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Narrenwinter

Narrenwinter

Titel: Narrenwinter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Komarek
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aber berechnender. An Kubin hat er einmal ungefähr so geschrieben: Ich muss eine Partie machen, das ist das einzige Geschäft, das noch halbwegs rentabel ist. Und einer Verflossenen hat er den schönen Satz nachgeworfen:
Goldenes Gewächshaus meiner Seele, die mit der Jauche der Erinnerung begossen wird
. Mit der Christl Kerry war er sogar verlobt, die wäre ja wirklich eine Partie gewesen. Aber dann ist die Serviererin Carmen Schulista über ihn hereingebrochen, man kann’s nicht anders nennen. Von da an war er verklärt. Was sagt ihr dazu? Gleich hab ich’s: …
Sündensüßes Höllenkonfekt / Tantenbewahrte / Dämonenumflirrte / Grazie des Grauens / zu Spitzen webst Du Menschenschicksale / zu zierlichster Spitze / und trägst sie als Höschen
… Na und so weiter.“
    Käfer neigte beeindruckt den Kopf. „Erstaunlich, was Sie so zusammengetragen haben, Herr Köberl.“
    „Halb so wild. Seit ein paar Jahren liegt ja eine Gesamtausgabe vor.“
    „Ah ja. Nur eine Frage noch, wenn’s gestattet ist. Wie kommt jetzt der Herzmanovsky aufs Klo?“
    „Das sagt Ihnen besser meine Ebenseerin. Na, Christine?“
    „Meine Familie hat ihn persönlich gekannt. Die Mutter hat erzählt von ihm. Und die Omi hat als junges Mädchen Zeichnungen geschenkt bekommen.“
    „Geschenkt? Nur einfach so, und gleich mehrere? Merkwürdige Geschichte!“
    „Ja, zugegeben. Jedenfalls gehören die Zeichnungen jetzt mir.“
    „Ich hab eine reiche Frau, Herr Käfer. Und dabei bleibt’s.“
    Käfer hörte eine Weile dem Schweigen zwischen den Eheleuten zu und konnte wenig damit anfangen. Er stand auf, sagte, dass es sehr schön gewesen wäre und überaus interessant. Nun müsse er aber doch …
    Christine Köberl lächelte ihm zu, Sepp Köberl brachte ihn zur Haustür. „Bis bald, Herr Käfer, hoffentlich!“
    „Ja, bis bald!“
    Große Schneeflocken sanken in die Dämmerung des frühen Abends. Käfer empfand die Kälte als erfrischend. Er freute sich auf den kommenden Spaziergang, durchquerte den Vorgarten und schob mit den Schuhen Schnee beiseite, um das Gatter im Zaun öffnen zu können. Dann glaubte er im Halbdunkel die Nähe eines Menschen zu spüren. Ein paar Schritte weiter sah er ihn. Der Mann stand unbeweglich da und starrte auf das Haus der Familie Köberl.
    Käfer erschrak, nahm sich aber rasch zusammen und trat näher. Der Mann war kleiner und jünger als er, aber breiter und viel muskulöser. Glatzkopf, Piercings und etwas wie verbissene Wut im Gesicht. Außerdem roch dieser Mensch heftig nach Pitralon. „Guten Abend. Suchen Sie etwas Bestimmtes, kann ich helfen?“
    Käfer hatte noch nicht ausgeredet, da lag er schon im Tiefschnee, und seine Brust schmerzte von einem heftigen Schlag. Verdammt, was hatte das jetzt zu bedeuten? Und sollte er nicht mit Sepp Köberl darüber reden? Doch was gab es wirklich zu erzählen? Ein erschreckender Mensch mit verdächtiger Blickrichtung und rüden Manieren, der inzwischen verschwunden war? Käfer schluckte seinen Ärger hinunter und machte sich auf den Weg.

8
    „Sabine! Schön, dass du auch zurück bist!“
    „Seit etwa einer halben Stunde, Daniel. Erst war ich mit Anna und Sieglinde im Auto unterwegs und dann zu Fuß. Eine Landschaft zum Anbeißen, ein Winter zum Fürchten und wohl auch zum Träumen. Aber keine Spur von Fasching.“
    „Wart’s ab, Sabine. Weißt du übrigens, wem das Auto vor dem Haus gehört?“
    „Vermutlich dir. Die Maria hat erzählt, dass es am Nachmittag von Boten hier abgestellt worden ist – mit einer Nachricht für dich, ich hab’s nicht gelesen, diskret wie ich bin.“
    „Aber!“ Daniel Käfer nahm den Brief aus dem Kuvert. „Also höre, Sabine:
Daniel, alter Uhu, ich hoffe, du hast Spaß am neuen Fahrzeug – ein Citroën, wie deine Ente, aber doch eine Spur größer und verdammt schnell. Und dann ist hier noch die Adresse von diesem Henning Mertens. Vergiss sie, Daniel, wenn dir dein künftiges Berufsleben lieb ist!
“ Käfer starrte auf das Blatt Papier. „Also Erding – das ist doch bei München? Keine Telefonnummer dabei, eigenartig.“
    „Wie geht’s weiter, Daniel?“
    „Brauchst du mich morgen dringend, Sabine?“
    „Du fährst also nach Bayern. Sei vorsichtig, bei dem Schnee.“
    Daniel Käfer war mit dem neuen Auto ganz gut zurechtgekommen. Noch am Abend hatte er in der dicken Gebrauchsanweisung gelesen und erstaunt registriert, auf wie viele Errungenschaften der Technik er bislang leichten Herzens verzichten konnte und

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