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Narr

Narr

Titel: Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schilddorfer und Weiss
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kleinen Schweinchen macht, die zu viel plappern?«, brüllte er den Gefesselten an, der hysterisch den Kopf schüttelte. »Man schlachtet sie und macht Spanferkel draus!«, kreischte er und klatschte in die Hände. »Säbel!«, brüllte er und streckte die Hand aus, um sie dann mit der Waffe in einer weit ausholenden Bewegung auf den Kopf des Ministers niedersausen zu lassen.
    Fürstl wollte schreien, aber das Textilklebeband presste ihm den Mund zu. Warm rann ihm das Blut über die Augen und ein brennender Schmerz fraß sich in sein Gehirn.
    »Wehe dem, der unsere Ruhe stört. Wir sind nicht tot, nur weil wir schweigen«, keuchte der Mann, ließ den Säbel sinken und dann mit lautem Klirren auf den Boden fallen. »Blutung stillen! Ich habe noch etwas vor mit ihm«, befahl er seinen Begleitern.
    Die beiden Männer in den schwarzen Tarnanzügen wechselten entsetzte Blicke. Dann griff der eine zum bereitgestellten Erste-Hilfe-Kasten und begann mit geschulten Handgriffen den wimmernden Minister zu versorgen. Als er fertig war, hielt er inne, kauerte sich nieder und ließ den Kopf sinken. Aber dann fasste er sich ein Herz und sagte leise: »Meinen Sie nicht, wir sollten die Sache lieber schnell und …«
    Mit einem einzigen Satz war der Anführer plötzlich neben dem Maskierten, packte ihn am Kragen seines Kampfanzuges und zog ihn hoch. »Jaaa, was ist?«, zischte er durch die Zähne und spuckte dem Mann gezielt durch den Sehschlitz seiner Maske ins Auge. Der senkte den Blick, wischte sich über das Gesicht, schüttelte nur den Kopf und beugte sich wieder über den Verletzten.
    »Ich denke, er hat recht …«, versuchte der andere, ihm zu Hilfe zu kommen, aber im nächsten Augenblick blickte er in die Mündung der Glock.
    »Wünsche, Beschwerden, Anregungen?« Die Pistole zitterte keinen Millimeter. Über Kimme und Korn ließ der unmaskierte Mann seinen Mitstreiter nicht aus den Augen.
    »Ich meine nur auch, dass es besser wäre, die Sache sauber und schnell …«, wagte der Eingeschüchterte trotzdem einen erneuten Versuch. Aber sein Gegenüber begann nur laut die Melodie von Haydn zu singen. Dann verfiel er in einen Singsang, der allen die Gänsehaut über den Rücken jagte: »Tut uns leid, im Augenblick sind alle Leitungen besetzt. Ein Servicemitarbeiter wird sich in Kürze bei Ihnen melden. Wenn Sie uns eine Nachricht hinterlassen wollen, dann machen Sie das bitte nach dem Signalton.« Er drückte den Abzug, der Hahn der Automatik schnellte vor, traf auf die leere Kammer und klickte laut. Der Maskierte riss instinktiv die Arme nach oben und wandte sich dann kopfschüttelnd ab.
    Der Anführer steckte seine Glock wieder ein und lächelte zufrieden. Dann strich er sich über den Bauch, streckte sich und rief gut gelaunt: »Ach, ist das schön, wenn sich alle einig sind und mit vereinten Kräften an einem Strang ziehen!«
    So schnell, wie seine gute Laune gekommen war, so rasch verflog sie wieder. Er fuhr herum, packte Fürstl am Kinn und zwang den Gefesselten, ihn anzusehen. »Weißt du, was jetzt kommt, du schwitzende Karikatur? Darauf freue ich mich schon den ganzen Tag. Zuerst werde ich dir einen Grillspieß in dein voll gefressenes Bäuchlein stechen. Das gehört sich so für ein Spanferkel.« Schrill kichernd rammte er dem Minister eine Fingerspitze in den Magen. »Dazu muss ich dir aber erst deinen feinen Zwirn ausziehen. Wir wollen ja nicht, dass er schmutzig wird. Sonst wird aus der eBay-Versteigerung nichts und deine Fans sind traurig, weil sie kein persönliches Erinnerungsstück von dir ergattern können.«
    Wie ein venezianischer Tuchhändler prüfte er am Revers des Anzuges die Stoffqualität. Mit vorquellenden Augen beobachtete Fürstl sein Tun. »Schade, den Einkaufspreis wird er nicht mehr einbringen. Aber es ist ja für eine gute Sache.« Er zog den zweiten Stuhl näher und setzte sich. »Als geschichtsbewusster Mensch weißt du ja sicherlich, wohin das Ganze führt. Oder?«
    Der Minister nickte langsam, während sein Blut den provisorischen Verband durchtränkte und ihm erneut über die Augen rann.
    Dann fing er an zu beten.
    Schloss Schönbrunn, Wien/Österreich
    G eorg warf zufrieden einen Kontrollblick auf seine Armbanduhr. Es war genau 19:00 Uhr. So überpünktlich bin ich nur, wenn es um Frauen geht, dachte er lächelnd und blickte sich suchend nach Irina um. Vor dem Eingang zum Sommerpalast der Habsburger herrschte das übliche Gedränge. Touristengruppen schoben sich vom Bus zum großen Tor, um

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