Narrenspiel: Peter Nachtigalls dritter Fall (German Edition)
bestreiten! ›Gameboy und Co – ab ins Klo‹?«
Norbert Hannemann war hochrot im Gesicht und wischte sich immer wieder den Schweiß von Oberlippe und Stirn.
»Sie wussten doch schon vorher, welchen Standpunkt wir vertreten! Das war nichts Neues. Und natürlich polarisieren manche Wahrheiten! Das liegt in der Natur der Sache.«
Das hat doch alles keinen Sinn, dachte Paul resigniert und versuchte, den pulsierenden Kopfschmerz hinter seiner Stirn zu ignorieren. Wahrscheinlich regte dieser Hannemann sich nur so auf, weil er das Anliegen der Mind Watchers auch nicht begreifen wollte. Und vielleicht sollte er wirklich mehr Verständnis für diesen wutschnaubenden Einsatzleiter aufbringen; schließlich waren fünf seiner Beamten verletzt worden – und 15 Mind Watchers hatte man verpflastert, verbunden und bei Dreien – darunter auch bei ihm – in der Notaufnahme des Klinikums eine Platzwunde an der Stirn nähen müssen.
»Hören Sie«, begann er ruhiger, »es tut mir leid. Wir hatten nicht damit gerechnet, dass man uns angreifen würde. Wir dachten eher an Beschimpfungen und Diskussionen. Wir sind absolut gewaltfrei – es bedrückt mich sehr, wie um uns herum so viel Brutalität entstehen kann, glauben Sie mir. Sollte es ein nächstes Mal geben, sind wir alle besser vorbereitet.«
EinsatzleiterHannemann nickte unversöhnt.
9
Gut gelaunt betrat Michael Wiener das Büro mit einem neuen Stapel Bildmaterial unter dem Arm.
Nachtigall und Skorubski brüteten über den Akten aus Mehrings Büro und suchten nach einem Mordmotiv.
»Habt ihr g’hört, was da heute auf der Sprem los war?«
Synchrones Kopfschütteln antwortete ihm.
»Die Mind Watchers habe am Schinkelturm ’ne Demo abg’halte. Dabei sin sie mit Dose beworfe wore. Der Hannemann tobt und behauptet jetzt, der Paul Mehring sei schuld an der Sach – immerhin hat’s ein paar Verletzte gebe. Fünf vo seine Beamte hat’s erwischt und ein paar vo denen andere. Und einige vo den Randalierern habe sie in Gewahrsam g’nomme«, Wieners Augen leuchteten.
»So eine richtige Action also. Viele Eltern fühlen sich von den Parolen angegriffen, gerade dann, wenn sie ihren Kindern fernsehen und Computerspiele erlauben. Jetzt bekommen sie ein schlechtes Gewissen, weil sie glauben, sie haben schon wieder alles falsch gemacht«, meinte Peter Nachtigall besorgt. »Das wird noch schlimmer werden.«
»Glaub ich auch. Sie bringen so viele gegen sich auf«, unkte Albrecht Skorubski ebenfalls.
»Weil sie recht habe und des au jeder weiß! S’fällt halt schwer des einz’g’stehe – aber diese Spiele sin Schrott und Eltern sollte wirklich mehr hingucke, was die Kinder so mache nach der Schul.«
»Dabei war es so angenehm: Das Kind sitzt vor dem PC, es kehrt Ruhe in den Haushalt ein, das Kind ist beschäftigt. Und jetzt kommen die Mind Watchers und behaupten das sei Bequemlichkeit und unverantwortlich. Die Eltern müssen alles überdenken.«
Das Telefon auf seinem Schreibtisch klingelte schrill.
Nachtigall nahm das Gespräch an, lauschte in den Hörer und meinte: »Wir sind schon fast da.«
»Dr. Pankratz«, informierte er sein Team schlicht und nickte Wiener aufmunternd zu.
»Wir gehen und du guckst fern!«
»Schänder!«, fluchte Michael Wiener leise und verzog das Gesicht zu einem schiefen Grinsen.
10
Der hagere, forensische Pathologe erwartete sie schon ungeduldig.
»Guten Tag, die Herren! Na, das war wieder ein richtiger Knaller: Mord im Stadion!«
Er bemühte sich nicht, seine Begeisterung zu verbergen. Es störte seine Patienten nicht, wenn er so über die Umstände ihres Todes sprach.
»Ja, aber gefunden wurde er erst nach dem Abpfiff. Die meisten Zuschauer werden es aus der Presse erfahren.«
»Ziemlich pietätlos, finden Sie nicht?«
»Ich finde Mord grundsätzlich pietätlos«, gab Hauptkommissar Nachtigall etwas patzig zurück.
»Ja, gut. Aber wo ihr hier doch alle Energiefans seid – da kommt als Täter eigentlich nur einer in Frage, der nicht aus der Gegend stammt.«
Peter Nachtigall lachte verhalten. Er war in Anwesenheit von Mordopfern, die auf ihre Obduktion warteten oder sie bereits überstanden hatten, nicht zum Scherzen aufgelegt. Wenigstens sah das Opfer diesmal fast friedlich aus – da hatte er schon ganz andere Ermordete sehen müssen.
»Das engt den Täterkreis ungemein ein. Ein Zugereister also.«
»Derjenige, der ihn ermordet hat, muss unmittelbar hinter ihm gesessen oder besser gestanden haben. Tatwaffe war dieses Ding
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