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Naschmarkt

Naschmarkt

Titel: Naschmarkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Koschka
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Schön
vorsprechen. Perplex beobachte ich aus meinem notdürftigen Versteck heraus das Drama, das sich vor meinen Augen abspielt.
    »Ich habe dich etwas gefragt!«
    »Und ich bin nicht taub.«
    Froschmauls Tonfall ist genervt. Seine Füße wippen weiterhin ganz sanft.
    »Und?«
    Vor, zurück, vor, zurück.
    »Kannst du dich nicht allein zum Affen machen?«, murrt er. »Nur weil wir verheiratet sind, heißt das nicht, dass ich mich herumkommandieren lasse, verflucht.«
    »Halt die Klappe und komm jetzt!«
    Vor, zurück, vor.
    Er hält inne, doch statt sich zum Gehen zu wenden, packt er den Arm seiner Frau, so fest, dass sie vor Schmerz aufstöhnt. Die fiktive Mücke verschwindet in seinem Rachen, und ich unterdrücke einen entsetzten Aufschrei.
    »Lass los!«
    Er fasst sie fester und atmet dabei schnaufend durch die Nase ein.
    »Du sollst loslassen!«
    Sie stößt ihn weg, verliert für einen Moment das Gleichgewicht, fängt sich aber wieder, streicht eine lose Strähne ihres eisblonden Haars hinters Ohr, blickt Froschmaul kalt an und geht am Kamerawagen vorbei Richtung Portal. Er zupft lässig sein Designersakko zurecht und folgt ihr.
    Als die beiden außer Sichtweite sind, richte ich mich mit zitternden Knien auf. War das nun Kopfkino oder Wirklichkeit? Wo bin ich da mit meinen schrecklich unbequemen Pumps hineingeraten? Sieht so die heile Familienwelt von Beatrice Kleidermann aus?
    »Dorothy Wilcek.«
    Ein Mann, der sie betrügt und auch noch gewalttätig zu sein scheint. Ihr ganzes Getue um Partnerschaft, Beziehung und Ehe, nichts als eine bittere Farce. Kommt daher der Hass auf die Mauerblümchen? Oder ist das alles nur Show?
    »Dorothy Wilcek.«
    Wie einen Rettungsanker aus der Realität halte ich das Hühnchen umklammert und überlege panisch, was ich jetzt unternehmen soll. Immerhin trennen mich nur noch wenige Augenblicke von einer Konfrontation mit Beatrice Kleidermann, die live im Fernsehen übertragen …
    » DOROTHY WILCEK !«
    Der Regisseur steht mit hochrotem Kopf neben mir und fuchtelt mit den Armen.
    »Ihr Auftritt, sofort!«
    Ehe ich weiß, wie mir geschieht, schiebt er mich auf das Portal zu. Die Toneinspielung eines quietschenden Schlosstors endet soeben. Die Türflügel stehen offen, und in der Sekunde, als ich hindurchgehe, fange ich einen Blick von Beatrice Kleidermann seitlich aus der Kulisse auf. Vom Licht eines Scheinwerfers wird sie gerade so gestreift, dass alles an ihr kalt wirkt: das Haar, die Augen, die verschränkten Arme.
Frigide,
schießt es mir durch den Kopf.
    Leider übersehe ich die erste Stufe, die zum »Audienzsaal« hineinführt, stolpere vor laufenden Kameras, lande schmerzhaft auf meinem lädierten Knöchel und muss das Huhn loslassen. Für das Tier willkommener Anlass, die vertraglich festgelegte Statistenrolle zugunsten einer potentiellen Solokarriere abzulegen. Es plustert die Federn auf und rennt hysterisch gackernd Richtung Publikum.
    Die helfende Hand eines Assistenten bringt mich wieder auf die Beine. Roman Reifenstein kommt auf mich zu und fragt mit nasaler Promiattitüde:
    »Alles in Ordnung?«
    Ich nicke.
    »Schnell, schnell«, mischt sich der Regisseur ein. »Wir haben die Einspielung vorgezogen, die dauert knapp zwei vierzig, wir brauchen den Auftritt noch mal.«
    Das Huhn wurde inzwischen eingefangen und wird mir von einem schwitzenden Kevin-Lookalike erneut überreicht. Die Knopfaugen des Vogels sind vorwurfsvoll auf mich gerichtet. Ich muss grinsen, weil ich mir vorstelle, wie wir als Dreamteam des Wahnsinns Fernsehgeschichte schreiben und gemeinsam Interviews geben, in denen wir die gute Zusammenarbeit mit der anderen Gattung hervorheben.
    »Auf Auftritt«, herrscht mich der Produktionsassistent von vorhin an, und ich beeile mich, zur Tür zurückzukommen, ehe die Lichter der Kameras wieder leuchten.
    »Go!«,
ruft der Regisseur. Vorsichtiger diesmal gehe ich unter dem frenetischen Jubel des Saalpublikums zu meinem Samtschemel, knie mich hin, verneige mich und spreche den vorgegebenen Text:
    »Majestät, Untertanin Dorothy Wilcek meldet sich zur Vorsprache.«
    Also, das ist es zumindest, was ich vorhabe zu sagen. Spontane Lacher aus dem Publikum verraten mir, dass ich schon wieder irgendwas falsch gemacht habe. Ich beiße mir auf die Lippen und halte hilfesuchend nach Ramy Ausschau. Er hockt in der ersten Reihe und schenkt mir ein verkrampftes Lächeln. Es gelingt mir nicht, es zu erwidern, denn neben ihm sitzt zu meinem Schreck Froschmaul, der mich mit

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