Nashira - Talithas Geheimnis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Lebensmitteln und Luftkristallsplittern hatten sie auch einige Tierfelle für ihr Nachtlager eingepackt. »Ich glaube, ich hab eine Idee«, murmelte er.
Talitha schnitt die Felle auf die richtige Größe zu. Dabei bemühte sie sich, so wenig wie möglich zu verbrauchen, denn sie würden im Freien übernachten und mussten sich zudecken können, um nicht zu erfrieren. Sie nahm an ihrer beider Füße Maß, überschlug die Länge der Riemen und setzte den Dolch zu einem exakten Schnitt an. Die so gewonnenen Fellstücke schnürten sie sich so um die Füße, dass die Tierhaare den Boden berührten und die ledrige Innenseite an den Stiefeln anlag. Sie erhoben sich und probierten aus, ob ihr neues Schuhwerk ihre Erwartungen erfüllte. Es klappte, die Felle fanden Halt, viel besser als ihre abgewetzten Stiefelsohlen, und so machten sie sich wieder auf den Weg, nun viel sicherer.
Talitha war voller Bewunderung. »Ich frage mich, woher du immer diese Ideen nimmst!«
Saiph lächelte geschmeichelt. »Ach, wenn man als Sklave überleben will, muss man sich immer etwas einfallen lassen. Das ist das Erste, was wir lernen.«
Langsam, aber stetig wanderten sie dahin und konnten am Ende des Tages ganz zufrieden sein. Erst als alles um sie herum schon violett gefärbt und es zu dunkel zum Weitergehen war, machten sie Halt und schlugen ihr Lager auf. Nachdem der Himmel um die Mittagsstunden herum fast heiter gewirkt hatte, war er nun wieder mit tief hängenden Wolken bezogen.
Sie ließen sich nieder und aßen von den wenigen Vorräten, die sie in der Höhle gefunden hatten. Ein prüfender Blick in den Quersack machte ihnen noch einmal klar, dass sie, auch wenn sie die Nahrung einteilten, nicht länger als ein paar Tage damit auskommen würden.
»Was sollen wir dann nur essen?«, fragte Talitha.
»Hier oben wird es wohl Tiere geben, die wir jagen können.«
»Und was ist mit dir? Du isst doch kein Fleisch, wie alle Femtiten. Oder ist jetzt, wo du Schmerz empfindest, auch noch ein Fleischfresser aus dir geworden?«
»Keine Angst, hier gibt es Thurgankraut im Überfluss.« Tatsächlich war das Eis an vielen Stellen mit einem grünen Schimmer überzogen: Es war das Kraut, das die Arbeiter in den Eisbrüchen und -minen aßen, um der Erschöpfung entgegenzuwirken, die einzige Pflanze, die neben den Talareths im Eis wuchs. »Man muss es nur kochen, dann verliert es seine berauschende Wirkung und ist gut verträglich.«
Talitha schaute ihn zweifelnd an, dann ließ sie den Blick umherschweifen. Sie hatten fast den schützenden Schatten des Talareths verlassen, und an ihrer Lagerstelle berührten seine Zweige fast den Boden. Weiter entfernt konnte sie, trotz der Dunkelheit, längs des Weges Richtung Norden, der zum Verbotenen Wald führte, zwei kleinere dunklere Bäume erkennen. Dazwischen lag offenes Terrain und Eis, nichts als Eis, so weit das Auge reichte. Sie erkannte das Gestrüpp, wo Thurgankraut wuchs, doch insgesamt war der Anblick trostlos. Talitha hatte noch nie die Wüste gesehen, konnte sich aber nicht vorstellen, dass es dort öder aussah.
Als es ganz dunkel war, schlüpften sie unter ihre Felle und versuchten zu schlafen.
Die Luft war kalt, doch sie wickelten sich so fest es ging in ihren Decken ein und schafften so eine angenehme Wärme, in der sie sich der grenzenlosen Weite um sie herum weniger ausgeliefert fühlten. Talitha steckte die Nase tief unter die Felle, schloss die Augen und versuchte mit aller Macht, nicht an das Verlangen zu denken, das in ihr brodelte und das sie kaum im Zaum halten konnte. Es war das Verlangen, ihre Mission aufzugeben, die Gefahr zu vergessen, in der die ganze Welt schwebte, und stattdessen gegen die in den Kampf zu ziehen, die bis vor Kurzem noch ihr Volk gewesen waren. Die Talariten. Irgendwann besänftigte der Schlaf, zumindest für ein paar Stunden, ihre aufwühlenden Gedanken.
Am nächsten Tag waren die Wanderbedingungen nicht günstiger. Die Luft wurde immer dünner, und Talitha und Saiph zogen die ersten Luftkristalle mit den Talareth-Zweigen hervor, die sie am Vortag abgeschnitten hatten. Sie rechneten aus, dass diese Art der Luftversorgung, wenn sie etwas schneller vorwärtskamen, schon am übernächsten Tag überlebenswichtig für sie sein würde.
Talitha brach noch einige weitere Zweige vom Talareth ab und belegte sie mit einem Zauber, der dafür sorgen sollte, dass sie nicht vorschnell welkten.
Den Luftkristallanhänger, den sie in Alepha erworben hatte und über den
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