Narzissen und Chilipralinen - Roman
sich geändert«, beharrt er.
»Hey, ihr zwei!« Da kommen Finn, Willi und Victoria über einen der Parkwege. Ihre Suche war offensichtlich ergebnislos. »Irgendeine Neuigkeit?«
»Nein«, sagt Daniel. »Sorry.«
Mir fällt auf, wie leidend Finn aussieht. Die Sorge zieht seine Mundwinkel nach unten, er könnte vermutlich nicht einmal lächeln, wenn er hundert Euro dafür bekäme. Wenn Tine nie wieder auftaucht, bricht ihm das wohl das Herz? Oder wenn herauskommt, dass sie abgehauen ist, ohne ihn? Mit Basti? Finn geht langsam, als würde er durch tiefes Wasser waten.
Basti hat sie auch das Herz gebrochen, und das mit Absicht.
Wer ist Tine überhaupt? Ich dachte immer, ich kenne sie, aber tue ich das wirklich?
Am nächsten Tag brennt in Daniels Augen eine Idee.
»Wir sollten die Jungs fragen«, sagt er zu Michael. »Alf und die Nicks und die anderen. Nach Bastian.«
Michael denkt darüber nach. »Die würden ihn nie verraten. Aber wenn wir deutlich machen, dass wir ihm nur helfen wollen, könnte es vielleicht gelingen. Komm.«
Ich will mit, aber Michael winkt ab. »Wir sollten nicht mit zu vielen Leuten da aufkreuzen.«
Er meint es nicht böse, aber ich bin trotzdem sauer, als die beiden abziehen. Zugegeben, vielleicht bin ich auch ein wenig eifersüchtig, weil sie sich so gut verstehen.
Da ich mich so rastlos fühle, beschließe ich, wieder in den Park zu fahren. Ich muss nachdenken. Dabei ein bisschen zu beten und in der Bibel zu lesen, kann bestimmt nicht schaden, also packe ich vorsichtshalber meine Bibel ein. Wenn ich Glück habe, sind Bastian und seine Freunde im Park, schließlich habe ich sie schon öfter da getroffen. Wenn ich Daniel und Michael dabei begegnen würde, wäre das auch lustig. Dann würde ich sagen: Oh, was für ein Zufall, ich wollte mich bloß auf die Bank hier setzen und auf euch warten.
Herumsitzen und warten ist langweilig. Leider ist keiner hier. Es ist still, nur ein paar Enten plantschen im Teich herum.
Hier habe ich Bastian und seine Kumpels schon öfter getroffen. Auf jener Bank dort haben Steffi und ich gesessen, als ich seine Bekanntschaft gemacht habe. Damals wäre ich fast aus den Latschen gekippt, als Tom aufgetaucht ist und erstmals Notiz von mir genommen hat. Im Rückblick komme ich mir so jung vor, so naiv. Eine Freundschaft mit Tom wäre bestimmt noch komplizierter geworden als die mit Blondie My Heartman.
Ich setze mich auf die Lehne und blicke über den kleinen Teich, in dem laut Frösche quaken und damit die Enten beim Schnattern unterstützen. Die Natur bleibt gänzlich davon unberührt, dass Tine verschwunden ist.
Und du, Gott?, frage ich. Wie geht es dir damit?
Es ist komisch, dass er genau weiß, was passiert ist, es uns aber nicht sagt. Für einen allmächtigen Gott sollte es doch nicht zu schwer sein, mal kurz ein Zettelchen runterzuschmeißen, auf dem steht: Alles in Ordnung, Tine ist mit Basti nach Las Vegas durchgebrannt.
Ich wünsche mir so brennend, dass nichts Schlimmeres passiert ist als das. Ich würde es Basti echt gönnen. Aber solange Gott nicht vor mir in den Sand schreibt, dass genau das geschehen ist, muss ich weitersuchen.
Als ich aufstehe, fällt mein Blick nochmal auf den Teich. Und da erfasst mich plötzlich eine schreckliche Angst. Was, wenn sie dort unten liegt? Hat die Polizei wohl dort schon nach ihr gesucht? Mit Stangen im Wasser gestochert oder einen Taucher losgeschickt?
Ich muss schlucken und blinzele die Tränen weg.
Denk nach, Messie. Nach Tine suchen schon viele, die sie besser kennen als du. Unwahrscheinlich, dass ausgerechnet du klüger bist als alle. Doch wenn du Tine auch nicht finden kannst, such wenigstens Basti. Ihn kennst du besser. Nach außen hin hart, einer, der sofort auf die Gefahr losgeht ... aber innen ist er ein Junge, der davon berührt ist, dass Gott ihn liebt. Dass Jesus Wunder getan hat. Nein, ich glaube nicht, dass Basti nur Tines wegen zu den Hopis gestoßen ist und in der Bibel gelesen hat.
Doch ich habe keine Ahnung, wo ich ihn suchen könnte.
Null.
Manchmal weiß ich ja nicht mal, wo ich mich selbst suchen soll.
Ich lasse mich tiefer auf die Bank sinken und starre auf den Teich, bis mir die Augen schmerzen. Es ist nicht gerecht, dass Frühling ist und die Sonne auf dem trüben Wasser glitzert. Nicht, wenn gleichzeitig Tine verschwunden ist.
Oh Gott.
Ich stecke mir die Stöpsel in die Ohren und höre mir noch mal Daniels Lieder an, die ich mir aufs Handy geladen habe.
Das verstörende
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