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Nashira

Nashira

Titel: Nashira Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Troisi
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Angst.
    Sie fand Bleri genau dort, wo man sie hingeschickt hatte. Der Mann, ein alter, hagerer Talarit, sah heruntergekommen aus, sein Schädel war kahl und durch merkwürdige Beulen verunstaltet, und ihm fehlte ein Arm. Auf einer schmutzigen Decke, auf der er verschiedene kleinere Kettchen ausgebreitet waren, hockte er am Boden.
    Langsam trat Talitha auf ihn zu und tat so, als ob sie sich für seine Ware interessierte. Sie hatte keine Ahnung, wie sie das Thema anschneiden sollte, sie wollte bloß einen Luftkristall und schnell wieder verschwinden. Und so sagte sie, ohne lange Vorrede, in einem Atemzug. »Haben Sie rosane Steine?« Sie wartete einige Augenblicke, dann fiel ihr ein, dass sie noch etwas vergessen hatte. »Ich suche einen Anhänger. Einen Anhänger mit rosafarbenem Stein.«
    Bleri verzog keine Miene. Sein Gesicht blieb ein undurchschaubares Faltengeflecht, in das die Augen unter der Last der Lider tief eingesunken waren. Mühsam erhob er sich und gab vor, zum Gebet an dem kleinen Altar niederzuknien. Talitha jedoch beobachtete, wie er schlitzschnell eine Hand unter die Statue der Gottheit steckte. Die Geschmeidigkeit und
Präzision dieser Bewegung wirkten wie ein seltsamer Gegensatz zu seinem hinfälligen Greisenaussehen. Wortlos und ein wenig taumelnd ließ er sich wieder auf seiner Decke nieder. Talitha erkannte etwas in seiner Hand.
    Sie beugte sich zu ihm hinab. »Nun?«
    Der Alte hob den Blick. Diese Bewegung der Lider, die gerade einmal seine Pupillen zeigten, schien ihn eine übermenschliche Anstrengung zu kosten.
    »Hast du Geld?«
    Taltiha tastete unbeholfen unter ihrer Jacke herum. »Wie viel?«
    »Zwanzig.« Ihre Finger zählten bereits den verlangten Betrag ab, als der Alte hinzufügt. »Silberne.«
    Talihta erstarrte. »Das ist Wucher.«
    Bleri grinste und bleckte dabei seine gelblichen Zahnreste. »Ach ja? Du musst doch eine Priesterin sein. Warum lässt du dir deinen Stein nicht im Kloster geben? Also, zwanzig Silber-Nephem oder aus unserem Handel wird nichts.«
    Talithas Herz schlug sofort schneller, als der Alte das Wort »Priesterin« aussprach. Aber sie beruhigte sich, indem sie sich sagte, dass dieser Typ unmöglich wissen konnte, wer sie war.
    Verärgert zählte sie das Geld, fast alles, was ihr nach den Einkäufen noch geblieben war, und warf ihm die Münzen auf die Decke.
    Der Alte drückte ihr eine kleine Kette in die Hand, und das Mädchen spürte den kalten Luftkristall daran. Dann grinste Bleri sie erneut an und meinte: »Komm ruhig wieder, wenn du was brauchst. Ich habe noch mehr schöne Halsketten.«
    Angewidert zog Talitha die Hand zurück, warf ihm noch einen verächtlichen Blick zu und schlug den Weg ein, der zur Stadt hinausführte. Es war Zeit zurückzukehren, und mittlerweile
hatte sie genug von diesem Ort. Allerdings musste sie vorher noch etwas erledigen.
    Ein Femtitenjunge, der sich ganz in der Nähe versteckt hatte, beobachtete, wie sie sich entfernte und bald im Gewirr der Gassen verschwand.

    Ihre letzte Station war der Gardepalast. Dort suchte sich Talitha eine Nische im Halbdunkel und wartete. Währenddessen biss sie in das belegte Brot, das sie auf dem Markt gekauft hatte. Es war ohne Hefe gebacken und mit Fleischstücken gefüllt, die stark gewürzt und dazu noch mit verschiedenen Soßen übergossen war. Es schmeckte sehr intensiv, unbekannt, aber nicht schlecht. Vor allem aber füllte es ihren Magen, und der dankte es ihr.
    Von außen hatte sie das Gebäude bereits erkundet, aber das hatte sie nicht weitergebracht. Angesichts der Ähnlichkeit zum Gardepalast in Messe war ihr ohnehin klar, wo sich die Kerkerzellen befinden mussten. Jetzt wollte sie wissen, wer Zugang zu dem Ort hatte. Sie prägte sich alle, die kamen und gingen, genau ein und stellte nach einiger Zeit enttäuscht fest, dass es praktisch keine Zivilisten waren. Dennoch musste es Lieferanten geben, die Nahrungsvorräte brachten, aber um genau herauszubekommen, wann und wie geliefert wurde, hätte sie länger als einen Nachmittag auf der Lauer liegen müssen, und dazu fehlte ihr die Zeit. Irgendwann nahm das Kommen und Gehen immer mehr ab, und Talitha kam zu dem Schluss, dass es nur eine Möglichkeit für sie geben würde, in das Gebäude hineinzugelangen: Sie musste sich als Kadettin ausgeben. Die richtigen Kleider dazu trug sie bereits, aber wahrscheinlich würde sie auch irgendein Dokument
vorweisen müssen. Möglicherweise konnte sie sich so etwas bei irgendeinem Fälscher

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