Narrenspiel: Peter Nachtigalls dritter Fall (German Edition)
Nachtigall ungehalten.
»Aha. Ich bin Rolf Bartel. Und da kommen Sie zu uns?«
»Wir besuchen jeden, der näher mit dem Opfer bekannt war, Herr Bartel.«
»Weil Sie den Mörder unter uns suchen? Mann, wir sind ein Karnevalsverein und keine Mördergrube!«
»Wir suchen grundsätzlich überall und Sie wären sicher überrascht zu erfahren, wo wir schon Mördergruben gefunden haben«, antwortete Nachtigall ernsthaft.
Doch der schmächtige, aufgeregte Mann hatte sich schon wieder seinen Teufeln zugewandt. »Meine Güte, nun stellt euch endlich mal anständig auf! So schwer kann das doch nicht sein! Die Solotänzer nach links, der Rest wie besprochen! Ihr werdet wohl noch wissen, wer das letzte Mal neben wem stand! Marten! Marten, komm bitte mal hier rüber und versuche diese Horde Teufel zu ordnen!«
Ein junger Mann, schlaksig mit kurzem, dunklem Haar und Bartflaum am Kinn schob sich aus dem Hintergrund der Gruppe hervor und trat neben den Rufer.
»Ey, bleib relaxed, Rolf. Wir kriegen das schon hin. Bisher hat es am Ende noch immer irgendwie geklappt. Das wird auch diesmal nicht anders sein. Du weißt: Alles wird gut.«
»Ich muss mit den beiden Herren ins Büro. Dauert sicher nicht lange.«
Marten musterte die beiden Herren interessiert. Besonders die fast zwei Meter hohe Gestalt von Peter Nachtigall hatte es ihm offenkundig angetan.
»Mann, Sie wären ja meine Idealbesetzung für den Oberteufel. Und die Farbe steht Ihnen gut – fehlt nur noch ein bisschen rot und alles wäre perfekt. Aber so, wie Sie aussehen, wollen Sie wohl eher nicht Mitglied bei uns werden, oder?«
»Marten, die Herren sind von der Polizei. Wegen Hans-Jürgen.«
»Na und. Man wird doch fragen dürfen. Er wäre so ein toller Teufel!«, konterte der junge Mann trotzig.
Nachtigall meinte tröstend: »Ich werde darüber nachdenken.«
Rolf Bartel nickte den beiden Ermittlern zu und eilte voraus in das, was er als Büro bezeichnete. Der Raum war nur eine Kammer, durch ein winziges Fensterchen fiel etwas Licht in die schätzungsweise acht Quadratmeter. Ein ausrangierter Campingtisch diente als Schreibtisch, ein Aktenschrank und ein Klappstuhl beanspruchten beinahe vollständig den Rest des Platzes. Kein Raum, in dem drei Männer sich unterhalten konnten, entschied Nachtigall.
»Besser, wir gehen vor die Tür.«
Bereitwillig führte Rolf sie zu einer Nebentür und von dort auf einen staubigen Hinterhof. Leere Mineralwasser- und Bierkästen stapelten sich entlang der rückwärtigen Mauer, eine Metallsuppendose diente als Aschenbecher und drei Holzklötze als Sitzgelegenheiten.
»War Herr Mehring schon lange Mitglied in diesem Verein?«, fragte Peter Nachtigall, während sie sich vorsichtig auf den Holzstümpfen niederließen.
»Ja. Schon ewig. Schon als wir noch: ›Die drei Rotkäppchen‹, hießen.«
»Wieso drei Rotkäppchen? Ich dachte immer, es gäbe nur eins«, Skorubski schüttelte den Kopf.
»Ja, da haben Sie schon recht. Im Märchen gibt es ja auch nur eines. Aber unser Verein wurde von drei Brüdern gegründet und die Zahl sollte unbedingt im Namen des Vereins auftauchen. So kam Rotkäppchen überraschend zu zwei Zwillingsschwestern, sozusagen«, er gackerte unmelodisch.
»Und nun sind es ›drei goldene Haare‹.«
»Ja. Die drei goldenen Haare des Teufels, die, die ihm ausgerissen wurden. Sie kennen das Märchen doch sicher, nicht? Wir sind jetzt eben der Club der Teufel, Teufelinnen und Teufelchen.«
»Welche Funktion hatte Herr Mehring bei all den Teufeleien inne?«
Rolf sah ihn einen Augenblick verunsichert an, dann kicherte er albern. Plötzlich schlug er sich beide Hände vor den Mund und zog ein Gesicht wie ein Kind, das bei einer Lüge ertappt wurde.
»Oh, ich sollte wohl besser nicht lachen, nicht wahr? Wo Hans-Jürgen doch ermordet wurde«, eine kräftige Röte überzog sein Gesicht.
»Welche Aufgabe hatte er innerhalb des Vereins?«, formulierte Nachtigall seine Frage um und bemühte sich um einen freundlichen Tonfall.
»Er hat sich um all die organisatorischen Probleme gekümmert. Termine mit der Presse vereinbart, dafür gesorgt, dass der Verein ins Fernsehen kam, Sponsorengelder eingeworben, so was alles. Du liebe Güte! Wir haben uns ja noch nicht einmal Gedanken darüber gemacht, wer diesen Posten übernehmen soll! Und gerade jetzt, so kurz vor dem Auftritt! Und dem Start in die Saison! Ich muss nachher gleich seine Frau anrufen. Ich brauche alle Vereinbarungen, Termine, Notizen über
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