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Nashira

Nashira

Titel: Nashira Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Troisi
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dir aber sehr wohl, du würdest es nicht aushalten.«
    Er schloss die Augen und unterdrückte einen wütenden Schrei, während seine Knochen knackten und sich seine Gelenke unter der äußersten Anspannung bogen. Das Blut selbst gab letztlich den Ausschlag: Es schmierte die Haut, und mit einem Ruck, der Saiph zurück gegen die Wand warf, rutschte die Hand aus dem Eisen. Ungläubig starrte er auf seine Hände, sie waren frei, und obwohl sie entsetzlich zugerichtet aussahen, konnte er sie sogar noch bewegen. Talitha stieß einen erstickten Schrei aus.
    »Schsch«, machte Saiph. »Es ist schon gut, ich spüre gar nichts.«
    »Du bist wahnsinnig ...«, murmelte sie.
    »Wahnsinnig, aber fast frei.« Saiph warf sich auf den Boden und machte sich so lang es ging, doch es fehlte eine gute
Handbreit, um das Schwert zu greifen. Noch weiter streckte er sich aus, stieß sich mit den Zehenspitzen ab, vergeblich. Er nahm die lange Eisenkette, die Hand- und Fußfesseln verband und durch den Ring in der Stallwand geführt wurde, und zog sie so weit an, dass die Handfesseln, von denen er sich gerade befreit hatte, gegen den Ring stießen. Dann sammelte er alle Kräfte und zog wieder mit einem kräftigen Ruck, merkte aber schnell, dass er nach den Anstrengungen kaum noch Kraft in den Händen hatte.
    »Hilf mir, allein schaffe ich es nicht«, forderte er Talitha auf.
    Die ließ sich das nicht zweimal sagen, und gemeinsam ruckten und zerrten sie so lange an der Kette, bis der Eisenring tatsächlich aus der Mauer sprang. Fassungslos starrten sie auf die Ketten in ihren Händen und brachen in ein befreiendes Gelächter aus.
    »Ich glaube nicht, dass es so leicht gegangen wäre, wenn sie uns dort angekettet hätten«, sagte Saiph, als sie sich ein wenig beruhigt hatte. Er deutete auf zwei Pflöcke im Fußboden. »Wahrscheinlich sind die Ringe in der Wand nur zusätzliche Sicherungen, während die Haken im Boden den Drachenkräften standhalten müssen.«
    Er kroch zu dem Bündel und öffnete es. In dem wenigen Licht, das durch das Fenster einfiel, funkelte Verbas Schwert. Talithas Augen strahlten. Noch herrlicher kam ihr die Waffe vor, noch schärfer, tödlicher, als damals im Kloster, als sie das Schwert aus dem Schrein genommen hatte. Saiph reichte es ihr, und fast ehrfürchtig nahm sie es entgegen. Einen Moment lang betrachtete sie es, hob es an, gab dem Heft Gelegenheit, sich wieder an den Griff ihrer Hand zu gewöhnen.
    Saiph streckte die Füße zu ihr aus. »Los!«

    Ein einziger Schlag genügte Talitha, genau so wie in jener Nacht, als sie Saiph befreit und alles begonnen hatte. Die Klinge teilte die Kette, als wäre sie Butter. Dann reichte sie Saiph die Waffe, hielt ihm die Handgelenke hin. Er brauchte einige Schläge, weil sie ungenauer waren, bevor er ihre Hände befreit hatte.
    »Bei den Füßen mache ich es lieber selbst«, sagte sie, wobei sie das Schwert an sich nahm. Wieder nur ein Schlag, und auch ihre Füße waren frei. Einen Moment lang standen sie, schwer atmend, voreinander und schauten sich ungläubig an. Es gab wieder Hoffnung, die Chance zur Rettung war da. Da fiel Talithas Blick auf Saiphs Handgelenke, und ihr wurde schwindlig. »Wenn diese Wunden sich entzünden, ist alles aus«, stöhnte sie, während sie begann, sich ein paar Stofffetzen vom Ärmel ihrer Jacke zu reißen und sie fest um die offenen Stellen zu wickeln. Im Nu war das Gewebe blutdurchtränkt.
    »Lass nur, dafür haben wir keine Zeit.« Saiph zog die Hände zurück. »Besser die Hände verlieren und am Leben bleiben, als mit zehn Fingern sterben.«
    Das Mädchen warf ihm einen verärgerten Blick zu, ließ dann aber von ihm ab und trat zu dem Fenster an der hinteren Wand. Kopfschüttelnd betrachtete sie es. Es lag zu hoch über ihren Köpfen.
    »Es bleibt uns nichts anderes übrig, als Grif hereinzulocken und ihn außer Gefecht zu setzen«, sagte Saiph. »Er ist allein, und wir sind zu zweit ...«
    In diesem Moment ließ ein dumpfer Schlag beide erstarren. Etwas war mit voller Wucht gegen die Tür geprallt. Jemand zog mit dem unverkennbaren Schaben ein Schwert aus der Scheide. »Mach Platz, wenn dir dein Leben lieb ist!«, brüllte eine raue Stimme jenseits der Tür.

    Saiph rannte zu der Stelle, wo die zerschlagenen Ketten lagen, hob sie auf und lief zur Tür.
    »Sobald jemand hereinkommt, packe ich ihn mit den Ketten und du attackierst ihn mit dem Schwert.«
    Talitha nahm das Heft fest in beide Hände, atmete ein paar mal tief durch und stellte

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