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Narrenwinter

Narrenwinter

Titel: Narrenwinter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Komarek
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doch. Aber noch etwas, wenn wir gerade so gemütlich darüber reden: Warum hast du mich damals nicht mit nach Hause genommen? Die Wohnung in der Luitpoldstraße gab’s doch schon, oder?“
    „Ja, die hat’s gegeben. Nur war da noch jemand zu Hause. Nicht mehr richtig, so gut wie gar nicht mehr, aber doch.“
    „Daniel! Abgründe tun sich auf!“
    „Du bist eben wie ein Blitzstrahl in mein Leben gekommen, Sabine. Da blieb keine Zeit für vorhergehende Flurbereinigung.“
    „Blitzstrahl! Geht’s auch weniger abgegriffen?“
    „Doch, sogar mit Spontanpoesie. Hab ich dir damals heimlich in die Handtasche geschoben: Mein Regen schmeckt nach Dir / mein Haus hat Deine Fenster / mein Spiegel Deine Augen / mein Lied hat Deine Stimme.“
    Sabine griff nach der Fototasche, die neben ihr auf dem Boden stand, kramte eine Weile und holte einen kleinen, sichtlich abgegriffenen Zettel hervor. „Und wenn du jetzt lachst oder auch nur grinst, Daniel, bist du ein toter Mann.“
    Er senkte den Kopf und schwieg.
    „Reden darfst du aber, mein Lieber.“
    „Und wenn mir die Worte fehlen?“
    „Sagt das auch eine ganze Menge. – Wer wäscht ab?“
    „Ich natürlich.“
    „So, fertig!“ Daniel Käfer trocknete die Hände mit dem Geschirrtuch. „Darf ich noch etwas für dich tun, Sabine? Ich könnte dich einmal rund ums Haus tragen. Oder dreimal rund um die Welt.“
    „Weder noch, Daniel. Du weißt ja gar nicht, wie kaputt ich bin.“ Er trat hinter sie und massierte sanft ihre angespannten Schultermuskeln. „Doch, weiß ich. Aber wenn du jetzt schon ins Bett gehst, wirst du mitten in der Nacht munter und kannst nicht mehr einschlafen, nervös und erschöpft, wie du bist. Außerdem träumst du schlecht, so kurz nach dem Essen.“
    „Hör auf, mich zu bemuttern. Du bist ein Mann, Daniel.“
    „Weiß ich.“ Er küsste sie.
    „Prinz bist du aber keiner, und es gibt weit und breit keine schlafende Prinzessin. Es wird dir also nicht gelingen, mich wach zu küssen.“
    „Schade, wirklich schade. Wo mir doch der Sinn nach einer ausführlichen Orgie stünde. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Morgen wirst du es übrigens leichter haben. Deine wichtigsten Motive findest du erst am Nachmittag, wenn die Flinserln kommen.“
    Sabine gähnte. „Beruhigend. Und der Kinder-Maskenzug am Vormittag?“
    „Bunt, sympathisch, lustig, aber nicht typisch für das Salzkammergut. Hat mir jedenfalls der Sepp Köberl erklärt, und der kennt sich aus. Und der Nachmittag gehört ja auch den Kindern. Du kannst wirklich ausschlafen. Übrigens werden sich morgen auch ein paar Fetzen aus Ebensee ins Ausseer Getümmel mischen. Wie hat sie dir denn gefallen, die Welt jenseits des Pötschenpasses?“
    „Über Ebensee kann ich nicht viel sagen, die Zeit hat gedrängt, und ich war auf die Fetzen konzentriert. Die könnten für sich allein einen Bildband füllen! Da sieht man erst, was das ganze Jahr über an wilder Fantasie in den Köpfen verborgen bleibt. Der ganze Fasching hierzulande erschreckt mich irgendwie, Daniel. Bist du sicher, dass nicht der Teufel die Nacht über den Dachstein mit dem Blocksberg vertauscht, damit die Hexen ihren höllischen Tanzboden haben?“
    „Wird so sein. Gehn wir vors Haus nachschauen?“
    „Es ist stockfinster.“
    „Hat du Angst? Ich bin ja bei dir.“
    „Das ist es eben. Du willst mich einfach nicht schlafen lassen.“
    „Doch, bald. Ich frage mich, was dieser Mertens in Frankfurt treibt.“
    „Deine Gedankensprünge haben etwas Akrobatisches, lieber Daniel. An deiner Stelle wär ich froh, ihn vom Hals zu haben. Abgesehen davon zeigt er immerhin Initiative, statt manisch depressiv durchs Leben zu taumeln. Und in Frankfurt hat er jahrelang gearbeitet, sehr erfolgreich und in leitenden Positionen.“
    „Wem sagst du das. Aber gibt’s denn, verdammt noch einmal, keinen Menschen, der mir einfach sagt, was los ist, statt sich in Rätsel zu hüllen?“
    „Doch, diesen Menschen gibt es: mich. – Ich bin nahe dran vom Sessel zu kippen. Also gehe ich schlafen. Jetzt.“
    „Ich komme mit!“
    „Warum? Du bist ja noch gar nicht müde?“
    „In deinem Zustand kann ich dich nicht ohne Aufsicht lassen. Du könntest in der Badewanne einschlafen und jämmerlich ertrinken. Oder du erreichst das rettende Bett nicht mehr, nächtigst viel zu leicht bekleidet auf dem kalten Fußboden und holst dir den Tod.“
    „Kindskopf.“
    „Ich will dir auch noch eine Gute-Nacht-Geschichte erzählen, damit du besser

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