Nasenduscher: Roman (German Edition)
und versuchen, dieses mittels einer Kurbel ins Wasser abzulassen. Außer dass sie dabei aussehen wie eine Gruppe Monchichis auf Klassenfahrt geschieht aber rein gar nichts. Egal was die Chaostruppe auch probiert, nichts senkt sich zur Wasseroberfläche ab. Zum Gefühl von Sicherheit trägt dies jedenfalls nicht gerade bei. Man kann nur hoffen, dass das Eisbergaufkommen in der Karibik stabil niedrig bleibt. Bis diese Monchichis das Rettungsboot klargemacht hätten, kann man auch gleich ein Ruderboot vor Norderney losschicken. Es wäre definitiv schneller vor Ort, als die Filipinos die Rettungsboote gewassert hätten. Wahrscheinlich würden herbeigeeilte Rettungstaucher immer noch Filipino-Leichen unter Wasser finden, die sich krampfhaft, aber mit einem fröhlichen Lächeln im Gesicht an die Kurbel eines Rettungsboots klammern. Der Begriff Seenot existiert im philippinischen Wortschatz anscheinend nicht. Oder er hat eine andere Bedeutung und heißt so viel wie: Wenn du schon stirbst, dann geh mit einem Lächeln in den Tod!
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Ein Römer namens Hubsi
E s wird Zeit für ein Lebenszeichen von mir. Daher gehe ich ins bordeigene Internetcafé. Jede Minute kostet hier zwar ein kleines Vermögen, aber Jana hatte mir in ihrem Brief ja geschrieben, dass sie sich per Mail melden wolle. Also bleibt mir nichts anderes übrig, als mein Geld in ein paar Internetminuten zu investieren. Ich schaue, ob mich jemand sieht. Ein Blinder am PC würde vermutlich für unangenehme Fragen sorgen, doch niemand ist zu sehen. Zwei Plätze sind frei, und ich wähle den weniger langsam anmutenden Rechner. Ein Fehler, wie sich bereits nach zwei Minuten herausstellt. Nach dem Einwählen – was gleichbedeutend mit dem Startschuss für die Gebühren ist – dauert es unendlich lange, bis sich meine Postfachseite aufbaut. Aufgrund der amerikanischen Tastatur tippe ich dazu noch zwei Mal ein falsches Passwort ein, was mich weitere zehn Dollar und meinen Bausparvertrag kosten dürfte. Dann endlich öffnet sich mein Posteingang, und ich sehe, dass Jana tatsächlich geschrieben hat. Und zwar schon gestern.
Hallo, mein Schatz,
es tut mir so leid, dass ich Hals über Kopf aufbrechen musste, aber der Flug ging bereits eine Stunde später. Ich hatte versucht, Dich zu erreichen, aber Dein Handy war ausgeschaltet. Ich hoffe, bei Dir ist alles okay. Was macht Romeo? Hat er unsere Wohnung schon verunstaltet?
Ich schreibe Dir mal die Telefonnummer meines Hotelzimmers hier in Schanghai auf: 0086-21-4432949. Dann kannst Du ja vielleicht mal anrufen. Wähle aber die Billigvorwahl aus Deutschland, sonst wird’s super teuer.
Liebe Dich,
Deine Jana
PS: Mensch, Robert, ich hätte es beinahe vergessen. Könntest Du mir bitte einen großen Gefallen tun? Meine Mutter hat doch Ende des Monats Geburtstag, und mein Bruder und ich wollten ihr für ihre Sammlung von Römergläsern was kaufen. Ich hatte drei Gläser bei Glas Friedrichsen zurücklegen lassen, da die gerade um die Hälfte reduziert sind. Sie sind bis heute Nachmittag reserviert. Hier ist es zwar schon Abend, aber bei Euch ist es ja gerade erst Mittagszeit. Könntest Du die bitte in der Stadt abholen? Danke, Du bist ein Schatz.
In Wellen breitet sich die Panik von meinen Füßen über den restlichen Körper aus. Wie zur Hölle soll ich diese Gläser denn von Belize aus in der Frankfurter Innenstadt abholen? Zumal die Mail schon einen Tag alt ist. Wenn ich das jedoch nicht auf die Reihe bekomme, wird mir Jana definitiv auf die Schliche kommen. Sie wird Fragen stellen. Viele Fragen. Und auf einige werde ich keine schlüssigen Antworten finden. Das wird mein Ende sein. Ich muss es irgendwie schaffen, diese verdammten Gläser abzuholen. Aber wie? – Natürlich! Ich schlage mir mit der flachen Hand vor die Stirn. Ich schicke jemanden hin, der sie für mich holen kann. Wir liegen noch immer im Hafen, und ich habe somit Netz. Schnell suche ich in meiner Kabine nach meinem Handy und drücke die Wahltaste. Doch mein Mobiltelefon ist für das Ausland nicht freigeschaltet. Also muss ich irgendwo auf dem Festland telefonieren. Ich schaue auf die Uhr. Noch liegt das Schiff im Hafen. Also los. Keine fünfzig Meter vom Pier entfernt finde ich tatsächlich eine Telefonkabine und wähle die Nummer meiner Rettung. Und ich habe erneut Glück. Nach kurzem Klingelton meldet er sich.
»Hubert Scholz.«
Hatschi!
»Hallo?«
»Hubsi, entschuldige bitte. Hier ist Robert. Hör mir jetzt genau zu. Es ist unglaublich
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