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Nashira

Nashira

Titel: Nashira Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Troisi
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breiten Korb auf dem Kopf trug.
    Irgendwann schien es vor ihnen einen Stau zu geben. Talitha wollte gerade die Zügel anziehen, um die Fahrt zu verlangsamen, da krallte sich der Drache, der schneller reagierte als sie, im seitlichen Geäst fest und stürmte ein Stück des Weges an die Tunnelwand geklammert vorwärts. Sie schrie, so laut sie konnte, und hielt sich krampfhaft fest, um nicht abgeworfen zu werden.
    Erst nach einer ganzen Weile fand sie den Mut, sich umzusehen. Längst waren keine Verfolger mehr in Sicht, doch es wäre verrückt gewesen zu hoffen, dass damit alle abgeschüttelt waren. Denn sicher würde jemand die Garde verständigen und auf ihre Spur bringen.
    »Wir holen noch ein wenig Vorsprung heraus und steigen dann am besten ab«, rief Saiph ihr zu.
    »Aber den Drachen brauchen wir noch. Wir müssen so weit wie möglich kommen«, rief Talitha zurück.
    »Nein, wir müssen den Drachen zurücklassen. Wir fallen zu sehr auf. Sonst können wir uns auch gleich eine Zielscheibe auf den Rücken malen!«
    Nach einer weiteren halben Meile bogen sie in einen Seitenweg ein, auf dem viel weniger Verkehr herrschte.
    »Brrr«, machte Saiph, während das Mädchen die Zügel anzog, so fest sie konnte.
    Das Tier brüllte und reckte den Kopf. Die Zügel schnitten in Talithas Handflächen und wären ihr fast entglitten, aber
das Mädchen spannte noch einmal alle Muskeln an, und schaffte es, sie festzuhalten. Der Drache wurde langsamer und kam zum Stehen. Stille breitete sich aus, während sich der Brustkorb des Tieres im Rhythmus der mächtigen Atemzüge hob und senkte.
    Sie ließen sich zu Boden gleiten und blieben einen Moment liegen. »Wir lassen den Drachen laufen und verstecken uns irgendwo«, sagte Saiph, als er sich aufrichtete. Doch sofort wurde ihm schwindlig, und er fühlte sich wie erschlagen.
    Ich hab zu viel Blut verloren , dachte er, vertrieb aber unverzüglich diese Erkenntnis und zwang sich, sich nur auf den Augenblick zu konzentrieren.
    Er trat auf den Drachen zu und fuhr ihm sanft mit der Hand über den Unterleib. Trotz seines Alters war er immer noch ein schönes Tier. Wie bei allen Drachen aus dem Reich des Herbstes handelte es sich um eine Amphibie: Die mit langen Krallen ausgestatteten Tatzen wiesen Schwimmhäute auf, und die verkümmerten Flügel am Rücken bestanden aus durchscheinenden, elastischen Membranen. Der Kamm über dem langen, spitz zulaufenden Kopf war abgerundet, aber dennoch mit spitzen Dornen besetzt. Seine Haut war von einem Grau, das längs des Rückgrats in ein blasses Blau überging und am Unterleib zu einem milchigen Weiß hin wechselte.
    »Wir müssen so schnell wie möglich weg«, sagte Talitha. »Und mit dem Drachen sind wir im Nu im Reich des Winters.«
    »Auf dem Tier sind wir viel zu leicht zu erkennen. Nein, wir müssen uns von ihm trennen«, antwortete Saiph und riss kurz entschlossen mit einem Ruck Verbas Schwert aus der Scheide auf Talithas Rücken und versetzte dem Tier mit dem
Heft einen kräftigen Hieb. Der Drache brüllte auf und raste augenblicklich auf dem Baumpfad davon.
    Saiph sah dem Drachen nach. »Die werden ihn verfolgen, nicht uns«, sagte er und drehte sich zu Talitha. Erst jetzt sah er, dass auch sie sich nur mühsam auf den Beinen halten konnte. »Wir suchen uns erst einmal einen Platz zum Ausruhen und versuchen, wieder zu Kräften zu kommen«, fügte er hinzu und bemühte sich um ein Lächeln.

    Eine weitere Stunde mussten sie wandern, bevor sie einen Unterschlupf fanden. Er war klein und schlecht erhalten, aber um sich zu erholen, würde er reichen.
    Talitha legte das Schwert ab und ergriff Saiphs Hände.
    »Nein, lass nur, es ist alles in Ordnung«, wehrte er ab.
    Aber sie hielt sie fest. »Das sieht mir nicht so aus.«
    Sie betrachtete seine blutdurchtränkten Binden und begann, sie langsam abzuwickeln. Darunter sah es schlimmer aus, als sie befürchtet hatte. Die Wunden waren noch offen, und an den tiefsten Stellen konnte sie die Knochen erkennen. Talithas Magen rebellierte, doch sie kämpfte dagegen an und versuchte, sich an einen möglichst starken Heilzauber zu erinnern.
    Plötzlich rissen Schritte sie aus ihren Gedanken.
    »Hast du das gehört?«, fragte eine schrille Männerstimme.
    »Nein, hier ist niemand«, antwortete eine andere.
    »Aber dort ist ein Unterstand. Vielleicht haben sie sich da versteckt.«
    Talitha hatte das Gefühl, die Welt gehe unter. Saiph zwang sich, kühlen Kopf zu bewahren, legte ihr einen Finger auf die Lippen und

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