Nashira - Talithas Geheimnis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
lassen können .«
»Wir brauchen ein Wunder, nicht nur eine gute Idee.«
»Die Femtiten vertrauen mir. Ich bin nicht gefesselt und kann mich unterwegs frei bewegen und auskundschaften, wie wir am besten abhauen können.«
Talitha hielt den Kopf gesenkt.
»Wir werden schon einen Weg finden, ich verspreche es dir«, versuchte Saiph, ihr Mut zu machen. »Bis jetzt ist uns noch immer etwas eingefallen. Wir müssen nur auf die passende Gelegenheit warten.«
Talitha entspannte sich ein wenig. »Was bleibt uns auch anderes übrig. Wir haben wirklich keine andere Wahl …«
Saiph betrachtete ihr blasses erschöpftes Gesicht unten in der Grube. Und er fragte sich, warum sie ihm immer so entfernt, so unerreichbar vorkam. Sei es früher im Palast gewesen, wo er der Sklave und sie die Herrin gewesen war, oder hier bei den Rebellen, wo er bevorzugt und sie eine Gefangene war, immer stand etwas zwischen ihnen, das ihn sogar daran hinderte, auch nur ihren Finger zu berühren. Und diese Distanz schmerzte ihn wie eine Wunde.
»Ich muss gehen. Die nächsten Tage will ich ihnen vormachen, meine Einstellung zu dir hätte sich zumindest teilweise verändert. Andernfalls schaffen wir es nicht, uns aus dem Staub zu machen.« Dann warf er ihr ein kleines Bündel hinunter. »Hier, nimm, es ist Fleisch, ein kleines Tier, das ich erlegt und heimlich gebraten habe. Ich weiß nicht, wie es dir schmeckt, aber bestimmt besser als der Fraß, den sie dir bis jetzt gegeben haben.«
Talitha beobachtete, wie Saiph verschwand, und jenseits des Gitters erkannte sie nur die Umrisse der Talareths, die sich vor dem immer dunkler werdenden Himmel abzeichneten. Sie nahm das Bündel und öffnete es. Der Geruch, der ihr in die Nase zog, war unwiderstehlich. Langsam begann sie zu essen, ließ sich jeden Bissen dieser Mahlzeit auf der Zunge zergehen, die die letzte für lange Zeit sein würde.
Im Morgengrauen des dritten Tages nach Saiphs Besuch kam man sie holen. Sie waren zu dritt, die Gesichter vermummt. Sie fesselten ihr Hände und Füße und zogen sie aus dem Loch heraus. Talitha erblickte Saiph inmitten der anderen Rebellen. Seine Miene wirkte sorgenvoll.
Drei Drachen erwarteten sie, ähnlich wie der, auf dem sie hergeflogen waren, wobei jeder einen Umhang in einer anderen Farbe trug. Sie waren schlank und von bescheidener Körpergröße, ihre Haut allerdings war verschieden gefärbt. Der eine war vollkommen schwarz, der zweite wies grellviolette Flecken auf, und der dritte war teils rot und teils gelb. Bei allen dreien waren die mit dünnen, durchscheinenden Membranen ausgestatteten Flügel wie der Rumpf getönt, schienen nur ein wenig heller zu sein. Jeder Drache trug am Bauch einen dieser Körbe, in dem sie hergekommen waren.
Talitha zählte, einschließlich Saiph, acht marschbereite Rebellen. Auch er war bewaffnet: Aber das lange Schwert, das an seiner Seite hing, passte nicht zu seiner Gestalt. Wieder einmal dachte Talitha, dass er nicht zum Krieger geboren war und dass er mit jedweder Waffe am Leib ein groteskes Bild abgab. Gewiss, er hatte getötet, um ihretwillen, doch Gewalt war und blieb etwas, das mit seinem Charakter unvereinbar war.
Gerner überwachte den Aufbruch und trat auf Saiph zu. »Bist du sicher, dass du mitreisen willst?«, fragte er ihn. »Du bist für uns das Wahrzeichen dieses Krieges. Ich will dich ungern verlieren. Und für die Talariten wärest du genau daher ein willkommener Fang, fast so kostbar wie deine frühere Herrin.«
Saiph schwieg einen Moment und schien nachzudenken. Nur wer ihn so gut wie Talitha kannte, wusste, dass er eine Unsicherheit vortäuschte, die er nicht besaß.
»Trotz allem war es ein prägender Lebensabschnitt für mich. Ich muss irgendwie damit abschließen«, sagte er schließlich.
Gerner nickte, wenig überzeugt. »Meine Männer haben Befehl, dich mit ihrem Leben zu verteidigen. Aber denk dran, dass du nie dein Gesicht entblößt. Unser Unterhändler hat die Talariten bereits auf eine falsche Fährte gelockt. Er hat ihnen erzählt, dass du nicht mehr mit der jungen Gräfin unterwegs warst, als wir sie geschnappt haben. Deswegen wird auch niemand erwarten, dich bei der Abordnung zu sehen.«
»In Ordnung«, antwortete Saiph, setzte dann den Turban auf und vermummte sich mit dem Schal. Nun war er von den anderen Rebellen kaum noch zu unterscheiden.
Gerner bedachte Talitha mit einem strengen Blick. »Achtet darauf, dass sie immer richtig gefesselt ist«, sagte er, »und lasst sie keinen
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