Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Narr

Narr

Titel: Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schilddorfer und Weiss
Vom Netzwerk:
vierten Dokument«, meinte Valerie niedergeschlagen. »Wir haben uns darauf verlassen, dass die Polizisten den Zugang bewachen. Aber das war ein Fehler, ein großer Fehler. Ich könnte mich …«
    »Das ehrt dich, bringt uns aber nicht einen Schritt weiter«, unterbrach sie Paul. »Ich frage mich, wie die so schnell hier sein konnten.«
    »In dieser Stadt werden immer mehr Überwachungskameras installiert«, brummte Berner, »und nur die wenigsten sind offiziell. Ich nehme an, ihr beide steht auf jeder nur erdenklichen Wunschliste. Jemand hat jemanden anderen informiert und der hat beim Höchstbieter angerufen. Das müsste Ihnen ja ein Begriff sein«, meinte er lakonisch zu Wagner.
    »Wie gewonnen, so zerronnen«, zitierte Georg und spürte, wie sein Zorn über die Ohnmacht der Situation in ihm hochstieg.
    »Noch ist nicht alles verloren«, sagte Paul, »du hast ja ein Foto gemacht, also haben wir diesmal etwas, worauf wir zurückgreifen können. Damit sollte die Entschlüsselung auch gelingen.«
    »Soll ich dir die Kamera aus dem Porsche holen?«, spottete Sina und deutete nach oben.
    »Handy-Empfang können wir hier vergessen«, warf Burghardt ein, der unter dem Kreuz saß und das Display seines Mobiltelefons nicht aus dem Auge ließ.
    »Hat irgendwer einen Satz Dietriche dabei?«, fragte Paul hoffnungsvoll in die Runde und ließ den Schein seiner Taschenlampe von einem zum anderen springen. Allgemeines Kopfschütteln war die Antwort. »Und ich dachte immer, das gehört zur Standardausrüstung jedes guten Kriminalisten«, murmelte er.
    »Sie sehen zu viele schlechte Krimis«, bemerkte Berner trocken und stieß Burghardt an. »Komm, Burgi, wenn wir schon hier sind und wie es aussieht noch etwas Zeit in trauter Gemeinschaft verbringen werden, dann lass uns nochmals den mysteriösen Toten anschauen. Vielleicht bringt uns der Zwerg aus der Vergangenheit auf irgendwelche Gedanken, wie wir hier rauskommen könnten.«
    »Ja, unser Freund Balthasar«, sagte Georg nachdenklich und zog den Brief Metternichs aus der Tasche. »Der Kleinwüchsige im Staatsfrack, der Meister der Rückversicherung.«
    »Du hast den Brief dabei?«, fragte Paul überrascht. »Ich dachte, du hast ihn im Wagen gelassen.«
    Sina schüttelte den Kopf. »Einige Dinge in dem Schreiben lassen mir keine Ruhe und ich dachte, vielleicht finden wir Hinweise, die Licht in das Schriftstück bringen könnten.« Er nahm dem Reporter die Lampe aus der Hand und richtete sie auf den Brief.
    »Hör zu. Metternich schreibt: ›
Vier Wege zum Wissen, vier Bausteine des Geheimnisses. Und doch – der doppelte Boden war eine geniale Idee von Dir.‹«
Er schaute Paul an. »Welcher doppelte Boden? Wo sollte der sein?«
    Burghardts Stimme kam aus dem Dunkel.
    »Wenn ihr hier herüber leuchten könntet, dann wäre uns schon viel geholfen. Ob doppelter Boden unter dem Sarg oder nicht, die Steinplatte ist verdammt schwer und ich möchte sie nicht aus Versehen auf meinen Füßen abstellen.«
    Valerie schaltete ihre Taschenlampe ebenfalls ein und im schwankenden, gelblichen Licht schienen die Schatten dem kleinen Skelett plötzlich Leben einzuhauchen. Die Reste des Staatsfracks verliehen dem Toten einen Hauch von Pomp und höfischer Eleganz längst vergangener Tage.
    Paul beugte sich fasziniert über den kleinen Leichnam. Er vergaß alle Vorsicht und schob ein paar der halb verfaulten Bretter beiseite, die wohl den Deckel gebildet haben mussten. Die Schuhe des Toten waren überraschend gut erhalten. Dann sah er plötzlich eine Art Schild, eine ovale Metallplatte, die unter einem der Bretter versteckt gewesen war. Mit spitzen Fingern fasste er das Medaillon und zog daran. Sofort war Georg an seiner Seite und begann mit einem Taschentuch die Oberfläche blank zu reiben.
    »Eine Art Funeralschild«, stieß er aufgeregt hervor, »vielleicht werden wir endlich wissen, wer hier begraben liegt.« Nach einigen Augenblicken kam im Licht der Taschenlampen eine Inschrift zutage. Georg las laut vor und seine Stimme hallte durch das Gewölbe:
    SISTE VIATOR GRADVM
INNITE IN BACULUM ET ECCE
IN HAC FOSSA QVIESCVNT OSSA
VIRI PARVIS UT FORTIS CLARISSIMI ET DOCTISSIMI
DOMINI BALTHASAR JAUERLING
CONSILIARII SECRETI IMP. ROM. JOSEPHI II
CELEBERRIMI
QVI
NEMINI VNQVAM NISI HAC MORTE INIVRIAM FECIT;
LICET IN HAC VITA IN IUDICIO VERSATVS
NUNC TAMEN VICIT SINE OMNI LITE
IN CAVSSA PROPRIA
CORAM TRIBVNALI DIVINO CHRISTO ADVOCATO
SIC ACTA FELICITER SUNT VICTA,
CVM DEBITVM NATVRAE SOLVERET
MORTE QVIDEM

Weitere Kostenlose Bücher