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Narrentanz - Bürkl, A: Narrentanz

Narrentanz - Bürkl, A: Narrentanz

Titel: Narrentanz - Bürkl, A: Narrentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anni Bürkl
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verjährt sein. Doch es gibt bis heute Kinder, die Opfer desselben Täters werden. Wenn mir etwas zustößt, lasst diese Seiten der Öffentlichkeit zukommen, damit das Schweigen aufhört. Danke. Das ist meine Geschichte. Karl Wengott.«
    »Karl Wengott«, Berenike stöhnte auf, »der Tote vom See!«
    Sepp schien nachzudenken. »Warte mal, jetzt fällt es mir wieder ein, ein Mann dieses Namens hat mich vor Monaten angerufen. Ich hab ihn nicht persönlich gekannt.«
    »Der Helmut, sein Mitarbeiter vom Jagdrevier, hat erzählt, dass der Karl Wengott erst seit einiger Zeit da gearbeitet hat.«
    »Ach so, deshalb«, nickte Sepp. »Der Mann wollte sich unserer Autorengruppe anschließen. Er hat am Telefon ein großes Drama angedeutet, das er schreibend bewältigen wolle. Mehr hat er darüber nicht gesagt, aber das war okay. Alles was ist, darf sein bei uns. Wir geben Raum, wir drängen niemand zu etwas. In unserer spirituellen Autoren-Vereinigung ist jemand, der schreibend sein Leben aufarbeiten will, natürlich gut aufgehoben.« Sepp spielte mit den Seiten. »Ich habe Herrn Wengott zu den Treffen eingeladen, aber er ist nicht aufgetaucht.«
    »Ich denke grad an etwas, das Ariane über den Toten vom Kulm berichtet hat. Simon Einstatt wollte mit ihr seine Biografie schreiben. Daraus ist nichts geworden, die Gründe führen jetzt zu weit. Jedenfalls hat er ihr erzählt, dass er ebenfalls Missbrauchsopfer war.«
    »Davon weiß ich nichts, Berenike, ich kannte den Simon nicht persönlich.«
    »Diese Sache hat er, glaube ich, sein Leben lang verschwiegen und erst für die Biografie wollte er darüber sprechen.«
    Alma segelte herbei, blieb bei Berenikes letzten Worten abrupt vor ihnen stehen. »Wie bitte?«
    »Wir reden grad von den Mordopfern. Offenbar sind beide in jungen Jahren von Missbrauch betroffen gewesen.«
    »Nein!« Alma schlug die Hand vor den Mund.
    »Doch«, Sepp klopfte auf das Papier vor sich, »Karl Wengott hat in einem Brief davon gesprochen.«
    »Ach, und warum erst jetzt, wo er bald 40 geworden wäre? Die Vorfälle müssen, wenn sie in seiner Jugend stattfanden, mindestens 20 Jahre her sein.«
    »Glaub mir, Alma«, Sepp verzog die Mundwinkel, »es dauert seine Zeit, bis man erkennt, was da mit einem geschehen ist. Die Missbrauchstäter gehen sehr subtil vor, heißt es. Sie schärfen dem Kind, an dem sie sich vergehen, ein, zu schweigen – und reden ihm Mitschuld ein. Weshalb es sich erst recht nichts zu sagen traut. Es müsste Angst haben, von geliebten Menschen wie den Eltern für sein angeblich schlechtes Tun verurteilt zu werden. Und wie man weiß, lieben Kinder ihre Eltern – sie wollen sie nicht verlieren. Schließlich ist ein Kind alleine hilflos, es hätte Angst, ohne Eltern nicht zu überleben.«
    »Bei allem Verständnis – ich begreife nicht, warum jemand nach so langer Zeit damit an die Öffentlichkeit will.«
    »Alma«, Berenike konnte nicht mehr an sich halten, »ich kann dir nur dasselbe wie Sepp sagen. Es dauert, bis man den Mut hat, über ein Trauma zu reden.«
    »Ja?« Noch immer zweifelnd blickte die Astrologin zwischen Sepp und Berenike hin und her.
    »Du weißt, was ich in Wien erlebt hab, als mich ein Kunde attackiert hat. Zuerst hab ich geglaubt, ich könnt darüber hinweggehen, einfach weiterleben. Ich hatte überlebt, so what? Aber dann kam der Zusammenbruch … na, und die weiteren Schritte kennst du. Ich hab meine Zelte in Wien abgebrochen und hier in Aussee ein neues Leben begonnen.«
    »Ich kenne mich mit solchen Dingen wirklich zu wenig aus, Berenike.« Alma starrte die Zettel vor Sepp an. »Es ist so schrecklich, ich möchte am liebsten gar nichts mehr davon wissen. Und das ist sein … wie soll man es nennen – Geständnis?«
    »Seine Erinnerungen.«
    »Ja, ja, also«, die Blicke der Astrologin flogen zur Theke, »ich muss. War schön, euch zu sehen.« Mit einem flüchtigen Nicken in Berenikes Richtung eilte sie davon.
    »Die hat es aber eilig.« Sepp sah Alma nach und stapelte vorsichtig die Seiten.
    »Ist halt schwer, über Unangenehmes zu reden. Viele flüchten.«
    »Da hast du recht.«
    »Wir sollten Ariane kontaktieren, vielleicht fällt ihr ein, wer der Täter gewesen sein könnte. Man müsste schauen, wo sich die Lebensgeschichten der beiden Toten überschneiden. Und du solltest diese Unterlagen unbedingt der Polizei geben. Soll ich Jonas anrufen?« Zimtgeruch drang an ihre Nase. Hans passierte sie mit einem Teetablett.
    »Ich mach das schon«, meinte Sepp. »Die

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