Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Narr

Narr

Titel: Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schilddorfer und Weiss
Vom Netzwerk:
einen 100-Tonnen-Kran an die Absturzstelle zu bringen, und sein Ausleger war so lang gewesen, dass er nicht zu nahe an das große Loch in der Straßendecke heranfahren musste und den Liebherr trotzdem sicher heben konnte.
    »Wie aufmerksam von dir, dass du mich erst später angerufen hast«, gab Berner zurück. »Und jetzt an die Arbeit. Die Spurensicherung ist weg, der Bagger auch gleich und dann lass uns hier in Ruhe umschauen. Bis Georg Sina am Zentralfriedhof auftaucht, haben wir noch eine knappe Stunde Zeit, genug, um hier alles auf den Kopf zu stellen und ein wenig Gedankenarbeit zu leisten. Und bevor ich es vergesse: Ruzicka liegt nach wie vor im Koma, aber er lebt.« Berner wollte »noch« hinzufügen, überlegte es sich dann aber doch. Man sollte den Teufel nicht an die Wand malen, dachte er und betrachtete aufmerksam die dunkelroten Wände mit den rätselhaften goldenen Buchstaben, während Burghardt ihm in kurzen Worten die Situation schilderte, die er am Morgen vorgefunden hatte.
    »Sag mal, Burgi, hat sich schon jemand Gedanken über diese Buchstaben gemacht?«
    »Bernhard, wir sind keine Spezialisten für kryptische Wandbilder, wir sind einfache Kriminalisten«, gab Burghardt zurück. »Und bevor du fragst, nein, auch über das Kreuz nicht. Wagner hat mir erzählt, dass genau dasselbe in Nussdorf ob der Traisen steht und Professor Kirschner in Blickweite davon ermordet wurde. Mehr weiß ich nicht.«
    Berner nickte. »Wer wird jetzt den Fall Kirschner übernehmen, weiß man das schon?«, erkundigte er sich.
    »Frag doch Paul Wagner, der weiß es schneller als der zuständige Kollege«, gab Burghardt mit todernster Miene zurück.
    Der Bagger war gänzlich aus dem Sichtfeld verschwunden und ein Feuerwehrmann gab, vom Rand des Loches winkend, Entwarnung. »Wir fangen jetzt mit den Abdeckungsarbeiten an«, rief er herunter.
    Langsam gingen die beiden Männer zu dem Kreuz im Halbrelief, das nun ohne grelles Scheinwerferlicht im Halbdunkel schmutzig gelb aussah. Darunter war eine Art Stufe aus Stein, etwa sechzig Zentimeter hoch und einen knappen Meter breit, die über die gesamte Länge der Wand lief.
    Berner ging in die Knie und schaute sich die beiden Eisenringe näher an. Sie mussten so alt wie der Raum selbst sein, halb vom Rost zerfressen. Ihr Durchmesser erinnerte Berner an irgendetwas, aber er konnte es nicht formulieren, der Gedanke blieb vage.
    »Wozu?« Berner hatte es leise gesagt und Burghardt schreckte aus seinen Gedanken hoch.
    »Wozu was?«
    »Warum hat man die junge Frau ausgerechnet hierher gebracht? Man hätte sie genauso gut in der Donau versenken können.« Berner zündete sich eine Zigarette an.
    »Ja, aber ohne den Bagger und seinen Absturz hätten wir sie nicht gefunden, vielleicht niemals«, gab Burghardt zu bedenken. »Dieser Raum war völlig unbekannt, jedenfalls sagt das der Schuldirektor und der sollte es wissen. Sacré-Cœur ist bereits seit mehr als hundert Jahren in dem Gebäude untergebracht.«
    »Und doch hat jemand davon gewusst, und zwar der oder die Mörder«, stellte Berner fest. »Er kannte den Zugang und schaffte die Leiche hierher.«
    »Also muss der Platz eine ganz bestimmte Bedeutung haben.« Burghardt setzte sich auf die Stufe und schaute zur schwarzen Türe mit der steinernen Umrandung. »Sicher auch die mystischen Kreaturen neben der Tür und die goldenen Buchstaben, die Symbole auf den Bodenplatten nicht zu vergessen. Es ist eine Art von Gesamtkunstwerk, dessen Bedeutung wir nicht verstehen. Wir sollten Professor Sina nach der Identifizierung bitten, hierherzukommen, was meinst du?«
    Berner nickte. »Einen Versuch ist es wert. Was weißt du über die letzten Stunden dieser Sharapova?«
    »Noch gar nichts«, gab Burghardt zurück, »ich wollte mit Professor Meitner darüber sprechen, aber der war nicht erreichbar. Stattdessen war Georg Sina am Apparat. Und der war ziemlich mitgenommen von der Nachricht.«
    Ein Feuerwehrmann erschien in der Türe mit zwei Handscheinwerfern, die er Berner und Burghardt in die Hand drückte. »Wir machen das Loch jetzt gleich ganz zu und dann werden Sie die brauchen«, meinte er.
    Berner ließ den starken Lichtstrahl aufflammen und hörte, wie große Aluminiumbleche auf vorbereiteten Traversen über das Loch geschoben wurden. Schlagartig wurde es dunkel. Der helle Kreis glitt über die Wände und den behauenen Türsturz, die schwarze Pforte und dann quer durch den Raum über die Bodenplatten bis auf das Kreuz und die Stufe.
    »Wir

Weitere Kostenlose Bücher