Narrenspiel: Peter Nachtigalls dritter Fall (German Edition)
Mitglied des Vereins bestimmt sein können?«
»Nein, es stand ja sein Name auf dem Umschlag.«
Der weggeworfen worden war.
Auf dem Weg zu Paul Mehring brummte Nachtigall unzufrieden vor sich hin.
»Warum sollten die Mind Watchers Mehring eine Todesdrohung schicken? Wenn sie einen aus dem Verein töten, setzt sie das nur ins Unrecht und an der Gesamtsituation ändert es nichts. Abgesehen davon, dass es ihrem Anspruch der Gewaltlosigkeit vollkommen zuwider läuft.«
»Vielleicht hat einer der Mind Watchers den Briefkopf für seinen eigenen Feldzug missbraucht«, gab Albrecht Skorubski zu bedenken.
»Du denkst an den Sohn.«
»Ja. Warum nicht. Er hasst den Vater schon lange und sieht plötzlich eine gute Chance, ihn aus dem Weg zu räumen, ohne selbst direkt ins Visier zu geraten. Und selbst wenn, er könnte in der Gruppe untertauchen.«
»Paul Mehring gilt als jähzornig. Das ist spontaner, unkontrollierbarer Zorn, der den Betroffenen Dinge tun lässt, die er sonst niemals tun würde: Wenn der Zorn verraucht ist, kann er sich oft nicht erklären, was ihn soweit gebracht hat, zum Beispiel jemanden hemmungslos anzugreifen, selbst wenn er unterlegen und chancenlos ist. Diese Leute verlieren von einer Sekunde auf die andere die Kontrolle und ihre Steuerungsfähigkeit. Geht so jemand ins Stadion, bringt die Tatwaffe mit, sticht unbemerkt zu und entkommt?«
»Eher nicht«, räumte Skorubski ein, »aber wenn es kurz vor dem Spiel eine Auseinandersetzung gab, von der wir nichts wissen, wäre es doch denkbar, oder?«
»Ja, vielleicht.«
Peter Nachtigall starrte schweigend auf die Straße hinaus.
»Ich muss immer an diese furchtbaren Narben auf dem Rücken des Opfers denken. Den Vater habe ich schon kennen gelernt. Er wirkte so distanziert und ruhig. Nicht wie einer, der sich zu solchen Erziehungsmethoden hinreißen lässt. Ich weiß schon, was du jetzt sagen willst und du hast recht damit. Wir können nicht hineinsehen, viele Väter wirken nach außen ganz normal und sind brutale Schläger oder missbrauchen ihre Kinder, vergewaltigen ihre Frauen. Und doch fällt es mir schwer, mir vorzustellen, wie er seinen Sohn derart brutal züchtigt. Mit einer Peitsche möglicherweise!«, meinte er dann.
»Wir werden hinfahren und ihn fragen. Vielleicht verrät er sich, wenn er lügt.«
»Albrecht, du weißt so gut wie ich, dass kein Mensch wirklich erkennen kann, wann er belogen wird. Sie sehen dich mit genau dem richtigen Blick an, nicht zu starr und nicht zu ausweichend und in ihrem Gesicht siehst du unschuldiges Erstaunen.«
Skorubski konnte nicht widersprechen. Peter Nachtigall hatte recht. Vor ein paar Wochen erst war ein Ausbildungslehrgang zu Ende gegangen, bei dem sie mit Videoaufnahmen von Tätern konfrontiert worden waren, die völlig überzeugend und glaubhaft behauptet hatten, mit den ihnen zur Last gelegten Gräueltaten nicht das Geringste zu tun zu haben und am Ende dennoch eindeutig überführt wurden.
»Wir wünschen uns, der andere möge unter seiner Lüge so leiden, dass wir es sehen können, doch das ist ein Irrtum. Die Gründe dafür sind vielfältig: Die Wahrheit wäre unerträglich oder der Täter lügt notorisch, es gehört zu seiner Masche, überzeugend zu lügen. Das gilt ja nicht nur für Mörder. Auch Anlagebetrüger lügen; es ist Teil ihrer Geschäftsidee.«
»Naja, wenn die Lügerei das Leben leichter macht, warum sollte der Lügner dann darunter leiden? Ist schon wahr.«
Nachtigalls Handy klingelte.
»Hi. Ich glaub, ich werd auf einem der nächschte Bänder den Mörder finde. Das Opfer hab ich scho auf mehrere entdeckt. Immer vom Spiel gebannt. Den Typ dahinter konnt ich no nicht richtig sehe.«
»Gut, Michael. Wir sind jetzt gleich vor dem Haus von Paul Mehring. Mal sehen, was der uns als Alibi anzubieten hat. Danach kommen wir wohl ins Büro und du zeigst uns den Täter, abgemacht?«
»Yupp. Ach, LTV hat sich g’meldet. Sie habe ein Interview g’macht mit Paul Mehring – am Freitag. Da ist wohl so einiges schief g’laufe. Höhepunkt war, dass er sei tote Katze aus einem Beutel g’zoge hat un behauptet hat, sie wär ermordet worde. Sie schicke uns eine DVD.«
»Wer hat das Interview gemacht?«
»Nico Lobedan. Kannst du dich no erinnere? Dem hatte der Täter letztes Jahr das Foto vom nächste Tatort g’schickt.«
Peter Nachtigall zuckte zusammen. Dieser Fall verursachte ihm noch heute manch schlaflose Nacht und schreckliche Albträume. Die Erinnerung daran war mehr als
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