Nashira - Talithas Geheimnis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
kämpften, angetrieben von einem Hass, den Megassa zwar nicht hinnehmen, aber sehr wohl verstehen konnte. Im Grunde war es der gleiche Urtrieb, von dem auch er sich leiten ließ: Das Verlangen nach Freiheit, das diese Sklaven beseelte, war genauso unbezähmbar wie seine Gier nach Macht. Deshalb führte er seine Männer auch zu den Orten, wo die Rebellen die schlimmsten Gräueltaten verübt hatten, und unterließ es nie, sie mit flammenden Worten auf den Sinn dieses Krieges einzuschwören. Eines Krieges, den die Götter segneten, damit die natürliche Ordnung wiederhergestellt und eine Welt verteidigt werde, in der die Talariten die Herren und die Femtiten die Sklaven waren. Vor allem aber gab er sich wie einer von ihnen. Mit seinen Soldaten teilte er die kargen Rationen, kämpfte immer an ihrer Seite in der ersten Schlachtreihe und schonte sich nicht. Seine Männer verehrten ihn als die Personifizierung ei nes idealen Heerführers, der eiserne Disziplin verordnet, sic h aber auch selbst den der Truppe vorgegebenen Regeln unterwarf. Kein ruhmsüchtiger General, der sich in der Sicherheit der Etappe für die von seinen Männern errungenen Siege f eiern ließ, sondern ein echter Soldat, der sein Leben aufs Spie l setzte.
So war auch Megassa an diesem Morgen auf seinem Drachen, inmitten seiner Soldaten, an vorderster Front.
Er teilte sein Heer in zwei Gruppen: Die eine griff die Rebellen direkt an und sorgte so für Chaos in der Stadt, während die andere von Haus zu Haus vordrang und die Bewohner herausholte und in Sicherheit brachte. Zuverlässig und mit atemberaubender Geschwindigkeit ging die Evakuierung vonstatten. Mit Freudentränen in den Augen, glücklich, diesem Albtraum, in den sie geraten waren, wieder zu entkommen, begrüßten die Belagerten ihre Befreier.
A ls auch der letzte Talarit aus der Stadt geholt und in Sich erheit gebracht war, hob Megassa sein Schwert. Er stieß einen Kampfschrei aus, und wie aus dem Mund antworteten seine Männer. Die Schlacht begann.
A uf ihren Drachen flogen sie heran, überfluteten vom Him mel aus die Stadt mit einem Flammenmeer und zwangen alle, ihre Deckung aufzugeben und hervorzukommen. Und während die Rebellen aus den brennenden Häusern rannten, durchkämmten die Soldaten Straße für Straße und metzelten alle nieder. Ganz gleich, ob es Männer, Frauen oder Kinder, ob sie bewaffnet oder unbewaffnet waren, ob sie Widerstand leisteten oder sich ergaben. Es waren Femtiten, und als Femtiten verdienten sie den Tod.
In einem fort flog Megassa über dem Schlachtfeld hin und her, bis das Dunkel der Nacht fast vollkommen vom Schein der Brände erhellt war. Dann landete er, band seinen Drachen ein wenig entfernt vom Kampfgeschehen an und stürzte sich ins Getümmel.
So hatte er auch damals begonnen, vor vielen Jahren, als Sohn eines Offiziers, ohne einen Tropfen blauen Bluts in den Adern. Nur seiner Entschlossenheit und der Kraft seines Körpers hatte er es zu verdanken, dass er in der Garde Rang um Rang aufstieg, und dann immer höher, immer höher bis zum Grafentitel, den er buchstäblich mit dem Dolch in Händen erobert hatte, bei einer Verschwörung am Hofe, die im Tod des vorherigen Grafen gipfelte. Kämpfen lag ihm im Blut. Er war noch ein Knabe, als sein Vater mit ihm ohne Rücksicht auf sein Alter in der Arena der Garde den Schwertkampf übte, ihn vor den anderen Schülern demütigte, ihn sogar verletzte, als sei er ein beliebiger Kadett, oder schlimmer noch ein Sklave, über dessen Leben er nach Gutdünken verfügen konnte. Doch Megassa liebte den Kampf, und dabei war es geblieben bis zum heutigen Tag.
In der Luft lag der Gestank von Blut und verbranntem Fleisch, die Schreie, die durch die Gassen der Stadt hallten, waren wie Gesang für ihn. Das Schwert in der Hand drang er vor und machte jeden nieder, der seinen Weg kreuzte. Er achtete kaum darauf, um wen es sich handelte, unterschied nur zwischen den gelben Augen der Femtiten und den grünen seines eigenen Volkes.
Da traf ihn eine Klinge und verletzte ihn an der Seite: Geführt hatte sie ein alter zahnloser Femtit, und sie gehörte zu einer Sense, mit der er sonst Gras mähte. Mit einem Aufschrei fuhr Megassa herum, und der Schmerz steigerte seinen Zorn: Mit einem Streich hieb er dem Alten den Kopf ab und stach wie wild weiter auf den toten Leib ein.
Das Gemetzel endete erst, als die beiden Sonnen aufgingen. Das matte Licht von Miraval und Cetus fiel auf eine Schar Femtiten, die auf dem Hauptplatz versammelt
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