Narrenspiel: Peter Nachtigalls dritter Fall (German Edition)
schmerzverzerrtem Gesicht ins Büro.
»Ich bin ein bisschen zu spät, Entschuldigung«, ächzte er und rieb sich den Rücken im Lendenwirbelsäulenbereich.
»Was ist denn mit dir los?«, fragte Nachtigall verblüfft.
»Tapezieren und streichen!«, stöhnte der Angesprochene. »Ich habe einfach Muskelkater!«
»Das kenn ich«, lachte Michael Wiener, »als meine Freundin Marnie ihren Farbrausch hatte, bin ich auch zwei Wochen lang so eigenartig verbogen rumgelaufen. Das wird wieder, Kopf hoch!«
Ächzend ließ Emile Couvier sich auf einen Stuhl sinken. Ganz langsam.
»Ich sehe, ihr kommt gut voran«, keuchte er dann und wies auf die Pinwand. »Schöne Motive, aber noch kein Täter in Sicht, wie?«
»Genau. Auch die Spur ins Pflegeheim hat nichts gebracht. Es ist aber schon seltsam, alle, Vater und Söhne, haben Drohbriefe bekommen. Da liegt es nahe, ein Motiv zu suchen, das alle drei angeht. Aber mit der Salmonellenvergiftung hat es wohl eher nichts zu tun. Wenn die Drohungen damit nicht in Zusammenhang stehen, was bleibt dann? Und ich frage mich auch, ob die Söhne ernsthaft gefährdet sind. Stellt euch vor, der Täter droht nicht nur, sondern will tatsächlich alle umbringen. Dann hätte er jetzt schon den Ersten auf seiner Liste abgehakt. Fragt sich, wer als Nächster folgen soll.«
»Wie sahen denn die Briefe aus? Haben alle denselben bekommen?«, wollte Emile wissen.
Peter Nachtigall nahm drei Klarsichtfolien aus der Akte und legte sie auf den Tisch.
»Dieser hier«, er wies mit dem Zeigefinger auf den Brief mit dem Absender der Mind Watchers, »den hat das Opfer bekommen und diese beiden rot-weiß gestreiften, die haben die Söhne erhalten. Das Papier haben wir im Büro der Spedition gesehen, was aber nichts heißen muss. Die Kollegen haben jedenfalls auf dem Speditionscomputer keine Reste dieser Texte finden können – ich habe extra nachgefragt.«
»Es war also so gedacht, dass die Söhne glauben sollten, die Briefe kämen vom Vater, und dem Vater wurde suggeriert, der Brief käme von der Sekte des Sohnes. Briefumschläge?«
»Nein. Alle im Müll.«
»Haben denn die Betroffenen auch geglaubt, was sie glauben sollten?«
»Nein. Das Opfer ging nicht davon aus, der Brief könne von seinem Sohn stammen. Dazu gibt es eine Aussage von Rolf Bartel aus dem Verein. Und die Söhne haben ausgesagt, sie hätten natürlich nie ihren Vater hinter diesen Briefen vermutet.«
Wieder klingelte Michael Wieners Handy. Diesmal huschte er damit auf den Flur hinaus.
»Hast du eigentlich heute Morgen den Senior gefragt, ob er auch so ein Schreiben bekommen hat?«, fragte Albrecht Skorubski und Nachtigall runzelte die Stirn.
»Nein, ich habe ihm aber von den Briefen erzählt. Da hätte er doch bestimmt erwähnt, dass er einen bekommen hat, wenn es so gewesen wäre?«
Er strich mit dem Zeigefinger die Falten glatt. Dann sprang er auf und wählte eine Nummer, die er aus der Akte herausgesucht hatte. Er lauschte einige Zeit in den Hörer und sagte dann deutlich: »Herr Mehring, hier spricht Hauptkommissar Nachtigall. Wir haben noch eine Frage an Sie. Bitte rufen Sie uns so schnell wie möglich unter einer der folgenden Nummern zurück.« Er gab sowohl seine Büronummer als auch seine Handynummer an.
»Er ist nicht zu Hause. Nur der Anrufbeantworter«, informierte er dann die anderen.
Als der Jüngste im Team wieder ins Büro zurückkehrte, meinte Nachtigall in einer Mischung aus Scherz und Zurechtweisung:
»Vielleicht solltest du deine Handynummer nicht so breit streuen, dann stören deine Verehrerinnen dich nicht bei den Ermittlungen. Außerdem dachte ich, du wärst in festen Händen.«
»Na, bin ich auch, und wie! Und von wegen breit gestreut: ich hab extra die Rufumleitung programmiert, damit ich meine Nummer nicht rausrücken musste. Die junge Dame, die hier dauernd anruft, ist eine Cousine von Marnie. Sie besucht uns für ein paar Tage – in Baden-Württemberg haben sie Ferien – und nun hat sie ständig Angst, in Berlin verloren zu gehen«, rechtfertigte sich der junge Mann genervt, »von wegen Verehrerinnen! Die Cousine ist zwölf!«
Peter Nachtigall grinste und klopfte Wiener auf die Schulter.
»Anrufweiterschaltung wie praktisch. Das heißt, jeder bei dir im Festnetz ankommende Anruf wird zu deinem Handy umgeleitet? Das ist ja gut, so bist du immer erreichbar. Aber jetzt sitzt deine kleine Freundin gut verstaut im Zug?«
Michael Wiener lachte. »Ja, versorgt mit Buch und Brötchen.«
»Dann kann
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