Narrentanz - Bürkl, A: Narrentanz
Polizei wird hoffentlich die nötigen Verbindungen herstellen.«
»Geht’s was habt’s denn«, scherzte Fini, die eben zurückkam, und schüttelte den Kopf. In den Händen hielt sie ein Buch über Arthur Schnitzlers Aufenthalte im Ausseerland.
»Nix, nix«, murmelte Sepp.
»Da kommt die Ariane!« Berenike eilte auf die Journalistin zu, die in der Tür stehen geblieben war und sich umsah. Der Teesalon hatte sich in der letzten halben Stunde, während Berenike mit Sepp das seltsame Poststück inspiziert hatte, noch mehr gefüllt.
»Bei mir ist noch Platz!« Sepp winkte Ariane und deutete neben sich. »Magst dich hersetzen?«
»Aber gern, danke.«
»Ariane, was darf ich dir bringen?«
»Earl Grey, bitte.«
»Kommt sofort. Nachher müssen wir dringend mit dir reden, Ariane. Aber wollt ihr vorher was essen? Vielleicht ist die Suppe schon fertig.«
»Gern«, nickte Ariane.
Berenike ging zur Küche. »Es gibt Erbsensuppe mit Gemüse«, erklärte Hans und hob den Deckel von einem großen Topf. Es duftete himmlisch nach exotischen Gewürzen. Berenike verspürte ganz überraschend Hunger. Wie lachhaft, irgendwie, nachdem sie noch vor so kurzem in einem Bergwerksstollen gefangen gehalten worden war. Aber man musste leben. Überleben. Nahrung gehörte dazu. Sie wusste das. Das Leben meldete sich immer zurück. Immer.
21.
Earl Grey Tropic Fruit
Berenike brachte zwei große Teller des Erbsengerichts an den Tisch zu Ariane und Sepp.
»Aber das ist ja …« Die Journalistin hielt die losen Seiten in der Hand. »Diese Ähnlichkeit!«, murmelte sie vor sich hin. Sie las, löffelte dabei Suppe in sich hinein, und musste husten. Sie hörte gar nicht mehr damit auf.
»Was in die falsche Kehle bekommen?« Hans brachte rasch ein Glas Wasser. Anschließend servierte er den bestellten Tee. Er schenkte mit großer Geste ein. »Darf ich vorstellen: Earl Grey Tropic Fruit. Eine Premiere.«
»Das duftet vielversprechend«, Sepp hielt seine Tasse hoch. »Darf ich auch?«
»Natürlich.«
Sepp nahm einen Schluck und behielt ihn wie bei einer Weinprobe eine Weile im Mund, ehe er schluckte. »Ich glaube, ich habe eine neue Lieblingssorte.«
»Hast eh erst fünf«, kicherte Susi, die vorbei ging. Zum Höhepunkt der Wintersaison, zum Fasching, arbeitete sie ständig im Salon mit. »Lasst’s euch die Suppe gut schmecken!«, rief sie und verschwand Richtung Küche, Hans folgte ihr und begrüßte im Vorbeigehen ein paar weitere Gäste. Brav griffen Sepp und Ariane wieder zum Löffel.
»Ihr wolltet mit mir reden?«, meinte Ariane dann und klopfte auf die kopierten Seiten vor sich. »Hängt es damit zusammen?«
»Ja. Was hast du gemeint vorhin mit der Ähnlichkeit?«
»Die Informationen Wengotts erinnern mich an Simon Einstatt. Wahrscheinlich wollte der Jäger mir davon berichten bei dem Gespräch, zu dem er nicht erschienen ist.«
»Zu dem Zeitpunkt war er wahrscheinlich schon tot«, meinte Berenike. »Du hast doch erzählt, dass der Schispringer Opfer sexueller Gewalt war, richtig?«
Die Journalistin nickte ernst. »Furchtbare Sache, das.«
»Hat er erzählt, wer ihm das angetan hat?«
»Nein, so weit kamen wir noch nicht in unseren Gesprächen, Simon hat sich erst mühsam mit den Erinnerungen auseinandergesetzt. Er wollte zunächst keine Namen nennen, weil er sich noch nicht im Klaren darüber war, ob er das überhaupt öffentlich machen wollte.«
»In diesem Brief«, erklärte Berenike, »berichtet Karl Wengott ebenfalls von Missbrauch.«
Die Journalistin ließ den Löffel fallen, klirrend traf dieser den Tellerrand, grüne Suppe spritzte, Ariane achtete nicht darauf. »Seid ihr sicher, dass der Brief echt ist? Also, dass er wirklich von Wengott stammt?«
»Na ja, ich kannte den Herrn nicht«, meinte Sepp. »Aber …«
»Wir bräuchten eine Schriftprobe«, ergänzte Berenike. »Das macht die Polizei sowieso, wenn du ihr die Papiere übergibst.«
Ariane blätterte noch einmal die Aufzeichnungen durch und runzelte dabei misstrauisch die Stirn. »Dann warten wir das Ergebnis ab. Was steht weiter auf den Seiten?«
»Wengotts Vorwürfe betreffen seine Zeit im Chor von Sankt Kilian. Jetzt fragen wir – also der Sepp und ich – wir fragen uns, ob die Lebensgeschichten der beiden Männer, die man so brutal in der Kälte sterben hat lassen, zusammenhängen.«
Sepp fing wieder an, in den Seiten zu blättern. »Die Polizei wird schon alles herausfinden«, murmelte er und hörte nicht auf, den Text zu
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