Nashira - Talithas Geheimnis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Tod.
Da sprang ihr ein Kombattant in den Weg. Stumm und ohne Waffe parierte er ihre Schwerthiebe mit den nackten Händen und Füßen, so als wären sie aus Stahl. Einen Moment lang ließ sich Talitha durch alle diese unvorhersehbaren, blitzschnellen Bewegungen verwirren. Sie kam aus dem Rhythmus, und ihr Gegner traf sie mit einem harten Tritt am Kinn und warf sie zu Boden. Sie schlug mit dem Hinterkopf auf, und ein paar Sekunden war alles dunkel. Sofort sprang der Kombattant hinter sie und legte ihr eine dünne Schlinge um den Hals. Doch Talitha war schneller. Sie riss eine Hand hoch und konnte sie im letzten Augenblick zwischen Hals und Schnur schieben. Mit aller Kraft zog sie, die Schnur schnitt ihr in die Hand, der Kombattant hielt dagegen, immer fester schloss sich die Schlinge um ihren Hals, und sie röchelte.
Verzweifelt wand sich Talitha, mit letzter Kraft stieß sie den Oberkörper nach vorn und brachte den Gegner aus dem Gleichgewicht. Er stürzte, landete auf dem Rücken, war aber mit einem Sprung sofort wieder auf den Beinen.
Talitha ließ sich nicht beeindrucken, stürmte vor und holte aus: Die Klinge durchschnitt die Luft, traf den Hals des Feind es und trennte ihm Rumpf und Kopf, der davonflog und übe r die Bretter des Fußbodens rollte. Talitha hielt inne, keuchte und beugte sich, das Schwert fest in der Hand, über ihr Opfer.
Als sie wieder aufsah, hatte sich das Kampfgetümmel um sie herum gelegt. Die noch lebenden Priester wurden mit einem Schwertstreich gerichtet oder gefangen genommen.
Da entdeckte sie einen kleinen Kombattanten, der zum Rand der Plattform lief. Sein Gang hatte etwas Eigenartiges, Ungelenkes, doch Talitha stellte sich keine Fragen. Mit einem Satz war sie bei ihm, holte aus und streifte ihn mit einem Hieb am Rücken. Schreiend stürzte der Kombattant zu Boden. Verwundert starrte Talitha auf den Gegner, denn die Stimme war eindeutig weiblich.
»Gn ade, Gnade!«, rief er mit erhobenen Händen, verstumm te dann einen Moment und murmelte schließlich. »Talitha?«
Die riss dem Kombattanten die Maske herunter, die seine Züge verbarg, und zum Vorschein kam ein bleiches, von Angst verzerrtes und von dunkelrotem Haar eingerahmtes Gesicht. »Kora …«, murmelte Talitha fassungslos.
33
M it dem leichten Geruch von Essen in der Nase wachte Saiph auf. Es dauerte eine Weile, bis er ganz zu sich kam. Als er die Augen öffnete, blickte er zu einem Steingewölbe hinauf. Er lag in einer Höhle. Langsam setzte er sich auf und bemerkte, dass man ihn auf einem Strohlager vor einer Wand dieser Grotte gebettet hatte. Auf der gegenüberliegenden Seite erblickte er ein Regal, einen hölzernen Tisch mit einem Stuhl davor und seitlich davon eine in den Fels geschlagene Feuerstelle, über der ein Kessel hing. Das Ganze ähnelte zwei anderen Höhlen, in denen er zuvor schon gewesen war. Es gab keinen Zweifel: Er war in Verbas Versteck.
Irgendein Gott muss mich ins Herz geschlossen haben , sagte er sich und lächelte schwach.
Wie heraufbeschworen, betrat Verba den Raum. Er war mit einem Gewand aus dünnem Stoff bekleidet sowie einer Hose, die ihm bis zu den Knien reichte. Leicht spöttisch schaute er Saiph an.
»Du hast drei Tage geschlafen«, sagte er aber nur und rührte die Suppe um, die in dem Kessel über dem Feuer vor sich hin köchelte.
»Danke, dass du mich gerettet hast«, erwiderte Saiph.
»Keine Ursache. Die Versuchung, dich dort liegenzulassen, war zwar groß, doch ich wollte auch keine Leiche ausgerechnet an der einzigen Wasserstelle im Umkreis von vielen Meilen.«
Saiph bemerkte, dass er das Tuch mit dem Aritella-Gelee nicht mehr um den Hals hatte, aber dennoch leicht und tief atmen konnte.
»Ich hab da ein System entwickelt«, erklärte Verba, so als habe er Saiphs Gedanken erraten und deutete auf ein Gefäß, das Saiph noch nicht entdeckt hatte. Es war ein Blumentopf, aus dem große Talareth-Triebe sprossen. Seitlich hing ein Faden mit einem stattlichen Luftkristall.
Verba griff zu einer Schüssel und reichte sie Saiph. »Hier, iss!«
Er zögerte. »Als Talitha das letzte Mal von deiner Suppe gegessen hat, ist sie wie vom Schlag getroffen eingeschlafen.«
»Mach dir deswegen keine Gedanken. Ich hab keine Lust, dich schon wieder schlafen zu sehen.«
Saiph kostete von der Suppe, zunächst noch argwöhnisch, doch bald löffelte er sie gierig. Sie schmeckte herrlich und war Balsam für seine trockene Kehle.
Die letzten Stunden seiner Reise waren wie in Nebel gehüllt. Er
Weitere Kostenlose Bücher