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Nashira - Talithas Geheimnis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Nashira - Talithas Geheimnis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Nashira - Talithas Geheimnis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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drängten auf den Grafen zu, wollten ihn berühren und umarmen. Megassa genoss diesen Triumph. Die Leute lagen ihm zu Füßen, und bald würde ganz Talaria ihn als Retter feiern. Und niemand würde mehr mächtiger sein als er. Niemand.

26
    D ie Sonnen waren gerade erst aufgegangen, als Eshar sich zu einer Runde durch das Dorf aufmachte, um allen Bewohnern mitzuteilen, dass sie packen sollten. Noch am selben Abend werde man aufbrechen und Sesshas Enar verlassen.
    »Heißt das, wir kehren nie mehr hierher zurück?«, fragte Talitha verwirrt. Ihre Augen brannten, und ihr Kopf war schwer. Die ganze Nacht hatte sie kaum ein Auge zugetan, Albträume hatten sie gequält, in denen Saiph in der Wüste entsetzliche Dinge widerfuhren.
    »Wahrscheinlich nicht. Wir richten uns in den Minen bei Bemotha ein. Es ist Zeit, nach Talaria zurückzukehren und das gesamte Reich des Winters zu erobern«, erklärte Eshar.
    Traurig trug Talitha ihre Sachen zusammen und verstaute sie im Quersack. In den nicht einmal zwei Monaten, die sie hier gelebt hatte, war ihr dieser Ort ans Herz gewachsen. In dieser kurzen Zeit war sie glücklicher gewesen als in den siebzehn Jahren im Palast ihres Vaters in Messe.
    »Geht es dir heute besser?«, fragte Melkise, der hinter sie getreten war.
    Talitha fuhr herum.
    »Ja, alles in Ordnung. Ich war nur wütend.«
    »Wenn du irgendetwas brauchst, ich bin da«, sagte Melkise.
    Talitha lächelte. »Danke, aber die Zeiten, in denen ich mich habe bedienen lassen, sind vorbei. Ich komme jetzt allein zurecht.«
    »Du weißt, dass ich das anders gemeint habe.«
    »Ja, natürlich«, sagte sie schnell und ergriff seine Hand. Unwillkürlich wollte Melkise sie schon zurückziehen, aber damit hätte er sie verletzt, und unterließ es. »Auf alle Fälle brauchst du dir um mich keine Sorgen zu machen«, fügte Talitha hinzu.
    Dann griff sie zum Quersack und trug ihn zu der Stelle, wo die Rebellen ihre Habseligkeiten sammelten.
    Melkise bemerkte Grifs vorwurfsvollen Blick und lächelte ihn traurig an, während er ihm mit der Hand durch das Haar fuhr. »Da habe ich ja was angerichtet, oder?«
    Grif nickte, und sein Gesicht sagte Melkise mehr als tausend Worte.

    Als am Abend alles zum Aufbruch bereit war, sah Sesshas Enar nur noch wie eine leere Hülle aus. Von dem Dorf waren nur noch die primitiven Hütten, das sogenannte Rathaus und die Küchenbaracken geblieben. Alles darum herum war abgebaut worden.
    Viele der Rebellen waren schon übergesetzt, und auf der Insel befanden sich nur noch Melkise, Grif und Talitha sowie eine Handvoll Femtiten – darunter auch Eshar –, die sich verloren umschauten. Für sie war Sesshas Enar ein echtes Zuhause gewesen, der einzige Ort in ihrem Leben, den sie mit Recht so hatten nennen können. Dort waren sie frei gewesen, hatten sich nicht für andere schinden müssen und zum ersten Mal ein Leben ohne den Strafstock und die Grausamkeiten ihrer Herrschaften geführt. Sie hatten gelernt, sich selbst zu regieren, hatten gelernt, Individuen zu sein.
    Während sie zum letzten Mal über das ätzende Seewasser übersetzte, warf Talitha noch einmal einen Blick auf die kleine Insel zurück. Auch dieser Abschied hatte etwas Endgültiges und lenkte ihre Gedanken wieder auf Saiphs Weggang zwei Abende zuvor. Auch er hatte noch einmal dieses tückische Gewässer überquert und war vielleicht dem Tod entgegengegangen. Sie schüttelte den Kopf, bevor der Schmerz sie überwältigen konnte.
    Das ist Vergangenheit , sagte sie sich, zehn Jahre habe ich mit ihm gelebt, und es wird dauern, bis ich mich von ihm entwöhnt habe , doch die tiefe Traurigkeit in ihr sprach nicht dafür, dass es sich bloß um das Aufgeben einer Gewohnheit handelte. Sie rückte näher an Melkise heran, schmiegte sich unter seinen Arm, ergriff seine Hand und legte sie sich auf die Schulter: »Mir ist kalt«, murmelte sie, und ihrer Stimme war anzuhören, dass sie ein Weinen unterdrückte.
    Melkise nahm seinen Mantel ab und legte ihn ihr um.
    Talitha spürte sein Herz, das ruhig an ihrem Ohr schlug: Der schönste Klang der Welt.

    Einige Tage später trafen sie, nach einer anstrengenden Reise, an ihrem Ziel ein. Die Drachen waren am Ende ihrer Kräfte und sanken auf dem Eisboden in sich zusammen und ließen ermattet die Flügel hängen.
    In der Mine waren bereits andere Rebellenverbände eingetroffen, und weitere wurden in Kürze erwartet. Sklaven aus allen vier Reichen kamen hier zusammen, und schon an ihrem Aussehen, vor allem an ihrer

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