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Nashira

Nashira

Titel: Nashira Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Troisi
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war fast noch ein Kind. Die Haut zart, die fest um das Heft eines Stiletts geschlossenen Hände zierlich, und auch Hals und Handgelenke waren auffallend dünn. Nur die Wangen waren im Gegensatz dazu so voll und rund, wie es für einen Jungen in diesem Alter normal war. Seine Augen verrieten keinerlei Erregung. Es waren die schmalen goldgelben Augen eines Femtiten. Und mit einem Mal war Talitha klar: Sie hatte ihn schon einmal gesehen, in Alepha, als sie den Luftkristall gekauft hatte.
    Endlich lockerte der Mann hinter ihr den Griff, ließ sie los und stieß sie zu Boden. »Gut gemacht, Grif, auf dich ist wie immer Verlass.«
    Ohne Saiph aus den Augen zu lassen, lächelte der Junge ein wenig.
    Talitha stützte sich mit den Handflächen auf dem Boden ab und wandte den Kopf, um dem Angreifer endlich ins Gesicht zu schauen. Es war ein großer, sehniger Talarit mit struppigen dunkelroten Haaren. Auch seine Haut war dunkel, seine Augen blassgrün. Bis an die Zähne bewaffnet, hatte er eine Reihe von Wurfmessern unter dem Brustgurt stecken, einen Würgstrick seitlich an der Hose befestigt und daneben die Scheiden für zwei Dolche und ein Schwert. Aus seinen Stiefeln ragten die Griffe zweier weiterer Dolche hervor, während er zusätzlich noch einen Köcher und einen kleinen Bogen quer über der Schulter trug. Ein Wappen der Garde eines der vier Reiche war nirgendwo zu erkennen, und auch seine schwarze Ledermontur gab keinerlei Aufschluss über seine Herkunft. So einen Mann hatte Talitha noch nie gesehen, und doch wusste sie sofort, dass nun alles aus war. Sie waren in die Fänge eines Kopfgeldjägers geraten.

    Dieser holte aus seiner Tasche zwei seltsame Geräte hervor, mit denen er und der Junge ihre Beute fesselten. Sie bestanden aus je fünf Eisenringen, die durch schwere Ketten miteinander verbunden waren: Ein Ring wurde um den Hals gelegt, die anderen vier um die Hand- und Fußgelenke. Sie zwangen die Opfer in eine unbequeme, kauernden Haltung, und so gefesselt, fanden sich Talitha und Saiph in einer Ecke des Raumes wieder. Zur Sicherheit knotete Grif mit seinen feingliedrigen Fingern ihre Ketten noch mit einem dicken Seil aneinander. Obwohl er wohl nicht älter als zwölf war, wirkten seine Bewegungen geschickt und routiniert, und seine Miene blieb während des gesamten Vorgangs gleichmütig und gelassen. Als er fertig war, stand er auf, trat zu dem Mann und verneigte sich kurz vor ihm.
    »Gut gemacht, Grif.« Zufrieden fuhr ihm der Mann mit einer Hand über das Haar. Dann langte er in seine Tasche und belohnte ihn mit zwei Keksen. Dankbar verschlang Grif den ersten. »Mehr gibt’s heute aber nicht«, fügte der Mann hinzu, wobei er dem Jungen mit seinem dicken Zeigefinger vor der Nase herumfuchtelte. »Du hast deine Sache gut gemacht, aber wir wollen es doch nicht übertreiben.«
    Neben der Feuerstelle ließ sich der Junge nieder und aß gierig auch den zweiten Keks auf.
    Währenddessen machte sich der Kopfgeldjäger daran, Talitha und Saiphs Sachen zu durchwühlen. Jedes Mal, wenn er etwas Interessantes entdeckte, stieß er einen Pfiff aus.
    »Oh, damit können wir bestimmt noch ein paar Münzen mehr herausschlagen, was meinst du, Grif?«, sagte er und
hielt Talithas Luftkristall hoch, sodass er im flackernden Schein des Feuers glitzerte. »Grif sagt, dass du auch noch Geld dabeihaben musst. Stimmt das?«, wandte er sich an das Mädchen.
    Sie schwieg, doch innerlich kochte sie vor Wut. Wie hatte sie sich nur so leicht aufs Kreuz legen lassen können?
    Der Mann hockte sich vor sie. »Sagst du mir freiwillig, wo du es versteckt hast, oder soll ich nachhelfen, so wie vorhin?«
    Talitha spuckte ihm ins Gesicht. Einen Moment lang war der Kopfgeldjäger so verblüfft, dass er sich nicht rührte. Dann wischte er sich mit dem Ärmel über das Gesicht und kicherte.
    »Ich muss schon sagen, sie ist wirklich eine echte Schlange, unsere kleine Gräfin ... Aber wie du willst ...« Und damit packte er sie.
    »Lass mich los«, schrie sie und wand sich, um ihn abzuschütteln, doch mit den Ringen und Ketten konnte sie sich kaum bewegen, und je mehr sie zappelte, desto schmerzhafter war es für sie. Während der Mann sie in aller Ruhe abtastete, versuchte Saiph verzweifelt, ihm in die Quere zu kommen. Aber die Ketten ließen es nicht zu.
    Schließlich fand der Mann den Geldbeutel.
    »Na bitte. Aber das hättest du mir auch gleich sagen können. Dann wäre uns beiden diese lästige Prozedur erspart geblieben«, sagte er, wobei er

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