Narrentanz - Bürkl, A: Narrentanz
kennengelernt und uns eine Weile unterhalten. Ihr seid Kolleginnen, nicht wahr?«
»Beim Wirtschaftsmagazin, ja, kann man so sagen. Allerdings hat die Ariane dort nur ab und zu kleine Artikel, kaum der Rede wert. Sie macht es den Leuten nicht leicht mit ihrer Art. Wen wundert’s, dass keiner sie beschäftigen will.«
»Meinst du ihre Familiengeschichte? Aber dafür kann sie selbst doch nichts.«
»So, meinst?«
»Redet ihr von Ariane Meixner?« Hans hatte sich mit einem Tee-Tablett in der Hand vor ihnen eingebremst.
»Ja, genau, Hans. Grüß dich, übrigens.« Alma blickte auf die grüne Teekanne, die auf dem Tablett stand, und griff nach der Teekarte.
»Die Ariane hat ein Kind?« Hans stellte das Tablett ab und blickte Alma fragend an.
»Geh«, Alma lächelte schief und legte die Teekarte wieder hin. »Er ist der Sohn von Bekannten von ihr aus Wien. Erst kürzlich hab ich die Ariane zufällig am See getroffen. Ich hab mich noch gewundert, wer das Kind bei ihr ist. Das hast du mir bis jetzt verschwiegen, hab ich zu ihr gesagt. Daraufhin hat sie zu lachen angefangen und mir erzählt, dass sie auf ihn aufpasst, während seine Eltern einen Kurzurlaub machen, in einer Therme.«
»Na, dann rufen wir die liebe Ariane doch an«, schlug Hans vor und nahm das Tablett wieder auf. »Ich komm gleich wieder.« Er brachte den Tee zu einem Tisch am Fenster und kam zurück zu ihnen. »Ich hab die Ariane seit ihrer Rückkehr noch gar nicht zu Gesicht bekommen.« Hans trat hinter die Theke und rumorte eine Weile herum, bis er unter einem Haufen Zeitungen das Telefonbuch gefunden hatte. Er setzte seine Lesebrille auf und fuhr mit dem Finger die Spalten entlang. »Da haben wir’s. Meixner, Bad Mitterndorf, Thörl. Telefonnummer …« Schon fing er zu wählen an. Er wartete, aber nichts schien sich am anderen Ende der Leitung zu rühren. Nach einer Weile legte er kopfschüttelnd auf. »Keiner da. Auch kein Anrufbeantworter.« Er blickte wieder ins Telefonbuch. »Handynummer ist keine eingetragen.«
»Komisch«, Alma lächelte Berenike an, dann fiel ihr das Grinsen aus den Mundwinkeln, als wäre es nie da gewesen. »Ich weiß auch keine Handynummer von ihr. Wir sehen uns ja immer in der Redaktion …«
Berenike schlug sich an den Kopf. »Sie hat mir ihre Visitkarte gegeben, wartet einen Moment.« Zurück im Büro kramte sie in ihrer Tasche, wo war das Kärtchen nur? Da, in der Geldbörse, wer sagte es denn. Aber darauf waren nur die Kontaktadresse ihrer Redaktion und eine Festnetznummer angegeben.
Kopfschüttelnd trat sie wieder zu Alma und Hans. Einen Moment lang herrschte Schweigen, nur die Teemusik spielte. »Alma, sag, wann hast du die Ariane eigentlich gesehen?«, fragte Hans in die Stille hinein.
»Wart mal, lang kann das nicht her sein. In der Redaktion passiert jetzt über die Feiertage nix. Das muss am Donnerstag gewesen sein«, überlegte Alma.
Wieder ging die Tür auf, Jonas trat ein und ließ seine Lammfelljacke auf einen Sessel fallen. Er hauchte Berenike einen Kuss ins Haar und setzte sich. Müde seufzte er auf. »Verdammte Kälte. Seit Stunden bin ich jetzt draußen, um gemeinsam mit den Spurensicherern mehr rauszufinden über die Umstände des Todes von unserer Wasserleiche.« Ein letzter Hauch seines Rasierwassers hing verheißungsvoll in der Luft. »Aber am Ufer finden sich keine Spuren«, raunte er Berenike zu.
»Weiß man schon, wer der Tote ist?«, fragte ein Gast mit norddeutschem Akzent den Kripomann, während er sich wie zufällig auf dem Weg nach draußen an ihnen vorbei drängelte. Auch die anderen Gäste sahen den Polizisten neugierig an. »Kein Kommentar«, meinte Jonas nur müde, »dafür wissen wir noch zu wenig.«
»Also keine Identität bekannt«, tönte einer der Ausseer.
»Was machen wir mit dem Kind?«, fragte Berenike leise, sodass nur Jonas sie verstehen konnte. »Alma sagt, er gehört zu Bekannten von Ariane Meixner.«
Jonas nickte müde, seine dunklen Bartstoppeln glänzten an manchen Stellen silbrig, zum ersten Mal fiel Berenike das auf. Na ja, der Mann wurde 43 in ein paar Monaten.
Hans griff erneut zum Telefonhörer. »Ich erreich die Ariane nicht. Heut hat doch jeder einen Anrufbeantworter, selbst die, die ihn nie abhören. Und sie ist Journalistin, oder?« Er sah auf.
»Genau, in dem Fall ist das umso seltsamer.« Berenike spürte eine Unruhe in sich aufsteigen, die ihr nur allzu bekannt vorkam. Nie noch hatte dieses Gefühl auf etwas Schönes, Angenehmes hingedeutet
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