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Narrenwinter

Narrenwinter

Titel: Narrenwinter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Komarek
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habe nicht Ihr Talent zur schnellen, präzisen Analyse, nicht Ihre Durchsetzungskraft.“
    „Alles Mist. Sie reden von einem Mertens, an den ich mich nicht mehr erinnere.“
    „Und wer sitzt mir gegenüber?“
    „Ein Arsch.“
    „Hätten nur alle Ärsche dieser Welt Ihre Persönlichkeit.“
    „Schluss jetzt!“
    Mertens hatte geschrien. Dann schwieg er und deutete mit einer Kopfbewegung zur Tür.
    Käfer blieb einfach sitzen. „Gut, dann eben nicht. Aber eine andere Geschichte. Ich recherchiere derzeit in Österreich, im Salzkammergut, für ein Buchprojekt. Fasching, Narrentreiben, Anarchie, Suff, sexuelle Zügellosigkeit …“
    Plötzlich war da ein Grinsen in Mertens’ Gesicht. „Bleiben Sie doch einfach hier, wenn Sie es lustig haben wollen. Unser Hausverwalter wird morgen eine Karnevalsrede halten, sehr launig! Und Sie könnten heute zum Abendessen bleiben. Samstag gibt es gewöhnlich Leber nach Art des Hauses: Klein und hart.“
    Auch Käfer grinste. „Und wie wär’s damit, Herr Mertens: Wir beide machen uns einfach aus dem Staub, ein paar verrückte Tage mit allem, was so dazugehört – auf meine Rechnung, versteht sich. Dann können Sie ja noch immer hierher zurück und haben jede Menge zu erzählen.“
    Mertens schwieg, schwieg lange, und dann hörte Käfer jenes sardonische Gelächter, an das er sich schmerzlich intensiv erinnerte. „Wir fahren.“
    „Ist dieser Straßenkreuzer hier Ihr Auto?“
    „Vorübergehend, Herr Mertens. Ich habe meine Ente zu Schrott gefahren.“
    „Sehr begabt. Und jetzt haben Sie ja eine Menge mehr Blech zum Zerknittern.“
    Mertens zog einen Flachmann aus der Tasche, trank und wischte mit der Hand über die Öffnung. „Sie auch, junger Freund?“
    „Nein, danke.“
    „Das habe ich gehofft.“
    Als die beiden dann unterwegs waren, trank Mertens schweigend und ohne Hast die kleine Flasche leer, rülpste und schlief ein. Käfer seufzte. Bruno Puntigams Rat war wohl ziemlich vernünftig gewesen. Aber eben von einer Sorte Vernunft, der er nicht recht traute. Dieser leise schnarchende Sack neben ihm war nach wie vor nicht zu unterschätzen, jedenfalls redete Käfer sich das ein.
    Es war dunkel, als sie in Sarstein ankamen. Käfer weckte seinen Mitfahrer auf.
    „Ja, verdammt noch einmal, wer wagt es …, ach, Sie sind es …, wo bin ich?
    „Am Ziel, Herr Mertens.“
    „War ich schon lange nicht mehr. Wo wohnen wir? Grand Hotel?“
    „Bauernhaus. Sie bekommen das Zimmer mit dem Dachstein vor dem Fenster.“
    „Dachstein? Bekannt von Film, Funk und Fernsehen? Sehr gut. Aber nehmen Sie zur Kenntnis, junger Freund: Berge von unten, Kirchen von außen, Kneipen von innen.“
    „Geht in Ordnung. Kommen Sie, es ist Licht in Frau Schlömmers Küche.“
    Mertens stieg unbeholfen aus dem Auto, rutschte sofort aus und landete im Schnee. Mit heftigen Bewegungen arbeitete er sich heraus. „Wollen Sie mich umbringen? Ich bin kein Husky.“
    „So ist das eben im Winter. Kommen Sie weiter.“
    „Grüß dich, Daniel.“ Frau Schlömmer betrachtete Käfers Begleiter neugierig. „Du hast ihn also gleich mitgebracht!“
    Mertens deutete eine galante Verbeugung an. „Hat er tatsächlich. Ich weiß zwar nicht warum, aber es ist so. Gibt’s was zu trinken?“
    „Apfelschnaps, Birnenschnaps, Wein, Bier.“
    „Ja, bitte.“
    „Hunger, die Herren?“
    Beide nickten.
    „Gekocht wird nicht, wenn Fasching ist. Also Käse, Wurst und Brot …“
    Die Bäuerin ging zum Kühlschrank. Henning Mertens betrachtete sie eingehend. „Sehr beachtlich.“
    „Was?“
    „Ihr Hintern, Frau Schlömmer. Wäre ich Filmproduzent, würde ich Sie unverzüglich unter fadenscheinigen Vorwänden auf die Besetzungscouch zerren.“
    Sie lachte. „Und was weiter?“
    „Ich käme in beträchtliche Verlegenheit.“
    Käfer aß und trank, Mertens fraß und soff. Die Bäuerin schaute ihm staunend dabei zu. „Endlich einer, dem’s schmeckt. Bleiben Sie länger?“
    „Das hängt von der Nervenstärke meines jungen Freundes ab. Gibt es einen Herrn Schlömmer?“
    „Ja, schon.“
    „Doch heute ist er wieder einmal verhindert.“
    „Schaut so aus.“
    „Tja. Er möge wandeln in Frieden. Und wir wollen diesem Abend Sinn und Tiefe verleihen. Voltaire sagte einmal, ich hoffe, ich zitiere richtig:
Gebt mir drei Minuten Zeit, um mein Gesicht weg zu reden, und ich verführe die Königin von Saba
. Ich beanspruche zusätzlich sieben Minuten für meinen tonnenförmigen Leib, zwölf Minuten für mein Alter und

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