Nashira - Talithas Geheimnis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
tausend Jahre altem Talareth-Holz gemacht.«
»Und was soll ich damit machen?«
»Zieh mal daran und atme den Rauch tief in die Lunge ein. Das habe ich mir von ein paar alten Freunden abgeschaut, die vor langer, langer Zeit gestorben sind. Die Pflanze, die sie geraucht haben, ist ausgestorben, ich nehme einfach getrocknetes Thurgan-Kraut.«
»Aber das ist giftig … ich hab selbst erlebt, wie es wirkt«, erwiderte Saiph.
Verba fuchtelte mit der Pfeife herum. »Komm schon, sei nicht unhöflich zu deinem Gastgeber.«
Saiph nahm sie und zog daran. Sofort breitete sich ein warmes Gefühl in Mund und Lunge aus, dann musste er husten und ihm wurde schwindelig. Schnell reichte er Verba die Pfeife zurück, der wieder wie selbstverständlich daran zog.
»Nun, Saiph, die Wahrheit, nach der du verlangst, kann ich dir erzählen, aber du musst sicher sein, dass du sie tatsächlich hören willst. Es war genau dieser Wissensdurst, der mich dorthin gebracht hat, wo ich jetzt bin. Hätte ich stillgehalten und mich mit dem zufriedengegeben, was uns, meinen Brüdern und mir, erzählt wurde, säße ich nicht hier, allein, verzweifelt, verlassen. Willst du, dass es auch mit dir so weit kommt?«
»Ein Leben in Lüge ist nur ein halbes Leben«, antwortete Saiph. »Wer nichts weiß, kann nichts begreifen, und wenn man nichts begreift, was hat das Leben dann für einen Sinn?«
Verba schüttelte den Kopf und kicherte. »Wie ähnlich du mir bist …«
Er nahm einen langen Zug an der Pfeife, stieß eine dichte Rauchwolke aus und schaute Saiph in die Augen. »Vor Tausenden von Jahren bin ich hierhergelangt«, sagte er.
»Von woher?«, fragte Saiph.
Verba stieß die Luft aus. »Lass es im Moment dabei bewenden, dass ich von weither kam. Und dass es mir so erging wie dir. Ich war überzeugt, dass es nichts gäbe außerhalb der kleinen Welt, in der ich geboren worden und aufgewachsen war. Als ich entdeckte, dass dem nicht so war, zerbrach alles, woran ich geglaubt hatte. Damals war nicht nur Talaria, sondern auch Nashira noch völlig anders. In der Großen Weißen Ebene etwa gab es Wasser, sehr viel Wasser.«
»Daher auch das Schiff, das dort in dieser Wüste liegt.«
»Genau. Die Wüste war eine riesige Wasserfläche, so immens und weit, dass ein Großteil davon niemals erkundet worden war. Ein Meer! Auch die Region, in der wir uns befinden, war überschwemmt: Überall nichts als Wasser, in dem die seltsamsten Fische schwammen, es gab Leben in so vielfältiger Form, wie du es dir gar nicht vorstellen kannst. Und Luft gab es in Hülle und Fülle, man konnte atmen, egal wo man war.«
»Da ist ja unglaublich …«, murmelte Saiph.
»Nein, du kannst mir ruhig glauben. Es war so, dank des Olakite-Kristalls.«
»Olakite?«
»Bei euch heißt er Luftkristall. Unter der heutigen Wüste liegt eine Schicht, die nur aus diesem Gestein besteht. Kommt es mit Wasser in Kontakt, entsteht Atemluft. Nicht viel, aber stell dir vor, wie viel Wasser es damals gab. Früher konnten sich die Leute überall aufhalten, wo sie wollten, und mussten nicht immer im Schatten eines Talareths bleiben.«
Eine solche Welt konnte sich Saiph nicht vorstellen, eine Welt, in der das Wort Freiheit eine ganz andere Bedeutung hatte.
»Und alle Lebewesen waren völlig anders, als wir sie heute kennen. Tiere, Pflanzen … alles.«
»Haben Angehörige deines Volkes dieses Schiff gebaut?«
Verbas Blick schien sich in Erinnerungen zu verlieren. »Nein. Dieses Volkes gibt es schon lange nicht mehr.«
»Ja, aber waren es Femtiten oder Talariten?«, fragte Saiph, der das alles noch nicht richtig begriff.
»Keins von beiden. Damals lebten andere Rassen. Jene, die das Schiff konstruierten, besaßen eine dunkle Hautfarbe, dunkler noch als die Talariten. Sie waren außergewöhnlich groß und dünn. Und sie waren kahl, völlig kahl.«
»Und wie hieß diese Rasse?«, fragte Saiph entgeistert.
Verba stieß einen eigenartigen Laut aus, und er verstand, dass es sich um ein Wort aus einer anderen Sprache handelte.
»Der Name würde dir nichts sagen. Sie hatten ein ganz anderes Alphabet. Aber du kannst sie Assyten nennen, diese Übersetzung trifft es ungefähr. Assys war das Land, in dem sie, ganz vom Wasser eingeschlossen, lebten, und sie waren die friedlichsten Wesen, denen ich jemals begegnet bin.«
Verba berichtete, dass ihm sein eigenes Volk die Aufgabe übertragen hatte, diese Rasse zu erforschen, und dass er sich dann, nachdem er sie besser kennengelernt hatte, dazu
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