür gingen, war Trent direkt hinter ihnen. Er konnte ihr Gespräch mithören.
Da er sicher war, daß die beiden Frauen zum Angestelltenparkplatz gehen würden, ließ er ihnen einen kleinen Vorsprung, behielt sie aber im Auge. Die zwei blieben vor einem roten Pontiac Fiero stehen und unterhielten sich noch ein paar Minuten miteinander. Schließlich verabschiedeten sie sich. Gail Shaffer stieg in den Wagen. Regina Puksars Auto stand ein paar Stellplätze weiter weg.
Trent ging zu seiner Corvette und stieg ein. Es war nicht gerade das geeignetste Fahrzeug, um jemanden zu verfolgen, da es so auffällig war, aber er glaubte nicht, daß das in diesem Fall etwas ausmachen würde. Gail hatte keinen Grund, argwöhnisch zu sein.
Gails Wagen war ebenso auffällig, was es ihm leichtmachte, sie im Blick zu behalten. Sie fuhr Richtung Back Bay, wie er es anhand ihrer Telefonnummer vermutet hatte. Auf der Boylston Street parkte sie den Wagen in zweiter Reihe und verschwand in einem Store-24.
Trent lenkte sein Auto auf die andere Straßenseite hinüber - die Boylston Street war eine Einbahnstraße - und hielt an einem Taxistand. Von dort aus hatte er einen guten Blick auf das Geschäft und Gails Wagen. Kurze Zeit später kam
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