Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Narr

Narr

Titel: Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schilddorfer und Weiss
Vom Netzwerk:
Transporters geöffnet wurde, ein Geräusch, das er Hunderte Male vernommen hatte, jedoch noch niemals so bewusst wie in dieser Sekunde. Kräftige Hände hoben den massigen Mann mühelos hoch und warfen ihn Kopf voraus auf den Boden des Laderaumes. Fürstl war betäubt vom Sturz, aber er glaubte drei Personen in den Laderaum einsteigen und die Türen zuschlagen zu hören.
    »Hebt ihn auf und setzt ihn dort hin«, befahl die Stimme des Angreifers, der Fürstl aus der Limousine gezerrt hatte. Dann geschah etwas Kurioses: Der Mann summte vergnügt eine bekannte Melodie von Joseph Haydn, so, als befände er sich auf einer Vergnügungsreise durch sommerliche Landschaften.
    Hände rissen Fürstl hoch und fesselten den Minister an einen Stuhl. Nach einem heftigen Ruck wurde die Kapuze von seinem Kopf gezogen und der alte Mann blickte direkt in das gleißende Licht einer Lampe. Fürstl war geblendet, zwinkerte und versuchte vergebens, irgendetwas zu erkennen. Panische Angst krallte sich in seinen Bauch, aber er wollte es sich um keinen Preis anmerken lassen. »Was soll das sein, du Kanaille«, keifte er trotzig, »das Deutschlandlied?«
    »Ich bin überzeugt, das singst du viel schöner als ich«, kam es aus dem Lichtkegel und eine kräftige Hand im schwarzen Handschuh tätschelte die Wange des Ministers. Dann sah Fürstl erstmals seine Angreifer, als einer der Männer die starke Lampe an der Decke des geräumigen Laderaumes befestigte und zurücktrat.
    Drei maskierte Gestalten in schwarzen Kampfanzügen lungerten in aller Seelenruhe vor ihm herum, zwei an die Wand des Transportes gelehnt und einer direkt gegenüber auf einem weiteren Sessel. Er wippte stumm auf den beiden Hinterbeinen des Stuhles wie ein ungehorsamer Schüler. Als er endlich zu reden begann, wusste Fürstl, dass es der Mann war, der ihn aus dem Wagen geholt und seine beiden Polizisten ermordet hatte.
    »Weißt du, Fürstl, warum ich mir so gerne Länderspiele zwischen Österreich und Deutschland im Fernsehen anschaue?«, fragte ihn der Vermummte mit sanfter Stimme.
    »Keine Ahnung. Wegen Cordoba?«, schnappte der Minister.
    Der Fremde lachte laut auf. »Ach wo, dieser alte Hut! Es interessiert in Wahrheit doch niemanden mehr, welche Tore vor Urzeiten in Argentinien geschossen worden sind. Außer vielleicht ein paar ewiggestrige Sportjournalisten.«
    Seine nächste Frage traf den Innenminister unvorbereitet. »Wobei wir schon beim Thema sind. Wie geht es eigentlich deinen Freunden in Argentinien?« Als Fürstl stumm blieb, winkte er großzügig ab. »Ach egal, brauchst nicht zu antworten. Also, der Grund, warum ich mir so gerne Länderspiele zwischen Österreich und Deutschland ansehe, obwohl ich kein Fußballfan bin, ist ganz einfach: weil sie da unsere beiden Hymnen hintereinander spielen. Erst die eine, dann die … improvisierte.«
    »Vollkommen verrückt«, schoss es Fürstl durch den Kopf, »der Kerl ist völlig irre.« Er beschloss, bis auf Weiteres zu kooperieren und die erste Gelegenheit zu nützen, um seinen Angreifern zu entkommen.
    Der seltsame Mann sah sich demonstrativ nach allen Seiten um und beugte sich dann zum Minister. »Heiß ist es hier, findest du nicht auch?« Er wartete kurz auf eine Antwort, aber der alte Mann schwieg. Da zuckte der Unbekannte mit den Achseln, zog sich die Maske vom Kopf und lachte dem Minister ins Gesicht.
    »Du bist es?« Verzweifelt rüttelte Fürstl an seinen Fesseln, aber sie gaben nicht nach.
    Der Mann konnte nicht aufhören zu lachen. »Ja«, stieß er schließlich atemlos hervor, »die Rebschnüre sind besser geworden, seit sie den alten Latour an das Fenster gebunden haben. Weißt du, die Schatten der Vergangenheit holen dich immer wieder ein. Jede Tat ist wie ein Bumerang. Kaum hast du ihn geworfen, knallt er dir schon wieder an die hohle Birne.« Laut kichernd tätschelte er die Glatze des Ministers.
    »Du Terrorist! Du Volksaufwiegler! Schmieriger Intrigant!«, brüllte Fürstl, aber ein breiter Streifen schwarzes Textilklebeband erstickte seinen Redefluss.
    »So, jetzt halten wir aber unser vorlautes Mundwerk. Es hat schon viel zu viel geplaudert«, trällerte der Fremde und strich mit seinen Fingern den Klebestreifen glatt. »Was du als Herr Minister für Worte kennst, Konrad. Solltet ihr nicht Vorbilder für unsere Jugend sein?« Plötzlich und ohne Vorwarnung verzerrte sich sein Gesicht zu einer zornigen Grimasse. »Du bist eben doch nur ein fettes Schwein! Und weißt du, was man mit vorwitzigen,

Weitere Kostenlose Bücher