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Nashira

Nashira

Titel: Nashira Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Troisi
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Boden. Dann nahm sie einen tiefen Atemzug, schloss die Augen und ließ die Handflächen auf die Klinge sinken. Nur ein einziges Wort sprach sie, und schon begann der Kristall auf ihrer Brust zu erstrahlen, während sich das Schwert auf dem
Boden verfärbte, zunächst dunkelrot, dann in einem immer kräftigeren Ton. Als dieser langsam in ein Orange überging, ergriff Talitha das Heft, bedeutete Grif, sich flach auf den Rücken zu legen, schaute ihm in die Augen und legte ihm dann, ohne auch nur einen Moment zu zögern, die glühende Klinge auf die Wunde. Bald verbreitete sich der Gestank von verbranntem Fleisch in der Luft. Als sie endlich fertig war, legte Grif den Kopf ganz zurück und starrte in die Höhe, während ihm Tränen über die Wangen liefen.
    Das Mädchen stand auf. »Lass uns gehen«, sagte sie, wobei sie Saiph an der Schulter berührte.
    Der ließ erst langsam die Hand des Jungen los und beugte sie noch einmal tief zu ihm hinab. »Du weißt doch, dass er dich ins Herz geschlossen hat. Er wird es erkennen und dir hoch anrechnen, dass du alles gegeben hast und ihm treu geblieben bist.« Dann stand er ebenfalls auf, zog sich die Kapuze über den Kopf, ergriff Talithas Hand und floh mit ihr.

32
    E ine kleine Schar Neugieriger drängte sich bereits vor dem Haus, und Talitha und Saiph mussten sich mit Stößen und Knüffen durch sie hindurchkämpfen. Schließlich erreichten sie wieder den Baumpfad, wo Saiph instinktiv nach links abbog: Von dort waren sie gekommen, und so vermutete er, dass Mantela in der entgegengesetzten Richtung lag. Eine große Stadt mussten sie im Moment unbedingt vermeiden.
    Sie liefen zügig, aber ohne zu rennen. So lange sie noch so nahe bei dem Gasthaus waren, durften sie niemandem auffallen.
    Mit einem Mal hörten sie undeutliches Rufen hinter sich. »Die Gefangenen ... da ... fliehen ...« Sie wechselten einen kurzen Blick und rannten los. In die kleine Menge hinter ihnen kam Bewegung und strömte längs des Baumpfades in ihre Richtung. Da entdeckte Talitha einen kleinen Drachen rechts von sich, der einen mit Schrott gefüllten Karren zog, auf dessen Bock ein junger zerlumpter Talarit saß.
    Sie sprang hoch, klammerte sich mit einer Hand an dem Wagen fest und schwang sich neben den Fuhrmann. Mit einem Arm packte sie ihn von hinten, während sie ihm gleichzeitig die Klinge an die Kehle setzte. »Steig ab«, herrschte sie ihn an.
    Zitternd riss der junge Mann die Arme hoch. »Ich ... ich hab nichts, ich hab nichts ...«, stammelte er.

    »Ich will dich nicht berauben. Steig einfach ab!«
    Der Junge stürzte sich vom Wagen und landete unsanft auf dem Boden, während Saiph schon den Drachen bestieg. Sofort buckelte das Tier nervös, doch Saiph beugte sich zu seinem Kopf vor und flüsterte ihm beruhigend ein paar Worte ins Ohr, so wie er es hunderte Male bei den Stallburschen im Palast gesehen hatte.
    »Da sind sie!«, brüllte eine Stimme, während Dutzende hektische Schritte gleich darauf alles andere übertönten.
    Mit einem sauberen Schwerthieb durchtrennte Talitha das Geschirr, mit dem der Drachen vor den Karren gespannt war, und nahm die Zügel fest in die Hand. Dann sprang sie ebenfalls auf, setzte sich rittlings auf den Rücken des Tieres und trieb es mit zwei kräftigen Stößen der Fersen an.
    Sofort stellte sich der Drachen auf die Hinterbeine, bog seinen schlanken Leib durch und galoppierte los. Es fehlte nicht viel, und das Mädchen wäre durch den Ruck abgeworfen worden, doch im letzten Moment presste sie die Knie zusammen und hielt sich oben.
    Talitha hatte noch nie einen Drachen geritten. Sie wusste, dass es bei der Garde eine berittene Spezialeinheit gab, und im Stillen hatte sie davon geträumt, ihr einmal beitreten zu können. Doch das herrliche Gefühl, auf einem dieser fabelhaften Tiere zu sitzen, war ihr bislang nicht vergönnt gewesen.
    Mit gekrümmten Leib jagte der Drache mit atemberaubender Geschwindigkeit dahin, wobei er die Tatzen abwechselnd nur ganz wenig vom Boden abhob.
    Saiph und Talitha hätten nie geglaubt, dass ein Drache so schnell rennen könnte. Der Tunnel aus Ästen um sie herum verschwamm zu einem Wirbel aus roten, gelben und braunen
Flecken, während der Boden unter ihnen entlangschoss. Der Drache war nicht aufzuhalten. Wo er vorüberkam, teilte sich die Menge wie eine Welle, und wer nicht rechtzeitig zur Seite sprang, wurde überrannt. Der Drache sprang über einen anderen Wagen und schleuderte dabei einen Femtiten zur Seite, der einen

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