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Narr

Narr

Titel: Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schilddorfer und Weiss
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Generals von oben nach unten. »Der Wille des Volkes lässt sich auch mit den stärksten Waffen nicht lange unterdrücken und eine Streitmacht aus Soldaten kann das eigene Leben nicht schützen.«
    Paul und Georg wechselten Blicke.
    »Und zuletzt die beiden ›Helden‹ vom 18. Februar 1853«, schmunzelte der Alte.
    »Ich hätte es wissen müssen …«, seufzte Sina.
    Wagner wandte sich mit einem fragenden Blick an seinen Freund. »Ich aber nicht. Was war an dem Tag?«
    »Das Attentat auf den jungen Kaiser Franz Joseph auf der Kärntnertor-Bastei«, antwortete Georg. »Ein ungarischer Schneidergeselle namens János Libényi versuchte, den Kaiser mit einem gezielten Dolchstoß in den Rücken zu ermorden, und verletzte ihn aber nur leicht am Hinterkopf. Der Adjutant Maximilian Graf O’Donnell verhinderte das Schlimmste und streckte Libényi mit seinem Säbel nieder. Der Fleischermeister Joseph Ettenreich eilte ihm dabei tatkräftig zu Hilfe.«
    »Das sind also die beiden da.« Der Reporter deutete auf die zwei Figuren im Dunkel, weiter abseits. »Ein Fleischermeister unter lauter Adligen und Militärs …«
    »Die wirklichen Motive für das gescheiterte Attentat liegen bis heute im Dunkeln …«, murmelte Sina.
    »Du glaubst …?«, flüsterte Paul misstrauisch.
    Georg nickte. »Ich bin mir sicher. Der Schneidergeselle wurde schon acht Tage später durch den Strang hingerichtet.«
    »Schnellverfahren …«, kommentierte Wagner nachdenklich.
    Da bemerkte er das breite Grinsen auf Nachtigalls Gesicht, als der alte Mann im Schein der Fackeln mit singender Stimme vorzutragen begann:
    »Auf der Simmeringer Had’, hat’s an Schneider verwaht, es g’schicht ihm schon recht, warum sticht er so schlecht.«
    »Ja, genau«, brummte Sina, »so hat man damals in Wien gesungen.« Er wandte sich an Paul. »Der Bruder des Kaisers, Erzherzog Ferdinand Max, initiierte eine Sammlung und die Geldspenden sprudelten nur so. Mehr als 30000 Wiener folgten seinem Aufruf und so konnte zum Dank, dass dem jungen Kaiser nichts geschehen war, die Votivkirche errichtet werden.«
    »Ach ja, die pathetischen Wasa-Buben …«, seufzte Nachtigall leise
.
    »Ich glaube, es ist wirklich Zeit zu gehen!«, rief Wagner und zog Sina entschlossen mit sich fort. »Wir haben Ihre Zeit schon weit über die vertretbaren Grenzen der Gastfreundschaft hinaus strapaziert, Herr Nachtigall.«
    Auf dem Rückweg zum Schloss war Georg schweigsam und überließ Paul das Reden. Er drückte dem alten Mann nur wortlos zum Abschied die Hand und verschwand dann rasch in Richtung Pizza Expresss. Wagner dämpfte seine Fackel im taunassen Gras aus.
    »Das Zeichen des Todes«, flüsterte ein abwesend wirkender Nachtigall entsetzt, drehte sich um und verschwand ohne ein weiteres Wort um die Ecke des Schlosses, während ihm ein entgeisterter Paul nachblickte.
    Im Wagen saßen die beiden Freunde wortlos nebeneinander, jeder hing seinen Gedanken nach. Tschak hatte es sich auf der Rückbank bequem gemacht und war sofort eingeschlafen. Der Wissenschaftler schaute starr beim Seitenfenster hinaus, betrachtete erst den steinernen Doppeladler, der neben der Auffahrt zum Heldenberg als Wegweiser aufgestellt war, dann ließ er seine Blicke über die dunklen Fenster des Schlosses wandern. Im zweiten Stock sah er etwas, das ihn zutiefst berührte und zugleich erschreckte. Er blickte scheinbar genau in die Augen einer blassen jungen Frau in einem weiten, weißen Nachthemd, die dem Mazda aufmerksam hinterhersah.

Die Krone

Donaustadt, Wien/Österreich
    W alter und Manfred waren in ihren schwarzen Kampfanzügen so gut wie unsichtbar zwischen den nächtlichen Alteisenbeständen. Sie winkten Paul und Georg kurz zu, die ihren Weg durch das Labyrinth suchten, und zogen sich dann wieder in den dunklen Schatten der Wellblechbaracke zurück, in der Eddy Kupfer und andere Edelmetalle aufbewahrte. Zusätzlich lagerten nun fast einhundert Senfgasgranaten in dem unscheinbaren Verschlag.
    Die Werkstatt selbst glich einem Schlafsaal und aus allen Ecken tönte lautes Schnarchen, als Paul und Georg das schwere Tor aufdrückten und durchschlüpften. Tschak schlief im Wagen seit Stunden so fest, dass ihn nicht einmal die schnelle Fahrt zurück nach Wien aufgeweckt hatte.
    »Die Jungs haben Nerven wie Stahlseile«, flüsterte Paul, »ich könnte kein Auge zumachen unter diesen Umständen.«
    Im hell erleuchteten Büro saßen Eddy, Berner und Johann vor drei Tassen starkem Kaffee und blickten erwartungsvoll auf,

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