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Narr

Narr

Titel: Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schilddorfer und Weiss
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englischen Luxusmarke schwer und kantig wirkende Rolls-Royce schien trotz allem mehr zu schweben als zu fahren, denn weder die Unebenheiten im Straßenbelag noch die Fliehkraft beim Abbiegen waren zu spüren.
    So fühlt sich ein Auto mit Klasse an, schwelgte Georg trotz seiner Anspannung, egal, wie sehr sie uns ihre runden Micky-Maus-Karosserien mit diversen elektronischen Gimmicks anpreisen. Hier spürt man Holz, wo Holz ist, und Metall, wo Blech ist. Dann beäugte Georg die Champagnerflasche. »Weder meine Marke noch mein Kaliber. Haben Sie nichts Stärkeres an Bord? Mir ist etwas flau geworden … Einen Wodka vielleicht?«, fragte er seine beiden Begleiter.
    Plötzlich drehte sich der Beifahrer um und reichte dem Wissenschaftler eine Flasche »Zubrowka« nach hinten.
    »Respekt, meine Herren! Die bevorzugte Hausmarke des Fahrgastes. Woher wissen Sie, dass ich polnischen Büffelgraswodka allem anderen vorziehe?« Doch in diesem Augenblick bemerkte Georg die Karte am Flaschenhals und las: »Herrn Professor Sina, mit den besten Empfehlungen des Hauses. Jedoch fehlt Ihnen noch etwas …«
    »So? Was fehlt mir denn noch?«, wunderte sich Georg, aber da hielt der Beifahrer bereits eine Flasche naturtrüben Apfelsaft in der Hand und reichte sie nach hinten.
    »Danke, jetzt bin ich vollends überzeugt«, sagte Sina, erfreut – diese Details konnte eigentlich nur Irina kennen.
    »Zum Genießen muss ich allerdings die Maske abnehmen«, informierte er die beiden Fahrer und wollte die Volto nero absetzen, aber eine Handbewegung gebot ihm, noch kurz zu warten. Dann zog der Beifahrer schnell den Vorhang zum Fond zu und sperrte damit die Außenwelt völlig aus.
    Stadteinfahrt West, Wien/Österreich
    D ie Scheinwerfer des alten Porsche schnitten durch die Dunkelheit und verloren sich schließlich im hellroten Licht der Straßenbeleuchtung, als sie Wien erreichten. Paul Wagner und Kommissar Berner waren schweigend bis zur Stadtgrenze gefahren, jeder in seiner eigenen Gedankenwelt versunken. Ruzicka war von den Ärzten in ein künstliches Koma versetzt worden, aber viele Hoffnungen hatte ihnen die Stationsärztin in St. Pölten nicht gemacht. »Es gibt Fälle, da ist unsere ärztliche Kunst am Ende ihrer Weisheit. Da entscheidet jemand anderer …« Ihre Worte klangen Berner noch immer im Ohr. Darüber, wie Ruzicka den Tod seiner Frau aufnehmen würde, wollte der Kommissar gar nicht nachdenken. Er ertappte sich bei dem Gedanken, dass es Ruzicka vielleicht erspart bleiben würde …
    »Fassen wir nochmals zusammen, was wir herausgefunden haben«, meinte Wagner und holte Berner aus seinem Brüten. »Der Lenker eines zweiachsigen, roten Mercedes-Benz Actros wartet auf den Peugeot Ruzickas zweihundert Meter vor der Kreuzung auf einer kleinen Ausweiche neben der Straße. Er raucht nicht oder wirft seine Zigarettenstummel nicht weg. Aber er montiert, den Fußspuren nach zu urteilen, die Nummernschilder ab. Also ist der Lkw nicht gestohlen, was sich mit den Ergebnissen der polizeilichen Fahndungslisten von heute deckt.«
    Berner nickte.
    »Von seiner Position aus sieht er den Wagen Ruzickas auf eine lange Gerade einbiegen und er fährt los. Es ist Sonntag, weniger Verkehr als üblich, und er kann in Ruhe auf den Peugeot warten, selbst mitten auf der Fahrbahn stehend. Dann gibt er Gas und trifft den Wagen ziemlich genau in der Mitte. Was mich darauf schließen lässt, dass er das nicht zum ersten Mal macht. Außerdem hat er den Lkw dafür präpariert: Ein großer Kuhfänger soll den Lastwagen schützen und verhindern, dass die Polizei Lackspuren auf Ruzickas Wagen findet.« Wagner beschleunigte auf der doppelspurigen Straße entlang des Wienflusses stadteinwärts, fuhr bei Gelb über eine Ampel und warf einen kontrollierenden Blick in den Rückspiegel. Niemand war ihnen gefolgt.
    Kommissar Berner spürte eine Welle der Wut aufsteigen.
    »Wie die Jungs von der Spurensicherung feststellten, fuhr der Lkw nach dem Unfall in Richtung Wien weiter und blieb noch vor der ersten Kurve in der Einfahrt eines unbefestigten Feldweges stehen. Die Reifenspuren stimmen mit denen der anderen Ausweiche überein. Ich nehme an, da hat der Fahrer die Kennzeichen wieder angeschraubt und ist in aller Ruhe nach Wien zurückgefahren. Er wird niemandem aufgefallen sein, weil der Wagen keine offensichtliche Beschädigung aufwies. Und selbst dann …« Wagner dachte daran, wie oft drei Augenzeugen vier unterschiedliche Versionen eines Hergangs schilderten.
    »Das

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