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Narr

Narr

Titel: Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schilddorfer und Weiss
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versuchte Sina zu helfen, indem sie mit einem Taschenmesser die gesprungenen Teile der Hand und der steinernen Schriftrolle wegsprengte. Steine rieselten an der Fassade der Universität herab und Berner empfand es als ein kleines Wunder, dass noch niemand die Polizei alarmiert hatte.
    Da hob Georg hob triumphierend den Arm und hielt einen kleinen Kupferzylinder hoch, der sich in der steinernen Schriftrolle befunden hatte. Er steckte ihn in sein Hemd und wenige Augenblicke später verschwanden Sina und Goldmann durch die Dachluke ins Innere des Hauses.
    Berner und Wagner gingen erleichtert hinüber zum Eingang der Universität und warteten darauf, dass die Agentin und der Wissenschaftler wieder zu ihnen stießen. Nach einem freundlichen Nicken in Richtung des Portiers, der etwas befremdet die Steinsplitter in Georgs Haaren betrachtete, machten sich alle zusammen auf den Weg durch den Resselpark zurück zu den Autos. Georg drückte den Kupferzylinder an seine Brust und hatte den Stock Jauerlings unter den Arm geklemmt.
    »Jetzt werden wir gleich wissen, was es mit dem Geheimnis Metternichs und seines Mentors auf sich hat«, sagte er leise zu Berner, der neben ihm ging. »Die Jagd durch halb Europa ist zu Ende. Nach fast zweihundert Jahren wird der kleine Zylinder endlich seine Schätze preisgeben.«
    Sie kamen vor die Karlskirche, wo eine Gruppe von Obdachlosen sich balgte, von kläffenden Hunden umringt. Tschak war in keiner sozialen Stimmung, hielt einen Respektsabstand und wechselte auf die andere Seite von Georgs Beinen.
    Einige Junkies standen da und grölten, die Bierdosen hochgestreckt, eine Freiheitsstatue der Trunkenheit. Als Berner, Paul, Georg und Valerie vorbeigingen, stolperte einer der Betrunkenen und fiel Goldmann vor die Füße. Alles lachte, Tschak bellte. Valerie wollte mit einem großen Schritt über den verwahrlosten Mann steigen, als er ihren Fuß packte und fest anzog, sie unbarmherzig zu Boden riss. Plötzlich waren alle Sandler nüchtern und hatten Pistolen in der Hand, die auf Sina, den Kommissar und Wagner gerichtet waren. Niemand sprach ein Wort. Nur das Knurren des kleinen Hirtenhundes war zu hören.
    Der große Mann, der sich aus der Gruppe löste, war genauso zerfleddert angezogen wie alle anderen, aber es ging eine Aura der Autorität von ihm aus. Er kam auf Georg zu und streckte einfach die Hand aus. »Es sind genug Menschen dafür gestorben, finden Sie nicht auch, Professor? Es wird Zeit, dass gewisse Dinge zu ihren rechtmäßigen Besitzern zurückkehren. Ich darf Sie also bitten?«
    Sina schob seine Hand vorsichtig in sein Hemd und zog den kleinen Zylinder hervor. Er hielt Tschak zurück, der an seiner Leine zog und knurrte. Valerie schaute zornig und machtlos vom Boden aus zu, den Fuß des Angreifers auf ihrer Brust und die Mündung seiner Waffe vor den Augen.
    Der Unbekannte nahm Sina den kleinen Behälter aus der Hand. Er tippte salutierend mit dem Finger an die Stirn und drehte sich zu Kommissar Berner.
    »Ich sollte vielleicht erwähnen, dass Sie alle noch ein paar Minuten hier stehen bleiben werden, bis wir endgültig verschwunden sind. Und dann, dann gehen Sie doch noch ein wenig spazieren oder kaufen sich einen Kaffee, aber zahlen müssen Sie ihn sich schon selbst. Habe die Ehre!«
    Damit drehte er sich um und verschwand zwischen den Obdachlosen, die mit einem Mal wieder laut wurden, sich einhakten und mit erhobenen Bierdosen vom Platz wankten. Tschak bellte ihnen wütend hinterher.

Buch 4
Der Soldat

2.9.2009
    Präsidentschaftskanzlei, Hofburg, Wien/Österreich
    D er grüne Salon in der ehemaligen Wohnung von Joseph II. in der Hofburg war seit 1946 das Arbeitszimmer der österreichischen Bundespräsidenten. Der große Raum, in dem bereits Balthasar Jauerling in seinem pompösen Staatsfrack zum Kaiser aufgeblickt hatte, wurde von zwei gewaltigen Gemälden dominiert. Das eine zeigte eine Gruppe von vier jungen Mädchen in der Kleidung griechischer Göttinnen nach der Mode des Rokoko vor einer Bergund Waldlandschaft. Auf dem anderen Bild erblickte man den voll besetzten Zuschauerraum eines kleinen Theaters. Am rechten Bildrand war ein Teil der Bühne zu erkennen.
    Lange Zeit war es ein Rätsel gewesen, was die beiden Gemälde darstellten. In den Sechzigerjahren fand man dann heraus, dass es sich bei beiden um Darstellungen aus der Oper »Il parnaso confuso« von Christoph Willibald Gluck handelte. Der Text dieser Oper stammte vom Hofdichter Maria Theresias, Pietro Antonio

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