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Narr

Narr

Titel: Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schilddorfer und Weiss
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öffnete sich vor dem ersten Wagen des Konvois, schloss sich aber sofort danach wieder, wie eine homogene Masse, die im Fluss war und die niemand aufhalten konnte. Der Dienstwagen des Ministers war nun vollends in die aufgebrachte Menschenmenge eingetaucht. Dumpf knallten Gegenstände auf das Dach und gegen die Seitenwände des gepanzerten Mercedes. Durch das Seitenfenster beobachtete Fürstl, wie sich die Uniformierten bemühten, die Demonstrierenden von der Limousine wegzudrängen. Einige droschen mit ihren Schlagstöcken auf zusammengekauerte oder panisch zurückweichende Jugendliche ein. Andere setzten ihre Schilde ein, um eine Gasse zu bilden, die aber immer wieder einbrach.
    »Wenn das nur gut geht«, murmelte der Chauffeur und schickte noch ein Stoßgebet zum Himmel. Er sah, wie die Polizei Gewalt mit Gewalt beantwortete, drehte sich zaghaft um und fragte Fürstl: »Können Sie das vertreten, Herr Minister?«
    »Pflicht ist Pflicht«, bellte der Innenminister aus dem Fond. »Ich könnte noch viel weniger damit leben, wenn ich es nicht getan hätte.«
    Der Chauffeur drehte sich kopfschüttelnd wieder nach vorne, als zwei Vermummte auf die Motorhaube des Mercedes sprangen und mit ihren Fäusten gegen die Windschutzscheibe trommelten. Der Fahrer schrie auf und machte gleichzeitig eine Vollbremsung, die den gepanzerten Wagen durchschüttelte.
    »Geben Sie Gas!«, rief Fürstl. »Oder wollen Sie noch länger hierbleiben?«
    »Aber die Menschen …!« Der Mann am Steuer war entsetzt und verlor damit wichtige Sekunden.
    »Ich sehe keine Menschen, nur einen aufgebrachten, mordlüsternen Mob!«, brüllte der Minister.
    In diesem Moment geschah das Unmögliche: laut krachend zerbarst das Seitenfenster, das Panzerglas war von einem in Watte gepackten Gegenstand durchbohrt und zerschmettert worden.
    Fürstl war wie vor den Kopf gestoßen. Eine Hand in einem schwarzen Handschuh schob sich blitzschnell durch das entstandene Loch in das Wageninnere und entriegelte mit einem Griff die Tür. Im nächsten Augenblick wurde der Innenminister grob gepackt und aus der Limousine gezerrt. Der alte Mann konnte das Gesicht des Fremden unter seiner schwarzen Maske nicht erkennen, er hörte nur eine Stimme an seinem Ohr, die trotz des Lärms um ihn herum erstaunlich klar klang: »Komm, du Schwein, wir machen einen Ausflug.«
    Zwei Sicherheitsbeamte hatten trotz des Chaos, das um sie herrschte, den Angriff auf den Minister bemerkt und eilten ihm sofort zu Hilfe. Sie kamen nicht weit. Mit einer routiniert wirkenden Handbewegung zog der Unbekannte eine Glock mit Schalldämpfer und benutzte den zappelnden Minister als lebenden Schutzschild. Es gab zwei Mal einen leisen Knall und der Maskierte gluckste vergnügt, als die beiden Polizisten schwer verletzt zu Boden stürzten. Er hatte sie genau zwischen Helm und Brustpanzer in den Hals getroffen.
    Zufrieden darüber, dass er nur zwei Schüsse gebraucht hatte, wedelte er mit der Pistole vor Fürstls Gesicht herum. »Tja, Herr Minister, das war wohl nichts. Das sollten ihre Schergen eigentlich besser können. Gewogen, gemessen und nicht für gut genug befunden«, meinte er trocken und stülpte dann Fürstl rasch einen schwarzen Sack übers Gesicht.
    Es dauerte nur wenige Augenblicke, dann kreischten die ersten Demonstranten auf, als sie sahen, dass Blutfontänen aus den Hälsen der beiden Polizisten spritzten und die Männer sich zuckend auf dem Boden wälzten. Dann brach Panik aus. Alle rannten wild durcheinander, kopflos wollte sich jeder nur noch in Sicherheit bringen. Zögernde wurden einfach überrannt, Menschen trampelten alles nieder, was ihnen in den Weg kam, und die Einsatzeinheit des Innenministeriums ging hilflos im Getümmel unter.
    Um Fürstl herum war alles schwarz, unter der Kapuze war es unerträglich heiß und er konnte kaum noch atmen. Die Geräusche der Außenwelt drangen nur gedämpft an sein Ohr. Trotzdem vernahm er Schreie, Schüsse und Polizeisirenen. Erbarmungslos wurde er durch die Menge gezogen, angerempelt und gestoßen. Der Angreifer war ganz offensichtlich nicht mehr alleine, denn ein weiteres Paar Hände hielt ihn nun fest umklammert, zog ihn vorwärts. Dann wurde es ruhiger, aber die Unbekannten zerrten ihn weiter. Fürstl hatte keine Ahnung, wo sie waren, aber in jedem Fall konnte er nicht mehr mit der Hilfe seiner Beamten rechnen. Das Ministerium und die Einsatzkräfte waren bereits zu weit entfernt. Dann hörte er mit einem Mal, wie die Hintertür eines

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