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Nasenduscher: Roman (German Edition)

Nasenduscher: Roman (German Edition)

Titel: Nasenduscher: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Boltz
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Mexiko zu nehmen. Doch zuvor wird noch eine Notfall- und Rettungsübung angekündigt, die für jeden Gast zwingend erforderlich ist. Beim Ertönen der Alarmsirenen müssen wir uns demnach mit unseren Rettungswesten an den markierten Sammelpunkten einfinden. Sollte kein Problem sein.
    Am unteren Ende des Blatts wird zudem angeführt, dass sich die Anlieferung der Koffer verzögern kann, da etwa viertausend Gepäckstücke zu verteilen sind. Man bedankt sich im Voraus für meine Geduld und mein Verständnis.
    Na toll.
    Immerhin ist die Broschüre auf Deutsch geschrieben, wobei sich bei einigen Mitteilungen knackige Übersetzungsfehler eingeschlichen haben. So wird der Umbau des Golfsimulators zu einer Tischtennismöglichkeit folgendermaßen beschrieben:
    Golf Simualtor: Ankühndiguhng
    Bitte seien Sie daran erinnern das Golfprogramm an Bord eingestellt ist. Unser Simualtor ist demoliert und es ist jetzt Spielplatz fur Tischtennis. Wir entschuldigen Sie für Ihre Un-annemlichkeit.
    Aaha! Dann werde ich am Simualtor wohl mein Golf-Handicap nicht verbessern können. Ich grinse und blättere weiter. Auch der Hinweis zur richtigen Benutzung der Bordtoiletten kommt für mich etwas zu spät. Bringt mir aber dennoch völlig neue Erkenntnisse.
    Sanitäre Anlagen: Warnung vor Toilette
    Bitte werfen Sie keine Abfall in das Toilette. Auch bei Kindern Vorsicht. Andernfalls drohen Ihnen ernsthafte Verstopfungsprobleme, was sich zum Nachteil alle unserer Gäste und Schiff auswirken könnte. Bitte benutzen Sie die vor-gesehenen Behälter. Wir entschuldigen Sie für Ihre Un-annemlichkeit.
    Ja, so ein dickschädliges Kind kann das Abwassersystem schon mal verstopfen, wenn man es versehentlich in die Toilette wirft. Nichtsdestotrotz ist es gut zu wissen, dass extra zum Zweck der Kinderentsorgung eigene Behälter an Bord zur Verfügung stehen. Aber dass mir deswegen im Anschluss Verstopfungsprobleme drohen, halte ich für ebenso übertrieben wie den Hinweis, dass unter meiner Verstopfung das gesamte Schiff und deren Gäste leiden würden. Es gibt aber auch wirklich informative Erklärungen: So existieren neben dem feineren Hauptrestaurant mit Anzugpflicht auch noch zwei Buffetrestaurants ohne Kleidervorschrift an Bord. Zudem wird allabendlich eine Las-Vegas-Show im großen Theater geboten. Hm, vielleicht ist Romeo ja gar nicht der einzige Kater an Bord, und es finden sich für ihn noch ein paar weiße Tiger zum Spielen.
    Plötzlich ertönt eine Sirene durch die Lautsprecher, und ich schrecke auf. Ruft der Muezzin zum Gebet? In sehr holprigem Englisch und mit einem so heftigen griechischen Akzent, dass mir meine Zunge automatisch einen Gyros-Geschmack suggeriert, ist eine tiefe Männerstimme zu vernehmen: Dear passenger, this is your captain Panagiotis Kardasilaris speaking. This is our safety and emergency drill. Please follow the instructions of our crew and come with your lifevests to the signed safety points. Thank you for your patience and have a nice and safe trip here on board.
    Verdammt, das hatte ich völlig vergessen. Die Notfallübung. Sofort streife ich mir die bereitliegende Schwimmweste über und verlasse mit Romeo meine Kabine, vor der schon ein philippinisches Crewmitglied auf mich wartet, lächelt und sich ungefragt bei mir einhakt.
    »I’m Franky, your special assistant. In case of fire or anything else, I will guide you to the safety point.«
    »Ah, okay. Thank you«, antworte ich und lasse es geschehen.
    »I never saw a blind man with a cat for helping. Only dogs. Why do you take a cat for help?«
    Es beruhigt mich fast, dass endlich mal jemand nach meinem Blindenkater fragt oder es ihm zumindest auffällt. Bisher erntete ich zwar ein paar fragende Blicke oder Kopfschütteln, aber niemand traute sich, einen blinden Mann anzusprechen.
    »I don’t like dogs.«
    »Ah.« Franky lächelt mich ununterbrochen an. »That is the reason. You are a crazy man.«
    Wenn du wüsstest, wie crazy ich wirklich bin, denke ich mir im Stillen und folge ihm die Treppen hinauf zu unserem Treffpunkt in der Crystal Bar. Beim Weg dorthin stelle ich fest, dass das Vorurteil, dass hauptsächlich ältere Menschen eine Kreuzfahrt unternehmen, nicht zutrifft.
    Nein, nicht hauptsächlich.
    Ausschließlich.
    Und es ist noch viel schlimmer. Die anwesenden Personen scheinen eher Körperhülsen zu sein, die auf diesem Geisterschiff ihre letzte Reise unternehmen. Eine Art wandelnde Ausstellung der verschiedenen Sterbensphasen. Die Plastination des

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