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Narrenturm - Roman

Narrenturm - Roman

Titel: Narrenturm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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bleibt. Wir müssen ein Exempel statuieren.«
    »Darüber hinaus hat Schlesien uns gegenüber eine Handelsblockade errichtet«, Oldřich Halada leckte seinen Löffel ab. »Wir müssen zeigen, dass wir diese Blockade brechen können, dass sich so etwas nicht auszahlt. Wir müssen auch den Kaufleuten, die mit uns Handel treiben und die durch die Greueltaten in Angst geraten sind, etwas Mut machen. Wir müssen den Verwandten der Ermordeten Mut einflößen, indem wir zeigen, dass wir auf Gewalttaten ebenfalls mit Gewalttaten antworten und dass die Meuchelmörder nicht ungestraft bleiben. Nicht wahr, junger Herr von Bielau?«
    »Meuchelmörder dürfen nicht ungestraft davonkommen«, wiederholte Reynevan mit dumpfer Stimme. »Was das anbelangt, da halte ich es mit euch, Herr Oldřich.«
    »Wenn Ihr es mit uns halten wollt«, belehrte Halada ihn nachsichtig, »solltet Ihr ›Bruder‹ sagen und nicht ›Herr‹. Und Ihr könnt morgen zeigen, zu wem Ihr haltet. Jedes Schwert ist willkommen. Es steht uns ein hartes Ringen bevor.«
    »Wohl.« Brázda von Klinštejn, der bis dahin geschwiegen hatte, wies mit einer Kopfbewegung hin zur Stadt. »Sie wissen, warum wir wirklich hierher gekommen sind. Und werden sie verteidigen.«
    »In Wartha gibt es zwei Zisterzienserkirchen, beide sind sehr reich«, ließ sich Horn mit spöttischer Stimme vernehmen. »Reich geworden durch die Pilger.«
    »Du machst aus allem ein Vergnügen, Horn.« Velek Chrastický lachte.
    »So bin ich nun einmal.«
    Im Lager hatten die Äxte ihre Tätigkeit eingestellt. Jetzt erklang ein scharfes, Gänsehaut hervorrufendes Knirschen von Wetz- und Schleifsteinen. Ambros’ Heer schärfte seine Schwerter.
     
    »Stell dich so, dass du mir das Gesicht zuwendest«, befahl ihm Scharley, als sie allein waren. »Sieh mich an. Ha! Warum hast du dir den Kelch noch nicht auf die Brust genäht? Ich halte es mit euch, ich bin mit euch? Was sind das für Reden, Reinmar? Nimmst du deine Rolle nicht ein wenig zu wichtig?«
    »Worum geht es dir?«
    »Du weißt genau, worum. Dass du dich bei Ambros hinsichtlich der Ereignisse in der Scheune in Eichau verplappert hast, damit will ich jetzt gar nicht anfangen, und ich mache dir deswegen auch keine Vorwürfe, wer weiß, was uns das noch nützt, wenn wir für ein Weilchen unter hussitischem Schutz stehen. Aber denke, zum Teufel noch mal, daran, dass Hradec Králové keineswegs unser Ziel ist, sondern nur ein Halt auf dem Weg nach Ungarn. Und die Ziele der Hussiten sind für uns nebensächlich und von geringem Wert.«
    »Ihre Ziele sind für mich nicht von geringem Wert«, widersprach Reynevan kühl. »Peterlin hat an das geglaubt, woran sie glauben. Das allein genügt mir, denn ich kannte meinen Bruder und weiß, was für ein Mensch er war. Wenn Peterlin sich für ihre Sache aufgeopfert hat, wenn er ihr ergeben war, heißt das, dass dies keine schlechte Sache sein kann. Sei still, sei still, ich weiß, was du sagen willst. Ich habe auch gesehen, was sie mit dem Wünschelburger Pfarrer gemacht haben. Aber das ändert nichts. Ich wiederhole, Peterlin hätte nie eine schlechte Sacheunterstützt. Peterlin wusste, was ich heute weiß: In jeder Religion kommt unter den Leuten, die sich zu ihr bekennen und um sie kämpfen, auf einen Franz von Assisi eine ganze Legion vom Schlage eines Bruder Arnulf.«
    »Ich weiß nicht, wes Geistes Kind Bruder Arnulf ist, ich kann es nur vermuten.« Der Demerit zuckte mit den Achseln. »Aber ich verstehe, was die Metapher besagt, umso mehr, da sie wenig Neues enthält. Wenn ich aber etwas nicht verstehe . . . Junge, bist du vielleicht schon zum hussitischen Glauben konvertiert? Machst du dich schon, wie jeder Neophyt, an die Bekehrung anderer? Wenn ja, dann zügle doch bitte deinen Evangelisierungseifer. Denn bei mir bist du damit absolut an der falschen Adresse.«
    »Sicherlich«, Reynevan verzog das Gesicht, »dich brauche ich nicht mehr zu bekehren. Das ist ja schon längst geschehen.«
    Scharleys Augen verengten sich.
    »Was willst du damit sagen?«
    »Achtzehnter Juli, Jahr achtzehn«, sagte Reynevan nach kurzem Schweigen. »Breslau, Neustadt. Der Blutmontag. Kanonikus Beess hat dich mit der Losung verraten, die ich dir damals bei den Karmelitern genannt habe. Und Buko Krossig hat dich erkannt und entlarvt, damals, in der Nacht auf Bodak. Du hast aktiv an der Breslauer Revolte im Juli Anno Domini 1418 teilgenommen. Und was hat euch damals erschüttert und aufgestachelt, wenn nicht der Tod von Hus

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