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Narrenwinter

Narrenwinter

Titel: Narrenwinter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Komarek
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ich mit der Hasselblad zugeschlagen. Hält was aus, die Kamera.“
    „Man muss sich ja fürchten vor dir, Sabine!“
    „Unter gewissen Umständen ja. Gehen wir zurück in die Stadt? Ich will noch weiter arbeiten. Und du?“
    „Weiß nicht …, ich hab ein ungutes Gefühl mit der Familie Köberl. Vielleicht ist er schon aus Ischl zurück. Wär doch gelacht, wenn ich ihn nicht dazu brächte, endlich den Mund aufzumachen. Du …, Sabine …?“
    „Ja?“
    „Wie wirst du weiter umgehen mit dem Hubert?“
    „Wie immer. Jetzt weiß er ja, wann’s kracht.“
    Käfer ging den vertrauten Weg zu Fuß. Seiner Sorge um Sabine ledig und ihrer Wehrhaftigkeit gewiss, war er bereit, leichten Sinnes eine neue Herausforderung anzunehmen und einem Freund zu helfen, dem angeblich nicht zu helfen war. Christine und ihre Tochter würden nicht so bald aus Ebensee zurückkommen, und vielleicht war der Sepp allein zugänglicher, so von Mann zu Mann … Was ihn wohl wirklich nach Ischl zog? Annas Anspielungen waren eher dazu geeignet, Käfer noch mehr zu verwirren, und Schillers skurrile Interpretationen reichten nicht einmal dafür aus. Andererseits: er hatte es in seiner Journalistenlaufbahn immer wieder erlebt, dass die Wirklichkeit dem Aberwitz oft näher lag als der Vernunft.
    Es war dunkel, als Käfer am späten Nachmittag Köberls Haus erreichte. Die Fenster waren dunkel. Trotzdem ging er zur Tür, klopfte und versuchte vergeblich, sie zu öffnen. Er wollte aufgeben, als ihn ein lautes Krachen erschreckte, das von der Rückseite des Hauses kam. Er ging nach hinten und sah Sepp Köberl, der mit nacktem Oberkörper im matten Schein einer Wandleuchte wie besessen Holz hackte. Eigentlich hackte der Sepp nicht, er drosch auf die großen Scheiter ein, als wolle er sie mit einem Schlag in viele kleine Stücke zertrümmern. Käfer wagte es nicht, sich bemerkbar zu machen. Köberl schien nicht müde zu werden, im Gegenteil, immer heftiger fuhr die Hacke nieder. Dann aber ließ er doch einmal schwer atmend das Werkzeug sinken, rieb sich mit Schnee ab, hob den Kopf und erblickte seinen Besucher, Wut und Hilflosigkeit im Gesicht. Köberl warf die Hacke gegen die Holzwand des Hauses, wo sie stecken blieb. Er ließ die Schultern hängen, ging mit müden Schritten auf Käfer zu, schob ihn schweigend beiseite und verschwand im Haus.
    Daniel Käfer wagte es nicht, ihm zu folgen. Den Kopf voll trüber Gedanken ging er zu seinem Auto. Sein Erlebnishunger war, was diesen Montag betraf, mehr als gestillt. Sabine würde bestimmt noch bis spät in den Abend hinein arbeiten, aber Käfer hatte keine Lust, sie zu begleiten. Also ein ruhiger Abschluss in Maria Schlömmers Küche? Ja, das war eine gute Idee, eine sehr gute sogar.
    Käfer war kaum im Haus, als er schon Maria Schlömmers Stimme hörte, und sie klang anders als sonst. Die Küchentür stand offen, leise trat er näher und wagte einen Blick hinein. Am Tisch saßen Hubert Schlömmer und seine Frau. Er trug zwar seinen Hut, doch an der rechten Schläfe waren deutlich eine ausrasierte Fläche und ein großes Pflaster zu sehen. Maria Schlömmer trank einen Schluck Schnaps, betrachtete ihr Gegenüber eine Weile stumm, dann stellte sie das Glas hart auf den Tisch. „Ein geiler Bock warst immer, Hubert, aber das hab ich dir gründlich heimgezahlt. Ich glaub, du hast sogar was gut bei mir.“
    Er hob den Kopf mit einem kurzen Ruck, warf seiner Frau einen schwer zu deutenden Blick zu und betrachtete dann wieder die Tischplatte.
    „Die Sabine und der Daniel sind Freunde von uns. Gehst du so mit Freunden um?“
    Hubert antwortete mit einem angedeuteten Schulterzucken.
    „Und was ist eigentlich eine Frau für dich? Ein Brocken Fleisch, den du frisst, wennst Hunger hast?“
    Hubert kratzte mit dem Zeigefinger an seiner Oberlippe.
    Maria Schlömmer war aufgestanden. „Das Hirn im Schwanz, wie?“ Sie hatte geschrien. Ihr Mann rückte sich unbehaglich zurecht und erweckte den Eindruck, als versuche er kleiner zu werden.
    Maria Schlömmer war dicht an ihn herangetreten. „Jetzt frag ich dich einmal, du geistig zurückgebliebener Neandertaler: Geht irgendwas vor hinter deiner fliehenden Stirn, irgendwas?“
    Gut möglich, dass Hubert Schlömmer über diese Frage nachdachte. Er kam aber zu keinem Ergebnis, wenigstens zu keinem, das er seiner Frau mitteilen wollte.
    Sie hatte sich ein paar Schritte von ihm entfernt. „Ja ja, Hubert!“ Ihre Stimme war sanft geworden. „Da sitzt du, geduldig wie Schaf, wenn

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