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Narr

Narr

Titel: Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schilddorfer und Weiss
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zu gehen.
    Der Lenker des Transporters warf inzwischen ein dickes Seil mit einem eleganten Schwung über den Arm einer Straßenlaterne und knotete rasch und gekonnt eine Schlinge in ein Ende. Dann schlang er sie um den Hals des röchelnden und halb bewusstlosen Innenministers.
    »Ich hoffe, du weißt die Stelle zu würdigen«, zischte er dem blutüberströmten Fürstl zu. »Es ist ein Nachguss der originalen Kandelaber der Imperial Gaslight Association. Wir haben keine Mühe gescheut. Ich hätte dich ja gerne selbst erwürgt, aber die Fingerchen von meinen kleinen Patschehändchen reichen leider nicht um deinen fetten Hals! Grüß den Teufel von mir.« Dann zog er mit aller Kraft am Seil und Konrad Fürstl baumelte mit zappelnden Beinen an der Laterne.
    »Das ist mein ganz persönliches Mahnmal dafür, dass deine Freunde und Kollegen auf ihrem Triumphwagen nicht vergessen, dass sie sterblich sind!«, kreischte der Vermummte und schlang das Seil mehrmals um den Laternenmast. Dann zog er die Glock und schoss wie besessen laut lachend auf den Gehenkten, bis schließlich ein metallisches Klicken des Hahns verkündete, dass er das Magazin restlos geleert hatte. Da packten ihn die beiden anderen Maskierten plötzlich und zerrten ihn mit sich fort zum Wagen. Zunächst wehrte er sich, verstand nicht, warum sie ihn mitzogen, doch dann sah er mehrere Polizisten aus der Dunkelheit auftauchen und auf sie zustürmen.
    Mit quietschenden und durchdrehenden Reifen setzte der Klein-Lkw zur Flucht an, rumpelte über Gehsteige und Grünanlagen. Exekutivbeamte stellten sich ihm in den Weg, eröffneten das Feuer, aber sprangen schließlich doch zur Seite, nachdem der Kleintransporter direkt auf sie zuhielt. Dann hatte der weiße Transporter das Burgtor fast erreicht und schoss mit aufheulendem Motor auf die Arkaden zu, als ein Streifenwagen sich quer stellte und die Durchfahrt zur Ringstraße versperrte. Der Fahrer des Transporters fluchte laut, rammte den Passat der Polizei und schob ihn so lange vor sich her, bis der Einsatzwagen an einen Pfeiler der wuchtigen Torbögen prallte und sein Folgetonhorn verstummte.
    Mit aller Kraft versuchte der Fahrer, den angeschlagenen Kleintransporter in der engen Durchfahrt unter Kontrolle zu bekommen. Trotzdem konnte er nicht verhindern, dass er mehrmals im Inneren des Tores Steinpfeiler touchierte, an der Wand entlangschrammte und den Motor abwürgte. Der weiße Lieferwagen blieb schließlich schwer beschädigt auf der offenen Fläche zwischen Ring und Burgtor liegen. Aus mehreren Einsatzfahrzeugen sprangen schwer bewaffnete Polizisten und eröffneten sofort das Feuer. Die Scheiben des Kleintransporters explodierten im Kugelhagel und Glassplitter stoben wie Schrapnelle durch das Führerhaus. Die drei Männer suchten in dem Wageninneren nach einer Deckung, die es nicht gab.
    Der Lenker, wie durch ein Wunder nur leicht an der Schulter verletzt, startete den Motor erneut, legte den ersten Gang ein und gab blind Vollgas. Ungebremst durchbrach der Transporter die Polizeisperre, raste über die Hauptfahrbahn der Ringstraße, holperte über den Grünstreifen und kam an einem niedrigen, aber stabilen Metallzaun zum Stehen. Der Fahrer ließ sich sofort aus dem Wagen fallen und fand sich neben einem Kanaldeckel wieder. »Wenn das kein Fingerzeig des Schicksals ist«, kicherte er. »Mir nach, meine Getreuen!«, rief er, bekam aber keine Antwort. Seine beiden Adjutanten lagen tot und mit verdrehten Gliedern im Führerhaus.
    Er verlor keine Sekunde. »Auch gut«, gluckste er, »keine Zeugen, keine Probleme.« Während sich die Polizisten vorsichtig und mit gezogenen Waffen dem Fahrzeug von der anderen Seite her näherten, öffnete der Maskierte ächzend den Kanaldeckel und verschwand spurlos in der Wiener Unterwelt. Für einige Augenblicke lag eine bekannte Melodie von Haydn in der Luft.
    Gallitzinberg, Wien/Österreich
    G eorg nippte genüsslich an seinem Drink, als er bemerkte, dass die Route schon längere Zeit bergauf führte. Er konnte seine Neugier nicht mehr im Zaum halten, stellte das Glas ab und begann, den Vorhang vor dem Fenster aufzuknöpfen. Enttäuscht musste er jedoch feststellen, dass man das klassische Automobil mit einigen hochmodernen technischen Finessen nachgerüstet hatte. Die Scheibe war auf Knopfdruck undurchsichtig geworden und verhinderte so jeden Blick nach innen, aber auch nach außen.
    Verärgert trommelte Sina mit den Fingerspitzen auf die Lederbank und begann Dreien auf seine

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