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Narr

Narr

Titel: Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schilddorfer und Weiss
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viele von den Fässern wie nur möglich und seht zu, dass das Zeug hier reinrinnt! Hört ihr?«, befahl Johann. Die Gedanken des Sprengstoffexperten rasten. Dann sah er an sich herunter und bemerkte die dunkelgelbe Flüssigkeit, die sein Gewand durchtränkt hatte.
    Der schmächtige Mann spürte, wie sich die Leere in ihm ausbreitete. Er schloss die Augen, legte den Kopf in den Nacken und sog die Luft ein. Er hatte die Feuchtigkeit auf seinem Körper für sein Blut gehalten.
    Weit entfernt krachte Holz und es plätscherte. Johann öffnete die Augen und sah zu, wie sich der Schnaps literweise in die Kammer ergoss.
    Pauls Gesicht tauchte plötzlich in dem Gewölbeloch auf. »Wir demolieren hier ein Vermögen, ist dir das klar?«, rief er herunter. »Hier lagern Hektoliter der besten Jahrgänge vor dem Zweiten Weltkrieg.«
    »Ganz egal«, erwachte Johann aus seiner Erstarrung. »Der Ether, also der Whisky, löst die Senfgasverbindungen auf. Dampft man die Lösung aus, ist das Dichlordiethylsulfid wieder voll einsatzfähig. Es gibt nur einen Ausweg: Man verbrennt es. Also werft die Fassdauben der Whiskyfässer auch gleich hier herunter.«
    »Okay! Geht Cognac auch?«, erkundigte sich Wagner.
    »Je mehr Hochprozentiges, desto besser! Und beeilt euch, sonst ist alles aus.« Johann ruderte mit den Händen, um die Dringlichkeit zu unterstreichen. »Schneller! Wir müssen hier waten in dem Zeug.«
    Er ging in die Hocke und versuchte verzweifelt, sich auf die roten Zahlen zu konzentrieren, die über die Anzeige huschten. »Simpler Mechanismus, ganz einfach, kein Problem …«, flüsterte er und die Tränen rannen ihm über sein zerschundenes Gesicht.
    Sina zerschlug mit einer Fassdaube die Verankerungen der Fässer, die lospolterten in Richtung Loch.
    Paul nahm dem toten Soldaten die Dienstwaffe aus den skelettierten Fingern. »Danke, Towarisch«, murmelte er und zielte auf die Fässer. Mit mehreren Schüssen durchlöcherte er das Holz und Hunderte Liter feinster Spirituosen flossen aus, durch das schmale Loch und ergossen sich über Johann und das Senfgas.
    »Und was jetzt?«, rief Paul atemlos Johann zu.
    »Jetzt runter mit euch beiden, schnell!«
    Als Sina und Wagner wieder neben Johann standen, wateten sie knietief in Whisky.
    »So, jetzt haut ihr zwei ab.« Der Sprengstoffexperte sah sie ernst an, doch dann lächelte er über das ganze Gesicht.
    »Aber wir können dich doch nicht hier zurücklassen«, rief Paul und packte Johann am Arm.
    Mit unerschütterlicher Ruhe nahm der schmächtige Mann Wagners Hand von seinem Oberarm. »Klar könnt ihr das. Beeilt euch. Euch bleibt gerade noch eine Minute. Keine Angst, ich komme gleich nach.« Johann lächelte unbeirrt und deutete mit dem Kopf auf den Stollen.
    »Gut, Johann, aber mach schnell!« Paul drehte sich um und rannte los.
    Sina blickte Johann in die Augen, sah die Tränenspuren und gab ihm die Hand. Beide nickten stumm. Dann drehte sich Georg um und verschwand so schnell er konnte im Stollen.
    Johann schaute ihm kurz nach und wandte sich wieder dem Senfgas zu. Sein Blick wurde hart.
    »Die Bombe geht hoch, wenn ich es sage und nicht ihr …«, flüsterte er. Dann griff er in seine Hosentasche und zog sein Zippo-Feuerzeug heraus. Mit einem hohen metallischen Ton sprang der Deckel der Hülle auf. Johann schloss die Augen, atmete durch und drehte das Reibrad. Der Feuerstein gab einen Funken und der Docht entzündete sich. Im nächsten Augenblick schoss mit einem bedrohlichen Fauchen eine Stichflamme auf, weitete sich aus, leckte an den Wänden hoch und sprang durch das Loch in den darüberliegenden Keller. Sie schien zu leben, wütend und unersättlich. Da raste der Feuersturm auch schon zurück und der Alkohol an und um Johann entzündete sich explosionsartig. Dann stürzte sich die Flamme hungrig auf das Senfgas.
    Georg sah Paul vor sich durch den engen Stollen jagen. Er versuchte Schritt zu halten, aber Paul war immer um den entscheidenden Tick schneller. Schon sah er den Reporter im Tageslicht abspringen und sich durch das Loch im Kirchenboden nach oben ziehen. Im nächsten Augenblick spürte er einen heftigen Schlag auf die Stirn und es wurde dunkel.
    Paul rollte auf dem Rücken über die kalten Zementfliesen und presste die Unterarme in seinen Bauch. Seine Lungen brannten wie Feuer, aber er wusste, dass es noch nicht überstanden war. Sie mussten aus dieser Kirche heraus, aus diesem Tempel des Todes.
    Wo bleibt nur Georg, schoss es ihm durch den Kopf und er robbte auf

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