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Narkosemord

Titel: Narkosemord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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ja. Aber bei Glasampullen nicht.« Doch noch während er sprach, wurde er nachdenklich. Er erinnerte sich an die Chemieexperimente auf dem College, wo sie mit Glasröhrchen und Bunsenbrennern Pipetten hergestellt hatten. Und er erinnerte sich daran, daß das geschmolzene Glas sich allmählich wie Toffee angefühlt hatte, während er es rotglühend werden ließ, um es dann zu einem haarfeinen Röhrchen auseinanderzuziehen.
    »Hast du Injektionsspritzen im Haus?« fragte er.
    »Ich habe Chris’ Arzttasche noch«, antwortete sie. »Wahrscheinlich sind welche drin. Soll ich sie holen?«
    Jeffrey nickte. Er ging zum Herd und drehte den vorderen Gasbrenner neben der kochenden Spaghettisauce auf. Die Flamme war sicher heiß genug. Als Kelly mit der Tasche kam, nahm er ein paar Injektionsspritzen und zwei Ampullen Bikarbonat heraus.
    Er hielt die Spitze der Kanüle in die Flamme, bis sie rotglühend war. Dann versuchte er, sie schnell durch das Glas der Ampulle zu bohren. Es ging nicht. Er probierte es anders herum: Er erhitzte die Ampulle und stach mit einer kalten Nadel hinein. Aber das funktionierte auch nicht. Er machte Nadel und Ampulle heiß - und jetzt ging die Kanüle mühelos hindurch.
    Jeffrey zog die Nadel wieder heraus und studierte das Glas. Die ehemals glatte Fläche war verformt, und ein kleines Loch war an der Einstichstelle zurückgeblieben. Er hielt die Ampulle über den Brenner, das Glas wurde wieder weich, aber als er sie drehte, verzog sich das Glas immer mehr; der einzige Erfolg war, daß er sich den Finger verbrannte und das runde Ende der Ampulle völlig verdarb.
    »Was meinst du?« fragte Kelly, die ihm über die Schulter schaute.
    »Ich glaube, du hast recht.« Jeffrey hatte neue Hoffnung gefaßt. »Es könnte gehen. Leicht ist es nicht. Mein erster Versuch hat jedenfalls nicht geklappt. Aber es hat sich immerhin gezeigt, daß es gehen könnte. Eine heißere Flamme wäre vielleicht gut, oder eine, die sich besser lenken läßt.«
    Kelly holte ihm ein Stück Eis und wickelte es in ein Küchentuch, damit er seinen verbrannten Finger kühlen konnte. »An was für ein Kontaminans denkst du?« fragte sie.
    »Ich wüßte nichts Spezifisches«, gab Jeffrey zu. »Aber ich denke an ein Toxin. Was immer es ist, es müßte seine Wirkung schon bei sehr geringer Konzentration tun. Und nach dem, was Chris geschrieben hat, müßte es Nervenzellenschäden verursachen, aber keinen Nieren- oder Leberschaden. Damit wären viele der üblichen Gifte eliminiert. Vielleicht weiß ich mehr, wenn ich Patty Owens Autopsiebericht in der Hand habe. Ich bin sehr neugierig auf den toxikologischen Abschnitt. Ich habe ihn vor Gericht während der Beweisaufnahme kurz zu sehen bekommen, und ich erinnere mich, daß der Befund negativ war, abgesehen von einer Spur Marcain. Aber eingehend studiert habe ich ihn nie. Ich hielt ihn damals nicht für wichtig.«
    Als das Wasser im Topf brodelte, warf Kelly die Nudeln hinein. Dann drehte sie sich um. »Wenn das Toxin auf diese Weise ins Marcain gelangt ist« - sie schwieg und deutete auf die Ampulle und die Spritze, die Jeffrey auf den Tisch gelegt hatte - , »dann bedeutet das, jemand macht sich an dem Marcain zu schaffen und vergiftet es mit Absicht.«
    »Das ist Mord«, sagte Jeffrey.
    »Mein Gott!« stieß Kelly aus, und das Grauenhafte dieser Sache dämmerte ihr nur langsam. »Aber warum? Ich meine, warum sollte jemand so etwas tun?«
    Jeffrey zuckte mit den Schultern. »Auf diese Frage weiß ich keine Antwort. Es wäre nicht das erstemal, daß jemand sich in böser Absicht an Arzneimitteln zu schaffen gemacht hätte. Wer weiß schon, was für Motive dahinterstecken? Der Tylenol-Killer. Dieser Dr. X aus New Jersey, der seine Patienten mit Überdosen Succinylcholin umgebracht hat.«
    »Und jetzt das hier.« Kelly war sichtlich erschüttert. Die Vorstellung, irgendein Verrückter pirschte durch die Gänge der Bostoner Krankenhäuser, war geradezu unerträglich. »Wenn du glaubst, daß es so sein könnte«, sagte sie, »meinst du nicht, daß wir dann die Polizei informieren sollten?«
    »Ich wünschte, das könnten wir«, antwortete Jeffrey. »Aber es geht nicht - aus zwei Gründen: Erstens, ich bin ein verurteilter Straftäter und geflüchtet. Und zweitens, selbst wenn es nicht so wäre, müssen wir uns darüber im klaren sein, daß es nicht den leisesten Beweis für das alles gibt. Wenn jemand mit dieser Geschichte zur Polizei ginge, würden sie kaum viel unternehmen. Wir brauchen schon

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