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Narr

Narr

Titel: Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schilddorfer und Weiss
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Sie mir, wie es da drüben aussieht?«, meinte Wagner zu Burghardt und zog ein kleines Notizbuch aus der Tasche seiner Jeans.
    »Wenn Sie mit der Veröffentlichung der Details bis heute Abend warten, könnte ich darüber nachdenken«, gab der Kommissar zurück. »Wie geht es eigentlich Bernhard? Ich habe ihn schon lange nicht mehr gesehen.«
    »Nicht so gut«, antwortete Paul und schilderte kurz sein Treffen mit Berner und ihre gemeinsame Fahrt nach St. Pölten in die Intensivstation. Burghardt hörte nur stumm zu. Ruzicka gehörte wie Berner zu seinem engeren Freundeskreis, der sich zwar unregelmäßig traf, aber seit Jahren bestand.
    »Woran hat Ruzicka gearbeitet?«, erkundigte sich Burghardt mit flacher Stimme, als Wagner mit seiner Schilderung geendet hatte. »Was hatte er so Besonderes entdeckt, dass man ihn aus dem Weg haben wollte?«
    Wagner zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Der Mord in Nussdorf kann es kaum gewesen sein«, antwortete er.
    »Welcher Mord in Nussdorf?«, drängte Burghardt.
    »Der Informationsfluss fängt an, ziemlich einseitig zu werden«, stellte Wagner trocken fest, erzählte aber dann doch von den Ereignissen in dem kleinen Weinort. Burghardt hörte aufmerksam zu. Dann nahm er den überraschten Reporter am Arm und zog ihn mit sich fort in Richtung der eingebrochenen Baumaschine. Als der Schuldirektor ihnen folgen wollte, stoppte Burghardt ihn mit einem lauten »Sie nicht!« nach wenigen Schritten.
    »Dafür werden die von der Spurensicherung mich hassen, aber ich habe da so einen blöden Verdacht«, murmelte Burghardt vor sich hin, während er Wagner rund um den Bagger führte, bis sie in Blickweite der Toten waren. Die Scheinwerfer tauchten alles in ein unerbittlich helles Licht, das selbst die alten goldenen Buchstaben an den Wänden aufleuchten ließ.
    Wagner hielt den Atem an. Direkt über der nackten Frau befand sich als Halbrelief ein Kreuz, mit beiger Farbe bemalt, in die dunkelrote Wand eingelassen. Es war eine exakte Kopie des Kreuzes von Nussdorf. Nur die beiden Pestheiligen fehlten.
    Israelische Botschaft, Wien-Währing/Österreich
    V alerie Goldmann hatte schlecht geschlafen und war wie gerädert aufgewacht. Was Oded Shapiro ihr gestern am frühen Abend erzählt hatte, war auch keineswegs dazu angetan gewesen, sich beruhigt ins Traumland zu begeben. Fast zwei Stunden lang hatte der israelische Geheimdienstchef sein abenteuerliches Garn aus Tatsachen, Vermutungen, Schlüssen und Worst-Case-Szenarien gesponnen, das selbst phlegmatische Zeitgenossen in fieberhafte Aktivität gestürzt hätte.
    Währenddessen waren im Fernsehen die Szenen der Demonstrationen in der Innenstadt immer öfter von den Berichten über den Mord an der Familienministerin abgelöst worden. Shapiro klang keineswegs überrascht, als Goldmann ihm davon erzählte, und allein diese Tatsache beunruhigte Valerie mehr als vieles andere.
    Als dann am späteren Abend auch noch ein Bericht über den bizarren Mord an Innenminister Fürstl ausgestrahlt worden war, hatte Valerie versucht, Georg oder Paul telefonisch zu erreichen. Keiner von beiden hatte abgehoben. Shapiro rief sie gar nicht erst an. Der hätte es sicher schon gewusst.
    Der Beamte der Sicherheitskontrolle am Eingang der israelischen Botschaft in Wien-Währing winkte Goldmann durch, und selbst als der Metallscanner wie wild zu piepsen begann, nahm niemand Notiz davon.
    Valerie wusste, dass der Botschafter auf Dienstreise war, aber sie wollte sowieso nicht in sein Büro im ersten Stock, sondern lief die Treppen im hinteren Teil des Hauses hinauf bis vor eine graue Tür, auf die ein weißer Zettel geklebt war. Valerie las ihn grinsend und riss ihn ab, dann klopfte sie und trat ein, ohne eine Antwort abzuwarten.
    »Sie hätten zusperren sollen, Weinstein, und nicht nur darauf bauen, dass ich ihre Krankheitsgeschichte glaube«, sagte sie und ließ den weißen Zettel mit spitzen Fingern auf den Schreibtisch des Militärattachés fallen. »Sie glauben doch nicht, dass ich Angst vor Bazillen schleudernden Uniformträgern habe? Dazu war ich zu lange beim Militär, das sollten Sie bereits wissen.«
    Samuel Weinstein versuchte es mit einem unschuldigen Lächeln, das kläglich misslang. »Oh, Major Goldmann, lange nicht mehr gesehen. Schön, dass Sie wieder einmal vorbeischauen. Ich hatte Sie gar nicht erwartet. Es ist ja schon eine Weile her, seit Sie …«
    »… ein wenig Bewegung in Ihre ruhige Welt gebracht habe. Sie haben zugenommen, Weinstein«, fuhr

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