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Narr

Narr

Titel: Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schilddorfer und Weiss
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Empfang.
    »Fünfter Stock«, rief Georg und eilte voran die Treppen hinauf, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, einen vergnügt bellenden Tschak an der Leine. Hinter ihnen hörten sie hastige Schritte und Rufe.
    An der Tür zum Büro seines Vaters nahm sich Georg nicht die Zeit, anzuklopfen, riss sie einfach auf und lief direkt der Sekretärin in die Arme, die ihn erst überrascht anschaute und dann lächelte, als Paul und Valerie hinter ihm in den Raum drängten.
    »Schön, dass Sie so rasch kommen konnten. Gehen Sie einfach hinein, er wartet bereits auf Sie und Kommissar Berner ist auch schon da«, sagte sie und runzelte die Stirn, als vor der Tür Stimmen laut wurden.
    »Kümmern Sie sich bitte um die Nachhut?«, meinte Paul grinsend, bevor er als Letzter im Büro des Polizeipräsidenten verschwand und drei erboste Polizisten die Tür zum Sekretariat aufrissen.
    Das Büro von Dr. Walter Sina wirkte mit der gepolsterten roten Doppeltür, der dunklen Holztäfelung, den Perserteppichen und den alten Stichen von Wien an der Wand fast gemütlich. Einem großen, überladenen Schreibtisch stand eine Sitzgarnitur gegenüber, die zu informellen Treffen einlud. Dort hatte bereits Kommissar Berner Platz genommen und blickte Valerie, Georg und Paul über eine dampfende Tasse Kaffee neugierig an, nachdem die empörten Stimmen der Polizisten bis hierher drangen.
    »Habt ihr euch danebenbenommen?«, brummte er schmunzelnd und wehrte Tschak ab, der ihn schwanzwedelnd begrüßte.
    »Wir haben das Empfangsverfahren etwas abgekürzt«, meinte Paul trocken und schüttelte dem Polizeipräsidenten die Hand. Paul hatte Georgs Vater vor langer Zeit kennengelernt. Sie hatten gemeinsame Wochenenden im Haus der Sinas verbracht, als sie noch zur Schule gingen. Danach war der Kontakt spärlicher geworden, schließlich ganz abgerissen. Aber Paul kannte Georgs Vater gut genug, um zu wissen, dass der massige, grauhaarige Mann unter Hochspannung stand.
    Der Polizeipräsident begrüßte Valerie herzlich. Sie hatten sich im vergangenen Jahr nach dem Ende des Abenteuers um das Geheimnis der beiden Kaiser ein paar Mal getroffen und Dr. Sina schätzte Goldmann, sowohl wegen ihrer Professionalität als auch ihrer Warmherzigkeit.
    Als die Tür sich öffnete und die Sekretärin ein Tablett mit Kaffeeund Teekannen und weiteren Tassen hereinbrachte, ging Dr. Sina zu seinem Schreibtisch und klappte seinen Laptop auf.
    »Ich möchte in der nächsten halben Stunde nicht gestört werden«, sagte er zu der netten Blondine, »von nichts und niemandem, außer dem Bundespräsidenten.« Seine Sekretärin nickte nur stumm und schloss die gepolsterte Tür leise hinter sich.
    Der Polizeipräsident drückte eine Taste seines Notebooks und eine ruhige, männliche Stimme erfüllte den Raum: »Sie wissen selbst, dass diese Republik in eine tiefe Krise geschlittert ist und sie ist damit innerhalb der Gemeinschaft der europäischen Staaten nicht die einzige. Ich will jetzt gar nicht ins Detail gehen …«
    Atemlos hörten Berner, Valerie, Paul und Georg der Unterhaltung des Bundespräsidenten mit dem unbekannten Anrufer zu. Niemand wagte sich zu rühren. Dr. Sina stand am Fenster und schaute scheinbar dem Verkehr auf der Ringstraße zu. Er wippte auf den Fußspitzen und seine Hände, hinter dem Rücken verschränkt, öffneten und schlossen sich unentwegt und verrieten seine Anspannung.
    »… Wägen Sie Ihre Schritte in den nächsten Stunden sorgsam ab. Wir sind überall, wir sehen alles, wir wissen alles, wir überwachen alles. Wir sind in den langen Jahren in jene Ränge aufgestiegen, wo die staatliche Kontrolle versagt, weil die Intimität zur Macht zu groß ist. Machen Sie keinen Fehler. Sie tragen die Verantwortung.«
    Das Tut-Tut-Tut der toten Leitung hallte unheimlich durch das große Büro. Dann schaltete Sina das Gerät ab.
    Georg malte Dreien auf die Tischplatte, während Berner gedankenverloren wieder und wieder seinen Kaffee umrührte. Paul stand auf und trat neben den Polizeipräsidenten ans Fenster.
    »Das war kein Scherz, nehme ich an«, sagte er leise und Dr. Sina schüttelte stumm den Kopf.
    »Selbst mein alter Freund Ebner war so verunsichert, dass er sich nicht traute, irgendjemanden außer mir anzurufen. Ich kann es ihm nicht verdenken«, erwiderte der Polizeichef.
    »Wie realistisch ist das Szenario?«, wollte Valerie wissen. »Spinnt hier jemand oder ist es tatsächlich möglich?«
    »Nach dem Mord an Panosch und Fürstl, nach den Demonstrationen

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